Die Neun- bis 13-Jährigen können jeden Tag neue Berufe ausprobieren. Bürgermeister Philipp will vor allem Vertrauen und Ehrlichkeit fördern.

Bargteheide. 200 Stormarner Kinder, mehr als 100 ehrenamtliche Betreuer: Für sie alle endet an diesem Sonnabend der aufregende Start in die Sommerferien: eine Woche in der Kinderstadt Stormini in Bargteheide.

Julia Jastrembski (18) betreut das Parlament, in dem Vertreter der 20 Gruppenzelte sitzen. "Das Parlament trifft sich jeden Vormittag", sagt sie, "die Kinder besprechen Probleme und Anregungen der Einwohner." Die Bewohner können ihre Vorschläge in den "Pabrika" (Parlamentsbriefkasten) werfen.

Auch einen Bürgermeister gibt es in Stormini. Nach einem Rhetorikseminar versuchten die vier Kandidaten, ihre Wähler durch eine Rede zu überzeugen. Zudem stellte jeder Kandidat mit Hilfe seiner zwei "Unterstützer" vier selbst entworfene Wahlplakate in der Stadt auf. "Stormini, die sichere Stadt" war das Motto von Bürgermeister Philipp (10), der die meisten Stimmen bekam. "Vertrauen und Ehrlichkeit sind wichtig für das Miteinander", sagt Philipp. "Ich will versuchen, den Leuten zu vermitteln, dass Klauen falsch ist." Damit trifft er den Nerv vieler Bewohner der Zeltstadt. Denn es gab bereits zwei Banküberfälle, bei denen viele Stormis (das ist die Währung in Stormini) geraubt wurden . . . Außerdem sei das Internetcafé vor Dieben nicht mehr sicher.

Das Geld müssen sich die Bürger selbst verdienen. Dazu arbeiten sie täglich vier Stunden in meist zwei unterschiedlichen Berufen. Joshua (12) und Erik (12) waren unter anderem als Tischler tätig. Die beiden Jungen bauten Vogelhäuser. "Das ist sehr gut", sagt Joshua, und Erik stimmt zu. Noch besser hat Erik aber sein Einsatz als Discjockey gefallen. Joshua machte die Arbeit des Fernsehreporters am meisten Spaß.

In einem anderen Zelt baut Marvin (11) gerade einen Segelwagen. "Das ist wie ein Segelboot. Nur mit Rädern", erklärt er. Dana (9) weiß schon, dass sie ihren Wagen auf dem Markt auch kaufen will. "Wir haben zehn bis 20 Minuten Vorkaufsrecht", sagt sie.

Bei den Mädchen ist dieses Jahr das Herstellen von Schmuckarmbändern besonders beliebt. "Wir können Armbänder für uns machen, aber die müssen wir auch kaufen. Die nicht so schönen verkaufen wir auf dem Markt an andere", sagt Judith (11). Hanna (11) möchte alle ihre Armbänder behalten. Die Perlen spendet der Lions Club.

Pauline (9) und Katharina (9) macht das Armbandmachen zwar auch Spaß, aber sie finden, dass das Schmieden am besten ist. An einem Feuer hinter einem großen Baum schmieden andere Kinder Kleiderhaken. Malte (12) weiß schon, dass er seinen Haken im Zimmer aufhängt. Willi (12) möchte seinen auch auf jeden Fall aufhängen, aber nicht in seinem Zimmer. "Das geht nicht. Da spiel ich immer Fußball und schieß' alles kaputt", sagt er. Phillip (13) findet, dass der Beruf des Schmieds "super viel Spaß" macht: "Es ist ganz toll. Man kann die Sachen mit nach Hause nehmen, die man macht." Finn (11) begradigt mit einem Hammer den Haken. Das findet er besonders gut. Die Kinder fühlen sich in ihrer Stadt ganz offensichtlich sehr wohl. Daran ändert auch das Regenwetter nichts.

Die Mädchen und Jungen schlafen auf Feldbetten, die das Deutsche Rote Kreuz zur Verfügung stellt. Ohne die ehrenamtlichen Mitarbeiter des DRK wäre Stormini gar nicht möglich. So stehen neun Männer und Frauen aus der zweiten Betreuungsgruppe des DRK Reinfeld von fünf Uhr morgens bis abends in der Feldküche. Um spätestens 16.30 Uhr muss das Abendessen vorbereitet werden.

Die meisten DRK-Helfer waren schon im Vorjahr in Ahrensburg dabei. "Wir sind Wiederholungstäter", sagt Angelika und lacht. Einige haben sich extra eine Woche Urlaub genommen, "weil es so einen Spaß macht". Jeden Tag kochen die DRKler 340 Essen, wobei es immer auch eine vegetarische Variante gibt. Täglich wird frisch eingekauft. Es gibt jeden Tag Obst und Gemüse.

Bei unerwarteten Zwischenfällen muss ein Mitarbeiter schnell mit dem Sprinter einkaufen fahren. "Der Geschmack der Kinder ist unberechenbar", sagt Angelika. Normalerweise würden sechs Kilogramm Nutella zum Frühstück gegessen. An einem Tag waren es plötzlich zehn Kilogramm. Dann muss der Einkaufsdienst schnell einspringen. Damit die Kinder immer etwas zum Trinken haben, liefern die DRK-Mitarbeiter auch ständig Getränke in die Kinderstadt. Nach jeder Mahlzeit muss das Geschirr abgewaschen werden. Die großen Töpfe und Thermen werden direkt in der Feldküche gereinigt. Das viele Geschirr wird im Schulzentrum gewaschen.

Die Stimmung in den Küchenzelten ist richtig gut. Trotz der anstrengenden Arbeit wird viel gelacht. "Natürlich ist das manchmal stressig", gibt Dagmar zu, "aber es macht auch Spaß." In der wenigen Freizeit spielen die DRK-Mitglieder gern Karten oder gehen auch mal ein Eis essen in Bargteheide. Alle neun übernachten in einem Klassenraum auf Feldbetten. "Wir üben für 'Wetten, dass . . ', uns am Schnarchen zu erkennen", sagt Angelika. Und alle lachen.