Hausbesitzer zahlen mindestens 400 Euro. Neue Leitlinie schreibt nun auch Dokumentation vor.

Bargteheide/Glinde. Sind meine Abwasserrohre dicht? Diese Frage kann kaum ein Hauseigentümer beantworten - muss es aber. Allerdings hat er für diese "Dichtigkeitsprüfung", zu der er vom Staat gezwungen wird, wohl ein bisschen mehr Zeit als bislang befürchtet. Für rund 10 000 Stormarner Haushalte, die im Wasserschutzgebiet liegen, könnte es eine Fristverlängerung bis weit ins nächste Jahr hinein geben. Ursprünglich sollten sie bis Jahresende ihr Abwasserrohr, das ihr Haus mit dem Kanalnetz unter der Straße verbindet, nachweislich geprüft und - falls notwendig - ausgebessert haben. Für Häuser außerhalb von Wasserschutzgebieten gilt eine Frist bis Ende 2015.

Zwei große Schutzgebiete gibt es im Kreis Stormarn. Das eine umfasst rund 6500 Haushalte in Glinde, Reinbek und Barsbüttel, das andere mehr als 3000 Haushalte in Bargteheide und umliegenden Gemeinden. Für das Gebiet im Süden des Kreises ist der Zweckverband Südstormarn zuständig, für das in Bargteheide die Abwasserentsorgung Bargteheide GmbH. Und beide wollen eine Fristverlängerung. "Wir haben bei der Wasserbehörde beantragt, den Zeitraum bis zum 30.10. 2010 auszudehnen", sagt Manfred Klatt, der Vorsteher des Zweckverbands. Jürgen Engfer, Geschäftsführer der Abwasserentsorgung Bargteheide, sagt: "Wir werden das wohl ebenfalls beantragen."

Ob die Wasserbehörde, die beim Kreis angesiedelt ist, das auch genehmigt, ist allerdings durchaus fraglich. Eine rechtliche Grundlage dafür ist nämlich offenbar nicht vorhanden.

Damit setzt sich das Durcheinander um die "DIN 1986 Teil 30" fort. Diese Norm, die die Dichtigkeitsprüfungen vorschreibt, gilt bereits seit längerem. Das Land dringt nun auf die Umsetzung. Das Umweltministerium hat dazu im Juni Handlungsempfehlungen herausgegeben. Auf 41 Seiten wird detailliert beschrieben, wie diese Dichtigkeitsprüfungen abzulaufen hat und was sie in etwa kosten werden. Das geht los mit einem Bestandsplan, der angefertigt werden muss. Wo verlaufen die Rohre, wo befinden sich die Knickpunkte? Wie groß sind die Inspektionsöffnungen, wo liegen sie? Wie hoch liegt die Oberkante des Schachtdeckels (Angabe in Meter über Normalnull)? Und nicht vergessen: "Zur eindeutigen Orientierung ist ein Nordpfeil auf den Bestandsplan zu setzen."

Bei all diesen Mühen ist es kein Wunder, dass das Ministerium nur für die Inspektion und die Dichtigkeitsprüfung eines zehn Meter langen Rohrs mit Kosten von rund 400 Euro rechnet - inklusive Bestandsplan. Dieser Preis kann auf 1800 Euro hochschnellen, wenn es eine Hauptleitung von 15 Metern und eine Nebenleitung von 25 Metern Länge gibt - und wenn der Kontrollschacht fehlt. Noch teurer wird es, wenn das Rohr repariert werden muss.

Heinrich Dierking, Reinbeker Stadtverordneter (Forum 21) und Mitglied der Verbandsversammlung des Zweckverbands Südstormarn, sieht in der DIN-Norm vor allem den Versuch, "Umsatz zu machen". "Da tummeln sich doch jetzt schon Firmen, die mit teilweise unseriösen Methoden an Aufträge herankommen wollen."

Zu den DIN-Norm hat er eine ganz klare Meinung: "Das ist ein Irrsinn. Da wird mit einer riesigen Kanone auf Spatzen geschossen." Die Abwässer, die aus Wohnhäusern kämen, bestünden zu 90 Prozent aus Wasser. "Wenn wirklich mal ein Rohr kaputt, ist der Schaden also nicht groß. Und jetzt kommt da so ein riesiges Verfahren mit Protokollierung und Dokumentation. Das muss man sich mal vorstellen, was das allein an Platz braucht, diese Unterlagen über 6500 Hausanschlüsse."

Dierking empfiehlt ebenso wie Engfer und Klatt allen Hauseigentümern, zunächst einmal nichts zu tun, sondern Informationen der Entsorger abzuwarten. Dierking: "Die Gefahr besteht, dass man sich jetzt von irgendeiner Firma ein Prüfverfahren andrehen lässt, dass nicht der DIN-Norm entspricht. Dann muss man alles noch mal machen."