Ein 23-Jähriger produzierte illegal Medikamente in seiner Wohnung. Tausende Ampullen wurden beschlagnahmt, dem Täter droht nun eine Haftstrafe.

Barsbüttel. Die Fahnder warteten einen günstigen Moment ab, dann schlugen sie zu: Der VW-Bus mit dem 23 Jahre alten Mann und seiner Mutter, 43, gegen die sie schon lange ermittelten, wurde gegen 11 Uhr in Hamburg-Horn an der Kreuzung Speckenreye/Querkamp gestoppt. Die beiden Insassen waren überrascht und wurden ohne Gegenwehr festgenommen. Kurz danach durchsuchten die Ermittler die Wohnung des Mannes in Barsbüttel und die seiner Mutter in Horn.

Und sie wurden fündig: in beiden Wohnungen und dem VW-Bus entdeckten sie knapp 4000 Ampullen und Tabletten illegal hergestellter Anabolika verschiedenster Marken, zwölf Liter Fertigpräparate und Grundsubstanzen für den Muskelaufbau, 2000 Potenztabletten und eine Pistole mit Munition. Der Schwarzmarktwert der Präparate beträgt rund 80 000 Euro. Produziert wurden die illegalen Anabolika in Barsbüttel. Dort fanden die Fahnder in der Küche der Wohnung des 23-Jährigen ein komplett ausgestattetes Untergrundlabor zu deren Herstellung.

Den Einsätzen am Mittwoch vergangener Woche waren monatelange Ermittlungen des Zollfahndungsamtes Hamburg vorausgegangen. Wie die Behörde erst gestern mitteilte, hatten ihre Fahnder den jungen Mann schon länger im Verdacht, illegal Muskelaufbaupräparate herzustellen und zu verkaufen. Seine Mutter soll ihn dabei unterstützt haben. Als die Ermittler vergangene Woche zuschlugen, waren etwa 20 Beamte im Einsatz, darunter zur Festnahme der Verdächtigen auch Angehörige des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) aus Hamburg und eine Observationsgruppe der Bundespolizei.

Wie Dietmar Schulze von der Pressestelle des Zollfahndungsamtes berichtete, enthielt das in der Barsbütteler Wohnung in der Küche entdeckte Labor diverse Gegenstände und Materialien, um Anabolika zu produzieren. "Es wurden unter anderem Messbecher, Fläschchen, Dosen, Zangen und eine elektrische Pumpe sichergestellt", sagte er. Bisherige Ermittlungsergebnisse deuten demnach darauf hin, dass der 23-jährige Mann als mutmaßlicher Haupttäter die Grundstoffe zur Medikamentenherstellung aus Asien und Osteuropa per Post bezogen hat. Der Vertrieb und die Bezahlung der dann illegal hergestellten Produkte ist vermutlich über Packstationen der Post abgewickelt worden. Die festgenommene Mutter des Mannes wird verdächtigt, ihrem Sohn vor allem bei der Postabwicklung geholfen zu haben.

"Für den Handel mit Anabolika existiert ein riesiger Schwarzmarkt", erklärte Zollfahnder Schulze den Hintergrund der nun aufgedeckten kriminellen Geschäfte. Eigentlich sind Anabolika rezeptpflichtig und dürfen nur unter ärztlicher Kontrolle eingenommen werden. Um die ungebrochene Lust vieler nach starken Muskeln zu befriedigen, werden die Präparate daher weltweit illegal hergestellt und vertrieben, vor allem über das Internet.

Dabei winken den Händlern satte Gewinne. Da sich die Einnahme muskelaufbauender Substanzen an anderer Stelle negativ auswirkt, machen sie zudem noch ein Zusatzgeschäft durch den Verkauf von Potenzmitteln. Oftmals wird bei der Herstellung der illegalen Medikamente jedoch auch geschlampt, berichtete Dietmar Schulze. "Die Einnahme illegaler Anabolika ist immer gesundheitsschädlich", stellte er klar.

In der durchsuchten Wohnung der Mutter in Hamburg-Horn wurde neben den verkaufsfertig verpackten illegalen Medikamenten auch eine scharfe Pistole gefunden. Sie lag dort im Kinderzimmer des achtjährigen Bruders des festgenommenen Mannes in einer Tasche auf dem Bett. Die Waffe war mit acht Patronen voll geladen, daneben befand sich weitere Munition. Nach Auskunft von Zollfahnder Dietmar Schulze handelt es sich um eine tschechische Pistole vom Typ "VZOR 70" mit Kaliber 7,65 Millimeter. Ein Schulterhalfter für die Waffe fanden die Ermittler in dem VW-Bus, in dem die beiden Tatverdächtigen unterwegs waren.

Der 23-jährige mutmaßliche Haupttäter ist bereits wegen Rauschgifthandels vorbestraft. Gegen ihn hat die Staatsanwaltschaft Hamburg Haftbefehl beantragt. Er befindet sich derzeit in Untersuchungshaft. Seine Mutter ist bisher noch nicht durch Straftaten aufgefallen.