Rund 300 Oldesloer verfolgen die Vorstellung der Bewerber ums Bürgermeisteramt
Bad Oldesloe. "Was ist eigentlich Ihr Plan, wenn Sie scheitern?" Ein Bürger namens Stefan Paetz, er stellt sich als "Oldesloer Pflänzchen" vor, will das wirklich wissen. Die Stühle in der Festhalle offenbaren längst die ganze Härte, die ihnen trotz roter Polsterung zu eigen ist, und die Aufmerksamkeit der 300 Besucher im Saal hat ihren Höhepunkt schon überschritten. Da lässt Bürger Paetz die Menschen im Saal noch mal aufhorchen. Was ist also der berühmte Plan B der vier Oldesloer Bürgermeisterkandidaten? Verrät ihr Umgang mit einem vorzeitigen Ende des Rathaus-Chef-Kapitels womöglich etwas über dessen noch ungewissen Anfang?
Amtsinhaber Tassilo von Bary ergreift das Wort als Erster. "Ich gehe nicht davon aus, dass ich scheitere", sagt er. "Ich habe keinen Plan B. Wenn ich ausscheide, gehe ich in Pension." Mitbewerber Gerhard Horn, der Bürgermeister in Reinfeld ist, möchte das im Falle einer Wahlniederlage auch bleiben. "Ich habe eine gültige Urkunde", sagt er. "Sie kann durch eine andere Urkunde ersetzt werden, sie muss es aber nicht." Spontan, inhaltlich der Antwort Horns ähnlich und doch viel unverblümter, platzt es aus Hagen von Massenbach heraus. "Mein Bedarf an Bürgermeisterkandidaturen ist nach dieser Geschichte hier gedeckt", sagt der SPD-Bewerber, der leitender Angestellter in der Amtsverwaltung Bad Oldesloe-Land ist.
"Ich würde mich freuen, wenn ich mich engagieren könnte. Aber wenn nicht, dann bin ich nicht gescheitert." Das sagt Klaus Schädel, der Selbstständige aus Großhansdorf.
Mehr als zweieinhalb Stunden sind zu diesem Zeitpunkt vergangen. Zweieinhalb Stunden, in denen die 300 Besucher im Saal inhaltlich nicht viel Neues erfahren haben von den drei Männern, die an die Spitze der Stadtverwaltung wollen und von dem vierten, der seinen Platz dort zu verteidigen sucht. Einzige echte Nachricht: Gerhard Horn glaubt, dass interkommunale Kooperationen künftig einen hohen Stellenwert haben werden. "Die Oldesloer Verwaltung könnte Dienstleistungen ins Umland bringen", meint er.
Der Abend hat mit einer Kurzvorstellung der Kandidaten begonnen. Moderator Marc Ziertmann, Vize-Geschäftsführer des Städtebunds, hat die Reihenfolge ausgelost. Wer das Wort bekommt, steht allein auf dem Podium, die drei anderen sind nicht im Saal. Gerhard Horn, 56, der von CDU und FDP unterstützt wird, zieht das erste Los.
Horn wählt seine Worte sorgsam, er spricht frei. Der schmal geschnittene graue Anzug sitzt perfekt. "Es ist reizvoll, die Geschicke seiner Heimatstadt mitzugestalten, sofern man gewählt wird", sagt er. In Bad Oldesloe wohnt er immer noch mit seiner Familie. Dort tanke er Kraft, aber auch laufen bedeute ihm viel. Und malen. Ein Feingeist. Horn redet ausführlich über seine Verbandsfunktionen, die er bekleidet. Und die er für wichtige Netzwerkarbeit hält - "Gemeinsamkeit macht stark", sagt er. Er möchte Bad Oldesloe als "kinder- und familienfreundlichen Standort" weiterentwickeln, aber auch bezahlbares Wohnen unter anderem für Senioren in der Innenstadt ermöglichen.
Amtsinhaber von Bary, 57, ebenfalls parteilos, spricht danach. Er trägt eine Kombination mit beigefarbenem Jackett. Der Nütschauer, im Rathaus eher spröde, wirkt witzig und locker. Er nutzt den Amtsbonus. Die Schulden seien während seiner Amtszeit halbiert worden, sagt er und schickt noch einen kleinen Seitenhieb in Richtung Reinfeld hinterher: "In der Stadt weiter im Norden sieht das nicht ganz so gut aus." Oldesloe habe im selben Zeitraum 43 Millionen Euro investiert, sei ins Städteumbauprogramm West hineingekommen und habe mit dem Stadtentwicklungskonzept die Weichen für die Zukunft gestellt. "Ich bin Bürgermeister und möchte es auch bleiben", sagt von Bary, "Oldesloe ist die Stadt, die ich mit ganzem Herzen liebe."
Hagen von Massenbach, "40 Jahre, dynamisch, jung", SPD-Kandidat, hat sich für ein bräunliches Sakko und - als einziger - für einen offenen Hemdkragen entschieden. "Ich stelle fest, dass unsere Gesellschaft auseinander bricht", sagt er. "Es ist nicht weit weg, wo Armut ist. Das ist hier." Und das sei es, was ihn antreibt. "Ich möchte diese Risse kitten. Ich möchte eine Gesellschaft, die niemanden ausgrenzt." Das klinge nach Fantasie und Luftschlössern, aber mit ganz kleinen Schritten gehe da was. Er spricht von einem Kinderhilfsfonds, er wünscht sich eine Innenstadt, in der die Menschen einander wieder begegnen. Er habe das Glück, beide Seiten kennengelernt zu haben: als Verwaltung die Politik zu betreuen, als Politiker Politik zu machen.
Klaus Schädel, 51, parteilos, helles Sakko, Jeans, Krawatte, ist kraft Loses Letzter. Was ihn qualifiziere? Das stehe in der Stellenausschreibung, und er erfülle die Vorgaben. "Sicherlich sind viele von Ihnen geeignet", sagt er, "aber man muss auch ein bisschen Mut haben. Der Bürgermeister sollte aus der Mitte der Bürger kommen." Schädel spricht davon, dass er das Rathaus "autoritär und freundschaftlich" führen wolle. Jeder solle gern ins Rathaus kommen, jede Frage sei eine Antwort wert. "Ich kann ein sehr unbequemer Genosse sein, wenn ich Missstände aufdecke", sagt Schädel. Gerechtigkeit sei ihm wichtig. Er plädiert für Bürgerentscheide, will die Kreisstadt schuldenfrei machen - und Vorhandenes bewahren. "Traumprojekte können nicht realisiert werden."
Es ist unmöglich zu sagen, wer das Rennen gemacht hat. Am häufigsten Applaus bekommt der Amtsinhaber - insbesondere dann, wenn er seine Mitarbeiter lobt. Denn viele der Menschen im Saal sind seine Mitarbeiter.