Zimmerei aus Witzhave wagt sich für ein außergewöhnliches Projekt aufs Wasser. Alle Handwerker bekamen erst mal Schwimmwesten

Witzhave. Es hat etwas von Freiheit, Abenteuer und von der Verwirklichung eines Kindertraums: Wohnen auf einem Hausboot. Eine Zimmerei in Witzhave lässt diesen Traum Wirklichkeit werden und baut ein schwimmendes Domizil. Ein wenig erinnert das zweigeschossige Haus mit weiß lackierter Fassadenverbretterung und den ozeanblauen Klappläden an die Architektur in den US-amerikanischen Südstaaten. Zu beiden Querseiten öffnen sich die oben gelegenen Schlafzimmer zu Balkonen, direkt darunter liegt jeweils eine Terrasse mit Eichenbelag.

Andreas Johnsen führt seit 15 Jahren seine Zimmerei und Hausbaufirma in Witzhave. Als die Ausschreibung ins Haus flattert, zögert er nicht lange. Er arbeitet sich tief in das Spezialgebiet des Hausboot-Bauens ein: "Das Projekt interessierte mich sehr, ich habe mich sofort darum bemüht."

Das Engagement hat Erfolg: Er gewinnt die Ausschreibung und erhält den Auftrag. Architekt Dieter Hoffmann teilt die Begeisterung. Er sagt: "Ich hatte so etwas zuvor noch nie gemacht. Da hab ich sofort Ja gesagt. " Zwar sei das Hausboot-Projekt im Vergleich zu einem Haus vom Aufwand her das Dreifache. Aber entgehen lassen wollte sich der Hamburger Architekt die Chance dennoch nicht.

Dieter Hoffmann saß knapp ein Jahr an den Plänen. Ende 2009 begann der Bau, mittlerweile ist das Schmuckstück fast fertig. Das Dach muss noch gedeckt werden, und die Handwerker installieren Sanitäranlagen, Elektronik und alle Rohrleitungen. Der Weg zum Hausboot war hürdenreich. "Zuerst musste die Arbeitssicherheit gewährleistet sein", sagt Andreas Johnsen, "darum haben wir auch sofort für alle Leute Schwimmwesten gekauft." Über Bord gegangen ist allerdings bislang niemand.

Bis zur Fertigstellung liegt das Hausboot in Schleswig in einem alten Kasernengelände mit sicheren Kaianlagen. Barkassen werden das Haus später an seinen Anlegesteg in der Schlei schleppen. Johnsen: "Man kann das mit dem erdbebensicheren Bau vergleichen. Die Holzbauweise ist geeignet dafür. Denn das Holz ist flexibel, biegt lange und viel, bevor es bricht."

Als Fundament dient ein sechs mal 20 Meter großer Ponton, den die Rostocker Firma Clement aus Beton gefertigt hat. Andreas Johnsen: "Das ist wie ein umgestülpter Schuhkarton, der von innen mit Styropor aufgefüllt wird." Deshalb schwimmt der circa 50 Tonnen schwere Betonklotz mit einer Sohle von zehn Zentimetern Dicke. Und ist äußerst haltbar. Johnsen: "Weil kein UV-Licht oder Luft rankommt, kann nichts verwittern oder gammeln."

Das komplette Haus haben Johnsens Mitarbeiter in der Halle in Witzhave vorgefertigt. "Dann haben wir die einzelnen Teile mit dem Lastwagen hingefahren und an einem Tag zusammengesetzt." Auch für Zimmerermeister Jan-Fiete Matthies eine neue Erfahrung: "Das Haus befindet sich ständig in einer Paddelbewegung, da muss man sehr achtsam bauen." Ihm hat das Projekt Spaß gemacht. "Das Haus wird richtig schick", sagt er, "da fahren extra Schaulustige zum Liegeplatz." Andreas Johnsen teilt die Begeisterung: "Da ist ein Steg, der geht 30 Meter in die Schlei rein. Um dich herum ist nur Wasser, kein Strauch, kein Baum, alles ist ganz ruhig. Das ist einfach beeindruckend."

Günstig ist der Hausboot-Traum allerdings nicht. Zum Preis für den Ponton und das Haus kommen noch die Kosten für ein Grundstück am Wasser und die Liegegenehmigung.