Reinbeker Frauen erfahren erst Mitte Mai, was sie wahrscheinlich schon Anfang Februar brennend interessiert hätte: Der Bahnhof ist Schauplatz einer Entführung geworden.

Einer Entführung, die mit einer Vergewaltigung endete. Die Polizei hat den Bürgern diese Information bis jetzt vorenthalten. Offizielle Erklärung: "Ermittlungstaktische Gründe".

Doch ist das eine gute Erklärung? Ein Argument, das alle anderen schlägt? Welcher rechtschaffende Mensch wollte im Ernst die Ermittlungen der Kripo gefährden? Schließlich ist es im Interesse aller, dass Gewaltverbrecher schnell gefasst werden. Manchmal mag es da sinnvoll sein, dass die Polizei mit Informationen hinterm Berg hält, um Täter zu stellen.

Im Reinbeker Fall ist diese Taktik offenbar nicht aufgegangen.

Nun bittet die Polizei die Öffentlichkeit um "dringende Mithilfe". Nachdem eine weitere Frau Opfer des vermutlich selben Mannes geworden ist. Überhaupt nur deshalb erfahren die Reinbeker nun, dass ein Sexualverbrecher auf freiem Fuß ist. Das darf nicht wahr sein.

Die Polizei muss sich die Frage gefallen lassen, ob ihre Ermittlungen und die Warnung vor der Gefahr nicht vereinbar sein müssen. Ob Bürger nicht ein Recht darauf haben, gewarnt zu werden. Auch das wäre eine Taktik. Sie heißt Prävention.