Die Slalom-Kanutin Kira Kubbe vom MTV Luhdorf-Roydorf verteidigt in Günzburg ihren deutschen Meistertitel im Einer-Canadier.

Winsen. Ihr erster deutscher Meistertitel - das war wunderbar. Den Titel zu verteidigen aber, das kann zur Hölle werden. Diese Erfahrung musste Kira Kubbe, das große Kanutalent des MTV Luhdorf-Roydorf, gerade im bayrischen Günzburg durchleiden. Beim großen Finale der zehn besten Schülerinnen im Slalom mit dem Canadier musste sie sich als letzte Starterin in den wilden Tanz durch die Torstangen stürzen. Und alles ging schief. So war zumindest ihr Gefühl. Im Ziel war die 14-Jährige aus Winsen so enttäuscht, dass sie nur weg wollte. Weg vom Trainer, weg von den Konkurrentinnen, weg von der Mutter. Mit letzter Kraft trieb sie ihr Kanu aus dem Wildwasser der Günze fort und wollte dort, wo der Bach in die Donau mündet, allein sein.

Dann aber hörte die so bitter enttäuschte Kanutin hinter sich Rufe. Am Ufer rannte Ole Siegismund hinter ihr her. Der langjährige Freund und Weggefährte beim MTV Luhdorf-Roydorf, der seit Anfang des Jahres Trainer in Schwerte ist, rief Kira Kubbe zu: "Du hast doch gewonnen, du bist wieder deutsche Meisterin."

Trainer Lars Andernach hat extra eine Woche Urlaub genommen

Als die Schülerin aus Luhdorf festen Boden unter den Füßen hatte, war es Lars Andernach, ihr langjähriger Trainer, der sie als Erste in die Arme nahm. Der junge Chemiker, der in Mainz seinen Doktor macht, hatte sich extra eine Woche frei genommen, um Kira Kubbe mit der Slalomstrecke in Günzburg vertraut zu machen.

"Mama war die Letzte, die mich in den Arm nehmen konnte", erzählt die alte und neue deutsche Schülermeisterin im Einer-Canadier nach ihrer Heimkehr. "Sie hat aber Bilder von allem gemacht. Hoffentlich sind die etwas geworden. Wir hatten bisher nicht einmal Zeit, uns die an zu schauen", sagte die Kanutin.

+++ Wilder Tanz auf den Luhe-Wellen beim Kanu-Slalom +++

Warum die Titelverteidigung so nervenaufreibend und hektisch verlief, das wiederum ist eine ganz eigene Geschichte. Die hat auch damit zu tun, dass die Schülerin des Luhe-Gymnasiums in Winsen als Slalom-Spezialistin so stark geworden ist. Bei den nationalen Nachwuchsmeisterschaften startete Kira Kubbe nicht nur in ihrer Paradedisziplin, dem Einer-Canadier, sondern setzte sich im Qualifikationsrennen auch im Kajak durch.

Danach wurden in beiden Bootsklassen die Halbfinalrennen gefahren. Die ersten Fünf eines jeden Laufs bestritten danach das Finale. Im Einer-Canadier schockte die Titelverteidigerin von der Luhe ihre Konkurrentinnen. Kira Kubbe dominierte das Halbfinale mit einem Vorsprung von zwölf Sekunden. Das sind Welten im Slalomsport. Und bedeutete aber auch, dass sie im Finale als letzte Starterin den Kampf mit den Torstangen aufnehmen musste.

"Im Kajak aber wollte ich auf das Finale verzichten", sagt die Schülerin, "das hatte ich mit Lars so abgesprochen. Deshalb bin ich im Halbfinale ganz locker durchgefahren."

Und trotzdem als Fünfte angekommen. Nach dieser Leistung musste sie auch im Kajak-Finale starten - und wurde sogar Siebtbeste in Deutschland.

"Das Dumme war nur, nach dem Kajak-Rennen musste ich in aller Eile in meinen Canadier umsteigen. Es blieb überhaupt keine Zeit, sich auf dieses zweite, für mich aber entscheidende Finale vorzubereiten. Ich wusste auch nicht, welche Zeiten meine Konkurrentinnen vorgelegt hatten."

Mit zwei Sekunden Vorsprung den Sieg eingefahren

Sie selbst und die mitgereisten Fans des MTV Luhdorf-Roydorf am Ufer erlebten, wie ihr ein Fahrfehler unterlief. Dann berührte Kira auch noch eine Torstange. Das brachte ihr zwei Strafsekunden ein - und im Ziel das Gefühl, alles verloren zu haben.

Ihr Trainer, ihre Freunde und die Mutter aber brachen in Jubel aus, als im Ziel die Zeit aufleuchtete. Mit knapp zwei Sekunden Vorsprung hatte Kira Kubbe ihren nationalen Titel verteidigt.

Gegen halb vier Uhr in der Nacht war sie mit ihrer Mutter wieder zu Hause eingetroffen. Und betrat, wenn auch etwas verspätet, gegen halb zehn ihre Klasse. Die Glückwünsche gab es gleich doppelt. "Am Tag vor den Wettkämpfen war ja auch mein Geburtstag", sagt Kira Kubbe, "da bin ich 14 Jahre alt geworden." Den Geburtstag wird sie in den nächsten Tagen noch nachfeiern. In dieser Woche macht sie Pause, aber nur vom Kanusport. Denn auch wenn ihre Arme noch hart von den Wettkämpfen sind, in der Schule nahm sie trotzdem an den Bundesjugendspielen teil.

Während der Schulferien wird Kira Kubbe noch mehr Stunden beim Paddeln auf der Luhe verbringen. Denn am 11. und 12. August werden auf dem Eiskanal in Augsburg die deutschen Meisterschaften der Junioren entschieden. Bei diesem Kräftemessen der älteren Nachwuchselite ist Kira Kubbe wieder mit dabei.