Acht Wochen können Besucher durch die Landschaft in kräftigem Lila wandern. Regen hat den Pflanzen gut getan: Vierzig Prozent blühen schon.

Lüneburg. Pünktlich zum Auftakt der Saison strömen Familien, Wanderer und Reiter durch die immer farbiger werdende Landschaft der Lüneburger Heide. Der 8. August gilt als offizieller Startpunkt der Blütezeit. Viele Heideflächen färben sich jetzt zunehmend in einem kräftigen Lila.

Auch Familie Sworski aus Nürnberg hat es auch in den Norden gezogen. Weil Eduard Sworksi, der Vater, aber früher einmal beruflich viel in der Lüneburger Umgebung unterwegs war, wollte er die Heide immer schon mal sehen. "Ich finde es sehr schade, dass im Süden Deutschlands gar keine Werbung für die Heide gemacht wird." In keinem Medium höre oder lese man etwas über den Norden.

"Dabei ist es hier, jetzt wo alles anfängt zu blühen, einfach nur fantastisch", sagt Eduard Sworski. Das Geld, das die Touristen in die Heide investieren, werde Deutschland wohl nie verlassen. Die vier Familienmitglieder vergleichen diese Landschaft sogar mit der Provence in Frankreich. "Die Felder hier sind ähnlich schön wie die Lavendelfelder in Frankreich. Wir kommen auf jeden Fall wieder", schwärmt Eduard Sworski. Am Wochenende zeigte das Heideblüten-Barometer an, dass schon vierzig Prozent der Pflanzen in voller Blüte stehen. Täglich kann der aktuelle Blütenstand im Internet abgefragt werden.

Auch der Verein Naturschutzpark (VNP) läutet die Blütezeit in der Heide ein. "Das Heidebarometer wurde von der Tourismus GmbH initiiert", sagt Mathias Zimmermann, Geschäftsführer des VNP. "Auch wir schauen dort regelmäßig nach, wie der Blütestand ist. In diesem Jahr haben wir nämlich extrem lange Triebe beobachten können." Aufgrund der Witterung sei die Heide in diesem Jahr enorm gewachsen. Die starken Regenfälle der vergangenen Wochen missfielen zwar den Menschen in der Region, doch sie waren eine Wohltat für die Heide.

Bis zu 18 Zentimeter lange Blütentriebe konnten in diesem Jahr auf den Feldern entdeckt werden. Bisher gab es selten ein so starkes Wachstum der Pflanzen innerhalb einer Vegetationsperiode. "Die Saison läuft sehr gut an", sagt Zimmermann. "Das Heidepflücken ist auch schon möglich. Ich finde es toll, dass so viele Menschen hier aus der Umgebung der Tradition nachgehen und sich einen Heidestrauß aus der Heimat ins Haus holen."

Einigen reichen die kleinen Sträuße für das traute Heim, größeren Kameradschaften oder Organisationen reicht diese Menge nicht. Für den Konsumverbrauch vergibt der VNP sogenannte Nebennutzungsscheine. Vereine oder Gewerbetreibende, die beispielsweise Schauwagen für das Heideblütenfest herrichten oder im größeren Umfang Heidekränze, -körbe oder -sträuße herstellen, benötigen mehrere Hektar Heideblüten. Ihnen werden kleine Flächen zugeteilt, auf denen sie nach Belieben Heide schneiden dürfen.

Auch die Kirchengemeinden wenden sich an den VNP. Sie wollen ihre Kirchen mit dem kräftigen Lila der Heide schmücken. "Vielen Menschen gibt ein kleiner Strauß aus lilafarbener Heide ein Stückchen Heimat zurück, schließlich ist die Lüneburger Heide ihre Identität", sagt der Geschäftsleiter des VNP. Aber auch viele Tagestouristen aus Hannover und Bremen nehmen die Fahrt auf sich, um die lila Blüte mit eigenen Augen zu sehen. Und zahlreiche Jahresurlauber aus Nordrhein-Westfalen und Berlin unternehmen Wanderungen durch die Heide. In den vergangenen Tagen sind besonders viele Schaulustige aus dem Süden gekommen. "Die Tourismus GmbH der Lüneburger Heide ist für die Marketingstrategie zuständig. In der Vermarktung ist auf jeden Fall noch Potenzial nach oben vorhanden. Schließlich sollen nicht nur Deutsche hier zu uns in die Heide kommen", sagt Mathias Zimmermann.

Acht Wochen werden die Besuche in der Heide noch besonders lohnenswert sein. Danach verschwindet das satte Lila von den Feldern. Allerdings blüht keine der Pflanzen acht Wochen. "Dafür hat die Natur ein ganz spezielles Prinzip ausgeklügelt. Es gibt alte und junge Heide. Immer zu Saisonbeginn blüht die alte Heide zuerst und die jüngeren Triebe ziehen nach. Durch das Ablösen der älteren Pflanzen blüht die Heide dann insgesamt acht Wochen", erklärt Mathias Zimmermann.

Während dieser Zeit wird gesondert auf das Wegegebot geachtet, das den Touristen und Wanderern verbietet, innerhalb des Naturschutzgebietes die vorgesehenen Pfade zu verlassen. Polizeireiter, Reiterstaffeln der Johanniter, Motorradstaffeln und die Naturwacht des VNP patrouillieren regelmäßig auf den Pfaden, um immer wieder auf das Wegegebot hinzuweisen.

Auf die Einhaltung des Gebots wird deshalb so viel Wert gelegt, weil immer mehr sogenannte störempfindliche Tierarten, die in der Heide ihr Zuhause gefunden haben, vom Aussterben bedroht sind. Nistplätze von bedrohten Vogelarten oder Reptilien werden deshalb gesondert geschützt. "Die Kreuzotter und die Zauneidechse sind bedrohte Arten unter den Reptilien. Bei den Vogelarten sind es das Birkhuhn, der große Brachvogel und die Heidelerche, die stark störempfindlich sind", sagt Zimmermann. Deshalb seien die 400 Kilometer Wanderwege so vorteilhaft gewählt worden, dass Touristen die gesamte Lüneburger Heide von den Wegen aus erschließen könnten.

Das momentan zu beobachtende Farbspiel in der Gegend ist die Moorheide, die stets bis zu drei Wochen vor der Sandheide zu blühen anfängt. Diese Farbe bleibt der Heide noch bis zum 9. September erhalten. Das besagt zumindest das Blütenbarometer.