Das Innenministerium weist Kritik zurück und betont, dass neue Planstellen für die Reviere geschaffen werden.

Stade. Die Personaldecke der Polizei im Landkreis Stade reicht für die Fahndungsarbeit offenbar nicht aus. "Wir haben kein Personal, um aktiv zu fahnden", sagte Rainer Bohmbach, Sprecher der Polizei im Landkreis Stade, auf die Frage, warum nicht aktiv nach einem Kinderschänder aus Buxtehude gesucht wurde. "Wir können nicht jeden Tag und stündlich vor der Tür stehen."

Rund 50 von insgesamt 250 Beamten beschäftigten sich mit der Fahndungsarbeit. Täglich kämen neue Haftbefehle hinzu. Dazu zählten auch so genannte Erzwingungshaftbefehle für einen Tag - etwa für Verkehrssünder.

Martina Grellmann, Kreisgruppenvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Stade, bestätigt: Fahndungsbeamte müssten im Landkreis Stade verstärkt in anderen Bereichen aushelfen, da die Personaldecke zu dünn sei.

Anlass der Personaldiskussion war die Fahndung nach einem 67-jährigen Kinderschänder aus Buxtehude (das Abendblatt berichtete). Der Grieche soll sich 2006 an der Tochter seiner Lebensgefährtin vergangen haben und wurde darauf drei Jahre lang per Haftbefehl gesucht. Der Mann, der zwischenzeitlich auch abgeschoben wurde, konnte in Buxtehude untertauchen und missbrauchte 2008 ein zweites Mädchen. Seine Taten flogen nur auf, weil er pornografische Fotos der Tat von 2008 zum Entwickeln in einer Drogerie abgegeben hatte.

Ob die Polizeibeamten die Wohnung des Buxtehuders oder die seiner Lebensgefährtin mehrfach aufsuchten, nachdem die Staatsanwaltschaft ihnen den Haftbefehl zugestellt hatte, kann Bohmbach nicht sagen. Um das nachvollziehen zu können, müsse er die Akte einsehen. Und die liege beim Amtsgericht Buxtehude.

Grundsätzlich läuft die Tätersuche nach Bohmbachs Angaben so ab: Die Polizei sucht die letzte bekannte Anschrift zwei- bis dreimal auf. Ist der Gesuchte nicht anzutreffen und gibt es auch sonst Hinweise wie etwa eine leere Wohnung, dass der mutmaßliche Täter verschwunden ist, läuft die Suche per Computer weiter. Das heißt: die Personaldaten werden im System erfasst. Bei Verkehrskontrollen oder bei Grenzüberschreitungen schnappe die Falle zu.

Möglicherweise seien die Personaldaten des Griechen gleich in das Computersystem gewandert, sagt Bohmbach. Denn der Mann ist zweimal abgeschoben worden und die Beamten vermuteten ihn im Ausland. Mit der bundesweiten Fahndung habe die Polizei gehofft, den Mann am Flughafen zu fassen, sagt Bohmbach. Doch das glückte nicht. Der mutmaßliche Täter konnte zweimal illegal nach Deutschland einreisen.

Die Auffassung, der Polizei fehle das Personal, kann Klaus Engmann, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des niedersächsischen Innenministeriums, nicht teilen. Gerade in Niedersachsen sei das Personal in den vergangenen fünf Jahren aufgestockt worden. 2004 seien noch 242 Beamte im Landkreis Stade im Einsatz gewesen. Inzwischen kümmerten sich 250 Polizisten um die Strafverfolgung. Im Oktober tritt noch eine neue Gruppe Polizisten den Dienst an, so dass laut Engemann Ende des Jahres 260 Beamte im Landkreis Stade arbeiten werden.

Martina Grellmann, Kreisgruppenvorsitzende der GdP, bestätigte die "positive Wende". Sie gibt aber zu Bedenken, dass sich die Beamten mit neuen zeitaufwendigen Problemen wie etwa Internetkriminalität beschäftigen müssten. In Schulnoten gibt Grellmann der Personalausstattung derzeit eine Fünf minus und nimmt an, dass sie sich im Oktober auf eine vier plus verbessert. "Ich hoffe, dann ist es nicht mehr nötig, Fahndungsbeamte in der Ermittlungsarbeit einzusetzen."