35 Ausstellungen im Landkreis Stade laden zum Aktionstag ein. Die Häuser haben sich unterschiedliche Themen und Profile gegeben.

Stade. Ungezogene Schulkinder bekommen in Himmelpforten noch den Rohrstock zu spüren. Wenn Lehrer Kurt Thomsen, ganz schulmeisterlich korrekt in seinen Frack gewandet, seinen Stock auf Finger, Rücken und Po niedersausen lässt, dann spüren die Schüler hautnah, dass Lernen auch im vergangenen Jahrhundert schon alles andere als Zuckerschlecken war. Selbstredend schlägt Kurt Thomsen nur mit Worten zu, und Himmelpfortens Schule ist Geschichte. Aber wenn der pensionierte Pädagoge am Originalschauplatz heutige Schulklassen empfängt, als strenger Zuchtmeister in deutscher Schrift an der Tafel schreibt, sind zwischen den Holzbänken der pädagogische Geist von einst und das Schülerdasein wie zu Kaisers Zeit hautnah zu spüren.

Zu erleben ist das auch für Erwachsene im Heimat- und Schulmuseum Himmelpforten. Die kleine Ausstellung im alten Schulhaus des Dorfes ist eines von mittlerweile 35 Museen und ähnlichen Einrichtungen im Kreisgebiet, die sich im Museumsverbund im Landkreis Stade zusammengeschlossen haben. Ihr gemeinsames Ziel: Die Regionalgeschichte an Unterelbe und Geest in ihren vielen unterschiedlichen Facetten zu erhalten und für die Besucher wieder erlebbar werden zu lassen, das weit über den Landkreis verstreute bunte Mosaik der vielen kleinen lokalhistorischen Sammlungen und Gebäude zu einer thematisch aufeinander abgestimmten Museumslandschaft entwickeln.

Mit diesem Anspruch hatte sich der Museumsverbund bereits 1999aus einem bis dato lockeren Zusammenschluss von Museumbetreibern gegründet. Heute, 13 Jahre später, blickt dessen Vorsitzender Dieter-Theodor Bohlmann nicht ohne Stolz auf das Erreichte. Nach und nach hat Bohlmann, selbst Leiter des Museums Altes Land in Jork, die kleinen, regionalen Häuser mit ins gemeinsame Boot geholt. Was als buntes Durcheinander vieler kleiner Heimatstuben mit oft ähnlicher Ausrichtung, meist geleitet von ambitionierten Ehrenamtlichen, begann, ist im Laufe der Jahre zu einer in ihrer Struktur einzigartigen Museumslandschaft im Landkreis gewachsen.

Unter dem Dach des Verbunds haben sich die einzelnen Häuser unterschiedliche thematische Schwerpunkte und unverwechselbare Profile gegeben, arbeiten mit professioneller Museumssoftware und dem Anspruch, die Heimatgeschichte wissenschaftlich einwandfrei aufzuarbeiten. "Wir wollten weg von den vielen Heimatstuben, wo jeder vor sich hin volkstümelt, und wir haben viel erreicht", resümiert Bohlmann.

Diese Museumslandschaft in ihrer Vielfalt zu entdecken ist dank der räumlichen Entfernungen allerdings nicht leicht. Alle zwei Jahre organisiert der Museumsverbund deshalb an wechselnden Orten im Landkreis ein "Museumsschaufenster", zu dem die im Verbund zusammengeschlossenen Häuser in wechselnder Besetzung kommen und gemeinsam Einblicke in ihre Arbeit und ihre Ausstellungen geben.

Nach den ersten drei Veranstaltungen in Stade, Drochtersen und Harsefeld gehen die Museumsmacher jetzt in den hohen Norden. Am Sonntag, 19. August, öffnet der Verbund sein Museumsschaufenster im Rahmen des Handwerkertags auf dem Heimathof Hüll. Auch der Heimathof Hüll, in dem das Wohnen und Arbeiten der Moorbauern in alter Zeit erfahrbar wird, gehört zum Museumsverbund und bietet die Kulisse für die diesjährige gemeinsame Präsentation der Museen.

Von 11 bis 17 Uhr sind die Besucher dann geladen, sich bei freiem Eintritt über die Museen zu informieren und dabei das eine oder andere Haus zu entdecken, das sie vielleicht noch nicht kennen: "Wir können natürlich nicht die ganzen Museen zeigen, deshalb kommen acht bis zehn unserer Mitglieder mit ausgewählten Dingen und Vorführungen und laden die Besucher zum Mitmachen ein", sagt Bohlmann. Unter anderen sind diesmal die Kutenholzer vom "Huus op de Heidloh" dabei. Sie führen vor, wie in der Reepschlägerei Taue gefertigt wurden. Die Helmster bringen Teile ihres Dorfladens mit und zeigen, wie einst die Bevölkerung auf dem Land versorgt wurde. Und auch die Himmelpfortener haben sich angesagt, bestätigt Paul Schrader, der das dortige Museum leitet "Wir werden ein kleines Schulzimmer zeigen mit Tafel und Karte und die Besucher zu Schreibübungen in deutscher Schrift ermuntern."