Harsefeld will das Viertel rund um das Freibad energetisch aufwerten. Die Crux: Anwohner müssen mitziehen

Harsefeld. Sie sehen schnuckelig aus, die Häuser zwischen Pommernstraße und Herrenstraße, zwischen Bornweg und Wiesenweg. Viele der rot geklinkerten Einfamilienhäuser stammen aus den Jahren von 1955 bis 1965 und sind Zeugnisse des Wirtschaftswunders in Harsefeld. Wo früher Hawaii-Toast kredenzt wurde, Nierentische das Wohnzimmer zierten und der VW-Käfer auf der Auffahrt stand, stehen heute moderne Inneneinrichtungen und hochtechnisierte Automobile. Die Ausstattung in den vier Wänden hat sich mit der Zeit verändert, nicht aber die Häuser selbst. Sie sind zum Großteil nach heutigen Kriterien energetisch sanierungsbedürftig. Und eine energetische Sanierung des Quartiers will die Samtgemeinde Harsefeld nun mit Hauseigentümern auf den Weg bringen.

Mit einem Förderprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) will die Kommune einen Plan erstellen lassen, welche Sanierungsoptionen für die Eigenheime, für Gewerbebetriebe und für die öffentlichen Gebäude in dem Quartier bestehen und wie vor allem die Bürger diese sinnvoll umsetzen könnten. "Das Thema ist in gewisser weise nicht neu für uns, aber in dieser Form haben wir uns der energetischen Sanierung noch nicht angenommen. Es ist somit doch wieder Neuland für uns", sagt Harsefelds Samtgemeindebürgermeister Rainer Schlichtmann. "Wir sind bereits Klimakommune. Deshalb wollen wir ergänzende Projekte lancieren. Die Quartierssanierung über das KfW-Förderprogramm passt gut in unser Gesamtkonzept hinein", sagt der Verwaltungschef.

Da die Verwaltung die Ziele der Quartierssanierung nicht alleine handeln kann, hat sie zusätzliche Hilfe ins Boot geholt. EWE-Kommunalbetreuer Björn Muth und Ingenieur Bernd Langer, Geschäftsführer der BEKS EnergieEffizienz GmbH aus Bremen, arbeiten nun mit der Kommune gemeinsam daran, den derzeitigen Stand des Energieverbrauchs in dem Harsefelder Quartier zu analysieren und Sanierungslösungen zu erarbeiten. Die erstellten Gutachten sollen spätestens in zwölf Monaten der KfW vorgelegt werden, die dann die Personalkosten in Höhe von 65 000 Euro für einen speziellen Energiemanager mit 41 000 Euro bezuschusst. "Bisher wurde die Energieeffizienz bei Neubaugebieten über die Bebauungspläne vorgegeben. Damit können aber nur neue Gebäude energetisch modern gestaltet werden. Der bestehende Wohnraum muss aber ebenfalls verbessert werden, daher wollen wir mit dem Energiemanager und den Bürgern über die vorhandenen Optionen und Chancen reden. Wir hoffen, dass viele Grundstückseigentümer aktiv werden und sich an dem Projekt beteiligen", sagt Schlichtmann. Die Verwaltung plane daher direkt nach den Sommerferien erste Gespräche mit den Bürgern.

Björn Muth will gemeinsam mit Bernd Langer einen Workshop veranstalten, in dem mit den Bürgern Ideen erarbeitet werden sollen, um den Energieverbrauch zu senken. "Wir wollen sehen, welche Emissionen vorhanden sind und wie auch mit einfachen Mitteln diese Emissionen minimiert werden könnten. Die Kosten für Strom und Heizung werden steigen. Jede Einsparung, die wir erwirken können, wird den Bürgern daher direkt nutzen", sagt Muth. BEKS-Ingenieur Bernd Langer sieht ohnehin einen Bedarf für eine Sanierung der Häuser in Deutschland, wenn der Staat seine Klimaschutzziele erreichen will. "Das geht nur, wenn die Bürger vor Ort mitmachen. Daran wollen wir hier arbeiten", sagt Langer.

Für Harsefeld lohne sich das Projekt doppelt. Zum einen für die Anwohner des jetzt ausgeschriebenen Sanierungsquartiers, da sie zügig eine energetische Sanierung angehen könnten. Zum anderen für viele andere Harsefelder, denn der Häusertyp, wie er rund um das Freibad vorhanden ist, lässt sich auch in vielen anderen Vierteln in Harsefeld wiederfinden. "Wir haben die Möglichkeit, Sanierungsmodelle zu entwickeln, die sich fast identisch für andere Quartiere umsetzen lassen", sagt der BEKS-Geschäftsführer. Synergien würden so entstehen.

Schlichtmann hofft, dass viele Anwohner kooperieren und die Sanierung freiwillig angehen. Er weiß aber, dass das nicht für alle einfach werden wird. "Wir werden aber die Bürger informieren, welche Optionen mit bestimmten Budgets bestehen und welche Sonderkredite oder staatlichen Zuschüsse es für bestimmte Projekte gibt", sagt Langer. 660 Haushalte in 550 Gebäuden könnten, so Langer, im Idealfall dann saniert werden.