Schüler, die in den Ferien Geld verdienen wollen, brauchen einen langen Atem. Die Angebote liegen nicht gerade auf der Straße. Praktikanten bevorzugt.

Stade/Lüneburg/Harburg. Helle das Licht, leise die Musik, akkurat aufgeschichtet die Stapel mit T-Shirts in vielen unterschiedlichen Farben und mit Bluejeans. Mittendrin: Kristina Wachtel. Hemden und Hosen wollen gefaltet, sortiert, gestapelt und digital erfasst werden. Genau das ist ihre Aufgabe, eine Aufgabe auf Zeit. Die 18-Jährige ist Ferienjobberin bei Tom Tailor im Phoenix Center in Harburg.

Ferienjob - ein Klassiker. Die perfekte Gelegenheit, die Zeit zwischen zwei Schuljahren sinnvoll zu nutzen, ein bisschen Taschengeld zu verdienen. Oder um - wie bei Kristina Wachtel - die Zeit zwischen Schulabschluss und Beginn der Ausbildung zu überbrücken. Nach den Sommerferien will die 18-Jährige Kosmetikerin lernen. "Als ich den Job gesucht habe", sagt sie, "bin ich einfach mal in den Laden gegangen und habe gefragt." Es hat nicht lange gedauert, da war das zierliche Mädchen, das seine dunklen Haare auf der rechten Seite länger trägt als auf der linken, auf 400-Euro-Basis engagiert.

Doch ganz so leicht geht's längst nicht immer. Das Abendblatt hat sich auf die Suche nach Ferienjobs gemacht. Und nach den jungen Menschen, die sie ausfüllen. Aber wo stecken die bloß, die einen und die anderen? Ist der Ferienjob etwa ein Auslaufmodell?

Vielleicht in Läden. In Harburg gibt's viele verschiedene, irgendwo muss doch was zu finden sein. Doch die meisten Geschäftsführer winken ab. Ihre Erklärungen sind unterschiedlich: Zu lange Einarbeitungszeit. Angst vor Diebstahl. Zu jung, um beispielsweise Medizin oder Alkohol zu verkaufen. Zu geringer Nutzen. Oder schlechtes Wetter: In mehreren Restaurants ist zu hören, sie stellten aufgrund der unbeständigen Wetterlage niemanden für die Dauer von sechs Wochen ein. Ein häufig genanntes Argument: Das feste Personal arbeite im Moment schon wenig, bei schlechtem Wetter rentiere sich das Geschäft gar nicht. Davon abgesehen sei es schwierig, einen Schüler als Bedienung anzulernen. Wenn überhaupt, haben nur Aushilfen mit Gastronomie-Erfahrung eine Chance.

Die Suche geht also weiter. Wenn schon kein Restaurant, dann vielleicht ein Schnellimbiss. Wäre doch ideal für Jugendliche mit Verkaufsqualitäten. Das Abendblatt fragt bei McDonald's, Burger King und Kentucky Fried Chicken nach. Antwort: ein kategorisches Nein. Willkommen seien aber Aushilfsjobber, die mehrere Monate bleiben wollten.

Auch Aldi beschäftigt keine Schüler. "Wir nehmen keine Ferienjobber, höchstens mal Praktikanten. Die aber auch nur dann, wenn sie von der Schule aus ein Praktikum machen müssen", sagt der Leiter einer Filiale. Er nennt Gründe dafür: Die Einarbeitung brächte viel zu viel Aufwand mit sich, außerdem sei Bargeld in den Kassen - da bestehe Diebstahlgefahr. Und: "Anders als in Ferienjobbern sehen wir in Praktikanten eine Investition in die Zukunft, weil sie in der Schule über unser Unternehmen berichten werden."

Nächster Gedanke: Tankstellen und Autowaschanlagen. Da müsste sich nun wirklich etwas finden lassen. Autos nachpolieren oder Kunden beim Tanken zur Seite stehen - ein klassischer Ferienjob. Nachfrage: Dibbersen Car Wash beschäftigt zwar Jugendliche, aber nicht für die Ferien. American Car Wash beschäftigt nur Wochenendaushilfen.

Auch auf Ferienfreizeiten nach Scharbeutz, ausgerichtet vom Landkreis Harburg, wird nur ausgebildetes Personal der jeweiligen Einrichtungen mitgenommen. Dennoch scheint es einen kleinen Hoffnungsschimmer zu geben. "Ab einem Alter von 16 Jahren können sich Jugendliche zu Jugendgruppenleitern ausbilden lassen. Jeweils am Ende des Jahres werden die Jobs ausgeschrieben, und nach vier Wochenend-Schulungen ist die Ausbildung fertig", sagt Brigitte Hildebrandt, Kreisjugendpflegerin beim Landkreises Harburg. Mit einem solchen Ferienjob wird es allerdings keinem Jugendlichen möglich sein, den Führerschein zu finanzieren. Für die Betreuung gibt es nur eine kleine Aufwandsentschädigung. Wieder eine Sackgasse. Zwar ist eine Tätigkeit als Jugendgruppenleiter anspruchsvoll. Aber ein Ferienjob soll ja auch etwas Geld bringen.

Dann ist er plötzlich da: ein Job! Bei einem Reifenhandel. Jugendliche ab 15 Jahre werden zur Räderwäsche eingestellt, sagt Frank Wenker, Geschäftsführer von Quick Reifendiscount an der Cuxhavener Straße: "Die Schüler säubern Räder, bevor wir sie für den Winter einlagern." Ferienjobber arbeiten bei ihm auf 400-Euro-Basis.

Sein Stellvertreter Gerd Wilde sagt: "Wir nehmen meist Jugendliche, die bei uns ein gutes Schulpraktikum absolviert haben. Wenn Bedarf ist, holen wir uns den einen oder anderen wieder zurück ins Unternehmen." Kämen andere Jugendliche und fragten nach einem Job, gebe er ihnen natürlich auch die Möglichkeit. "Aus Erfahrung wissen wir jedoch, dass die nach ein bis zwei Tagen nicht wiederkommen. Hier wird harte Arbeit geleistet. Sie sollen ja nicht nur Regale einräumen." Vielleicht liegt es genau daran, dass zurzeit kein Schüler bei dem Reifenhändler jobbt. Wo es denn Angebote gibt, fehlen offensichtlich die Bewerber.

Auch Kik Textilien sei Minijobbern gegenüber offen. Janina Hoffmeister, Assistentin für Unternehmenskommunikation, sagt: "Wir freuen uns, wenn wir jungen Menschen die Möglichkeit geben können, schon mal einen Einblick in den Berufsalltag in unseren Filialen zu bekommen." Eine Einarbeitung an der Kasse erfolge aufgrund des kurzen Beschäftigungszeitraumes indes nicht. Wer Interesse habe, könne sich in der Filiale Harburg vorstellen. Das Interesse ist aber bislang offenbar gering gewesen.

Im Veritas Beach Club im Harburger Binnenhafen passen Angebot und Nachfrage. Hinter der Bar steht der 20 Jahre alte Max Karstedt aus Buchholz. "Ich mache nächstes Jahr Abitur und möchte Geld für meinen Führerschein verdienen." Denn seine Eltern, berichtet er, zahlten nur die Hälfte. Doch das selbst verdiente Geld ist für ihn nur ein Aspekt. "Mir macht das hier einfach auch viel Spaß, weil ich mit Leuten in meinem Alter zusammenarbeite", sagt Max. "Ich finde es auf jeden Fall wichtig zu arbeiten. Zu Hause würde ich in den Ferien sonst nur herumsitzen. Meine Freunde arbeiten auch alle, ein paar von ihnen sogar hier im Club", sagt der Buchholzer.

Es gibt ihn also vereinzelt noch, den klassischen Ferienjob. Aber man muss ihn schon gründlich suchen.