Eine Ernährungsberaterin verrät, wie Eltern kleinen Nahrungsverweigerern Appetit auf gesunde Kost machen. Lösung liegt im Tischvertrag.

Neu Wulmstorf. Ein Albtraum für Mütter und Väter: Egal, was außer Fischstäbchen oder Nudeln mit Tomatensoße auf den Tisch kommt - die Kinder mögen es nicht essen. Sie sind bockig, nörgeln, schubsen den Teller weg, schreien, plärren. Mit welchen Strategien Eltern einen Suppen-Kaspar zähmen können, hat Angela Wilder im Mehrgenerationenhaus Courage in Neu Wulmstorf erklärt. Die Diätassistentin und werdende Mutter nennt die wichtigsten Regeln, damit es zu Hause kein Theater ums Essen gibt, damit kleine Kinder Gesundes mögen. Die 29-Jährige arbeitet als Ernährungsberaterin in der Therapiestation Neu Wulmstorf und berät in ihrer Freizeit Mütter im Mehrgenerationenhaus.

Eine Mutter berichtet: "Bei uns gibt es immer Kampf am Tisch." Ihre beiden zwei und vier Jahre alten Töchter sagten zu allem "bäh", was Gemüse ist. Selbst zu Schmorgurken mit leckeren Fischstäbchen und Kartoffelpüree. Dabei sind die Voraussetzungen in der Familie ideal für eine friedliche Tischgemeinschaft: Mutter und Vater kochen gern, bestehen auf gemeinsame Mahlzeiten und feste Essenszeiten.

Angela Wilder rät zu einem Tischvertrag: Die Mutter bestimmt, was auf den Tisch kommt. Die Kinder dürfen entscheiden, wie viel sie essen - unter der Bedingung, dass sie von allem probieren. Ganz wichtig dabei: Extra-Würste wie der Keks gegen den Hunger zwischendurch sind strikt verboten. Essen gibt es erst wieder bei der nächsten gemeinsamen Mahlzeit. So werde sich ein kleiner Kostverweigerer genau überlegen, ob er das verschmähte Essen nicht doch anrührt. Ein schlechtes Gewissen bräuchten Eltern nicht zu haben: "Kinder verhungern nicht bei uns", betont die Expertin. Kinder hätten ein gutes Gespür für Hunger und Sättigung. Mütter und Väter müssten stark bleiben, so laut der Nachwuchs auch plärre: "Wenn sie einmal nachgeben, haben sie verloren."

Eltern, sagt sie, müssten das zwei- bis dreimal durchhalten. "Mit allem Theater, das Kinder so abziehen." Wenn Eltern sich dabei nicht durchsetzten, habe das Folgen für das ganze Leben. Wer nicht gelernt habe, mit den Eltern still am Tisch zu sitzen, könne es auch mit 15 oder 20 nicht. Also sollten Mutter und Vater auch darauf beharren, dass niemand vom Tisch aufsteht, bevor der Letzte aufgegessen hat. Am Schluss könne es sinnvoll sein, das bockige Kind noch einmal zu fragen, ob es nicht doch noch von dem, was auf dem Tisch steht, etwas essen möchte. Nicht selten dürften dabei die Schmorgurken noch zum Zuge kommen. Trotz allem predigt Angela Wilder keine autoritäre Strenge gegen Suppen-Kaspar. Man könne auch mit Kindern im Alter ab zwei Jahren reden, sagt sie. "Wenn ich einen Suppen-Kaspar habe, muss ich versuchen, ihn ans Essen heranzuführen." Eine gute Strategie sei es, kleine Kinder früh in die Küche mitzunehmen, von allem probieren zu lassen.

Kinder seien in der Regel "stolz wie Bolle", wenn sie mithelfen dürfen und selbst etwas geschafft haben. Verschiedene Geschmäcker in der Küche zu entdecken sei wie eine Reise für die Kleinen. Dabei könne ein Kind durchaus eigene Entscheidungen treffen: "Zum Beispiel ob es lieber rohes oder gekochtes Gemüse mag", sagt Angela Wilder.

Hartnäckigen Mäkelkindern, wie die Expertin sie nennt, könne man das Essen verspielt anrichten. Etwa das Gemüse so auf den Teller legen, dass es ein Gesicht bildet. Viele Mütter stünden zwar mit ihrem Kind zum Frühstück auf - äßen aber selbst nichts. Ein böser Fehler, sagt Wilder, denn Kinder kopierten das Verhalten ihrer Eltern oder ihrer älteren Geschwister. Und: "Mir vergeht auch der Appetit, wenn ich allein essen soll", sagt sie. Sie rät selbst dann zu einem gemeinsamen Frühstück, wenn ein Kind eigentlich später aufstehen könnte als das andere. "Warum sollten Geschwister nicht um 7.30 Uhr gemeinsam frühstücken, wenn das eine Kind um 8 Uhr im Kindergarten und das andere erst um 8.20 Uhr in der Schule sein muss?" Angenehm für die Mutter: Sie muss nur einmal den Tisch decken.

Für den richtigen Umgang mit Süßigkeiten hat Angela Wilder auch einige wichtige Regeln: "Süßigkeiten als Belohnung sind verboten", trichtert sie allen Müttern und Vätern ein. Als Trost übrigens auch. Belohnen sollten Eltern je nach Alter und Anlass mit Lob, einem kleinen Spielzeug oder mit einem Kinobesuch. Wie oft Kinder Süßigkeiten essen dürfen? "Einmal am Tag!" Die zulässige Ration sei eine Portion. Bei Schokolade keine ganze Tafel, sondern etwa 20 bis 25 Gramm. Marmelade gelte als Brotaufstrich und erlaube später noch eine Portion Weingummi oder Schokolade. Nuss-Nougat-Creme aber sei eine Süßigkeit. Und auch wenn Sportler für die "Milch-Schnitte" werben: "Die hat so viel Kalorien wie eine ganze Mahlzeit." Gleiches gelte für Cola: "Eine Süßigkeit, kein Getränk." Wasser, Tee, und Saftschorle seien die besseren Durstlöscher. In Ausnahmefällen dürften Kinder die Brause trinken, aber: "Zu Hause hinstellen würde ich sie nicht."

Demnächst im Mehrgenerationenhaus Neu Wulmstorf, Ernst-Moritz-Arndt-Straße 14: Sonntagscafé mit Seeblick, Sonntag, 8. Juli, 15 bis 17 Uhr, hausgemachte Kuchen und Torten; Erzählcafé "De Schnackers", Freitag, 13. Juli, 15 bis 16.30 Uhr; Erziehungsberatung des Landkreises Harburg, Sprechstunde im Mehrgenerationenhaus Neu Wulmstorf, jeden Donnerstag 10 bis 13 Uhr, Terminvereinbarung unter Telefon 04181/969 393 (Frau Zorn).