Das Abendblatt stellt Bürger des Landkreises vor, die auf 2011 zurückblicken. Heute: Kai Thomas Breas, Sprecher der Staatsanwaltschaft Stade.

Den 15. April 2011 wird der Stader Staatsanwalt Kai Thomas Breas wohl nie vergessen. Er hatte ein Haus im Landkreis Stade gebaut und wollte an diesem Tag sein Richtfest feiern. Die Gäste waren eingeladen, alle Vorbereitungen abgeschlossen. Doch dann gestand Martin N., besser bekannt als "Maskenmann", in Polizeigewahrsam drei Kindermorde und zahlreiche Missbrauchsfälle. Kurzfristig wurde eine Pressekonferenz für den 15. April einberufen. Für Breas, den Pressesprecher der ermittelnden Staatsanwaltschaft Stade, ein Pflichttermin und der Auftakt einer gewaltigen Medienlawine, die der 40-Jährige in dieser Form noch nicht erlebt hatte.

Kai Thomas Breas sitzt an seinem Schreibtisch im Gebäude der Stader Staatsanwaltschaft an der Archivstraße. Auf seiner Schreibtischunterlage kleben Aufkleber vom SV Werder Bremen. Der Fußballverein von der Weser ist die große Leidenschaft des gebürtigen Bremers. Seit Breas im Jahr 2008 aus Kiel zur Staatsanwaltschaft Stade gewechselt ist, hat er eine Dauerkarte, sitzt bei jedem Heimspiel neben seinem Vater, der noch immer in Bremen wohnt und seit knapp 35 Jahren eine Dauerkarte für den Bundesligisten hat.

Mittlerweile wird der Staatsanwalt sogar im Fußballstadion erkannt. Schließlich wurde sein Gesicht in diesem Jahr auf allen Fernsehsendern gezeigt. Noch immer schüttelt Breas zwischendurch ein wenig ungläubig den Kopf, wenn er über das gewaltige Medieninteresse in diesem Jahr spricht. Das Geständnis des Kindermörders Martin N., nach dem die Polizei jahrelang gefahndet hatte, brachte die Lawine ins Rollen. Seit knapp zwei Jahren ist Breas, der eigentlich Wirtschaftsstaatsanwalt ist, nebenbei Pressesprecher der Stader Staatsanwaltschaft.

Als er damals gefragt wurde, ob er diesen Job übernehmen wolle, musste Breas nicht lange überlegen. "Ich habe es sofort bejaht." Dann habe er sehr schnell feststellen müssen, dass es ein Sprung ins kalte Wasser war. Eine Schulung hatte er noch nicht absolviert, als er den ersten spektakulären Fall kommunizieren musste. Die Stader Staatsanwaltschaft erhob Anklage gegen einen 30-Jährigen, der im August 2009 auf dem Campingplatz in Cuxhaven zwei Frauen ermordet hatte.

Zunächst war die neue Situation ungewohnt für den Staatsanwalt. Als Breas aus dem Landgerichtsgebäude kam, stürmten mehrere Kamerateams auf ihn zu, Mikrofone wurden ihm vors Gesicht gehalten. "Das war wie im Kino", sagt Breas. Wenn er sich heute seine ersten Fernsehinterviews ansieht, stellt er fest, dass er damals deutlich aufgeregter gesprochen hat.

Mittlerweile sei er in dieser Beziehung routinierter, habe seinen eigenen Stil entwickelt. Dabei hätten ihm auch diverse Schulungen und Medientrainings geholfen. Aber: "Eine gewisse Anspannung habe ich noch immer vor der Kamera", sagt Breas. Doch bei aller Routine habe "dieses Jahr ganz andere Dimensionen hervorgebracht". Und das alles begann am 14. April, als der "Maskenmann" gestand.

Noch am selben Abend wurde Haftbefehl erlassen. Von der Staatsanwaltschaft Stade, weil das letzte Opfer des Kindermörders, der damals neunjährige Dennis K., vor zehn Jahren im Zuständigkeitsbereich der Ermittlungsbehörde entführt und getötet worden war. Am Morgen des 15. April fuhr Breas nach Verden. Im dortigen Kreishaus war die Pressekonferenz geplant. Noch hörte er im Radio nichts über den "Maskenmann". "Es hat mich gefreut, aber auch überrascht, das noch nichts nach draußen gedrungen war."

Um 8.30 Uhr wurde dann die Einladung zur Pressekonferenz rausgeschickt. "Dann wurde relativ schnell berichtet und man merkte, jetzt knallt es", sagt Breas. Einige Fernseh- und Radiosender versuchten vorab, eine Stellungnahme zu bekommen. "Das haben wir strikt abgelehnt." Von der Pressekonferenz berichteten dann knapp 300 Journalisten, zahlreiche Übertragungswagen hatten sich in Verden postiert. "Es war die größte Pressekonferenz, die ich je erlebt habe", sagt Breas.

Gegen 14 Uhr war für diesen Moment alles vorbei. Breas fuhr mit dem Auto zu seinem neuen Haus, in dem er mit seiner Frau, seinem neunjährigen Sohn und seiner sechsjährigen Tochter leben wird. Breas schaffte es gerade noch rechtzeitig zum Richtfest."Ich habe im Anzug auf dem Dach gestanden und den Nagel reingehauen", sagt Breas. Mit dem "Maskenmann" musste er sich erst am nächsten Tag wieder beschäftigen. In den folgenden Tagen erreichten die Staatsanwaltschaft mehrere Hundert Anfragen pro Tag. Dann wurde es ruhiger, bis die Staatsanwaltschaft im Juli schließlich Anklage gegen Martin N. erhob.

Bundesweite Medienberichterstattung gab es dann wieder zum Prozessauftakt am Stader Landgericht am 9. Oktober. Im Mittelpunkt des Interesses war auch wieder Staatsanwalt Breas. Bewaffnet mit einem weißen Regenschirm bediente er nacheinander alle Anfragen wie am Fließband, gab sogar Live-Interviews. "Das hatte ich so auch noch nicht erlebt", sagt Breas heute.

Als er vor drei Jahren aus Kiel mit seiner Familie nach Stade kam, hatte er nicht damit gerechnet, dass die Staatsanwaltschaft Stade wegen spektakulärer Verfahren so häufig im Zentrum des öffentlichen Interesses stehen wird.

Selbst ohne den "Maskenmann" war der mediale Fokus in diesem Jahr oft auf Stade gerichtet. Der Prozess nach dem Raub mit Todesfolge in Oldendorf oder das Verfahren gegen Carolin H., die ihre beiden Töchter in Hammah ermordet hat, sind nur zwei von vielen Beispielen. "Die Zahl der spektakulären Fälle im Landkreis Stade ist ungewöhnlich hoch", sagt Breas. Aber vom Umfang sei das Ereignis "Maskenmann" schwer zu übertreffen.