Silvia Nieber ist 100 Tage im Amt. Die Finanzprobleme der Stadt Stade werden sie auf Jahre beschäftigen - Spaß an der Arbeit hat sie trotzdem.

Stade. Die ganz großen Streitthemen, um sich zu profilieren, gab es seit September zwar noch nicht, dennoch hat Stades Bürgermeisterin, so das allgemeine Fazit von Stader Politikern und Wirtschaftsvertretern, in der Hansestadt bereits einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Heute ist Silvia Nieber 100 Tage im Amt. Zeit für eine erste Bilanz.

Nieber sitzt entspannt in ihrem repräsentativen Büro in dem barocken Rathaus der Hansestadt. Ende des Jahres zieht sie in ein kleineres Büro um, dichter an den anderen Mitarbeitern der Verwaltung. Mit Nieber, so viel steht fest, ist ein etwas anderer Arbeitsstil in das Rathaus eingezogen. Mehr Bürgernähe wollte sie schaffen. "Ich denke, das habe ich auch erreicht", sagt die Bürgermeisterin gut gelaunt.

Zwei Bürgersprechstunden mit jeweils 20 Teilnehmern gab es in den vergangenen 100 Tagen, dazu 60 Termine außerhalb des Rathauses sowie die normale Büroarbeit und die Ausschuss- und Ratssitzungen. Knapp zwölf Stunden arbeitet Nieber seit Amtsantritt pro Tag. Zu viel sei das nicht, sagt sie. "Ich wollte mich schnell in die Themen einarbeiten und ich glaube auch, dass das bisher ganz gut geklappt hat."

Vieles sei ähnlich gekommen, wie sie es auch erwartet hatte. Die Haushaltskonsolidierung, so sagt sie, sei Alltagsarbeit, denn in Bad Münder, wo sie vorher Bürgermeisterin war, musste sie ebenfalls mit leeren Stadtkassen kämpfen. "Wäre ich erstmals Bürgermeisterin, hätte ich sicherlich geschluckt, aber inzwischen schockt mich da nichts mehr", sagt sie. Denn in solch komplizierten Zeiten gebe es auch Chancen, Dinge nachhaltig zu verändern - oftmals auch zum besseren.

Gerade wenn es um die freiwilligen Leistungen der Stadt geht, sei Erfindungsreichtum gefragt, um Aufgaben besser zu bündeln. Hierbei vertraut sie auch auf das Know-how ihrer Mitarbeiter. "Wir haben Experten in der Verwaltung, die Ideen entwickeln können und auch Verantwortung tragen sollen", sagt die Verwaltungschefin.

Es sei ja auch nicht ihre Aufgabe, alles vorzugeben. Das könne sie auch nicht. "Ich kann lediglich Impulse geben und meine Erfahrung aus elf Jahren als Bürgermeisterin mit einbringen. Sicher, bei Grundfragen mische ich mich ein, aber ich will nicht Jeden und jeden Vorgang kontrollieren müssen", sagt Nieber. Dass sie ihren Mitarbeitern mehr Eigenverantwortung zuspricht, werde von diesen gut aufgenommen. "Ich fahre mit diesem Arbeitsstil erfahrungsgemäß sehr gut", sagt Nieber selbstbewusst.

Dass ihr bisher überaus positives Bild in der Verwaltung und in der Öffentlichkeit irgendwann einen Knacks bekommen könnte, damit rechnet die Verwaltungschefin. "Es gibt bestimmt Dinge, da werde ich mich im Sinne des Allgemeinwohls unbeliebt machen müssen", sagt sie. Schließlich sei das Geld knapp und letztlich handle es sich um Steuergeld, dass die Bürger der Stadt anvertrauen, um die Kommune weiter zu entwickeln. "Und weil es Geld der Bürger ist, das wir geschickt verteilen müssen, wird es Knatsch geben. Weil wir einfach nicht genug Finanzmittel haben, um künftig alles das zu finanzieren, was sich manch einer wünscht", erklärt die Bürgermeisterin.

Bürger, Wirtschaft und Politik müssten sich darauf einstellen, dass nicht mehr alles parallel finanziert werden kann und wird. Alle großen Projekte, die jetzt in der Pipeline seien, würden zwar umgesetzt, doch für alles, was ab jetzt hinzukommen wird, werde es eine Prioritätensetzung geben müssen.

Positiv findet die Bürgermeisterin, dass es ihr gelungen ist, beim brach liegenden Hotel am Fischmarkt etwas zu bewegen. Es gebe Gespräche mit dem Eigentümer zur Zukunft des Hotels. Auch dass der Kontakt zu Migrantenvereinen von vornherein gut funktionierte, stimmt sie positiv.

"Wir haben viele gute Projekte laufen. Beim Runden Tisch überlege ich aber, wie wir die Ergebnisse der Tagungen noch besser in die Stadt tragen können. Da muss mehr gehen", sagt Nieber. Auch, weil die Integrationsarbeit eine Daueraufgabe bleiben werde und die Stadt vorbildlich agieren müsse. "Wir setzen jetzt ein Zeichen, indem wir etwa unsere Webseite ins Englische übersetzen lassen", sagt Nieber.

Was aber hat die Bürgermeisterin in den vergangenen 100 Tagen in Stade am stärksten beeindruckt? "Die Offenheit der Menschen und der Stolz der Bürger auf ihre Stadt", sagt Nieber. Und auch eine Eintracht der Parteien, wie sie in Stade herrsche, sei nicht üblich.