Die Stadt Buxtehude soll zuständig für Hochwasserschutz sein. Der Verband will keine Deiche bauen, der Bürgermeister ist entsetzt.

Buxtehude. Die Stadt Buxtehude steht beim Hochwasserschutz vor einem Scherbenhaufen. Auf der Meilversammlung am Montagabend haben die Mitglieder des Deichverbands der Zweiten Meile Alten Landes einstimmig entschieden, die Deiche und Spundwände in der Innenstadt nicht zu bauen. "Wir werden die Unterlagen für das Planfeststellungsverfahren nicht einreichen", sagt Oberdeichrichter Uwe Hampe.

Am Montagmorgen habe der Deichverband doch noch einen Brief vom niedersächsischen Umweltministerium erhalten, erklärt er. Ursprünglich war der Oberdeichrichter davon ausgegangen, dass der Brief aus Hannover erst im Januar eintrifft. Aus dem Schreiben habe sich aus Sicht des Deichverbands ergeben, dass die Stadt Buxtehude und nicht der Deichverband für den Bau der Deiche zuständig ist. Bei der abendlichen Sitzung sei daraufhin der Beschluss gefasst worden, die Pläne nicht weiter zu verfolgen. "Wir hätten es machen können, aber wir müssen nicht", stellt Hampe klar. Jetzt sei die Stadt am Zug.

Buxtehudes Bürgermeister Jürgen Badur ist entsetzt über diese Nachricht. "Die Tatsache dieser Entscheidung ist so erschütternd, dass ich dazu eigentlich gar nichts sagen will." Es sei unverantwortlich für eine öffentlich-rechtliche Einrichtung wie den Deichverband, sich so zu verhalten. Ihm dränge sich der Eindruck auf, dass die Mitglieder der Meilversammlung, deren Grundstücke selbst vom Deichbau betroffen wären, ihren Besitz in Gefahr sähen.

Badur hält zudem die Art und Weise des Informationsflusses für äußerst dürftig. Er selbst habe mit Hampe noch gar nicht gesprochen und warte darauf, dass sich der Oberdeichrichter bei ihm meldet. "Der erste Zug muss eindeutig vom Deichverband kommen", sagt ein deutlich um Fassung bemühter Bürgermeister.

Hampe hingegen sieht keinen Grund zur Eile. Er habe nicht vor, überall sofort den Beschluss des Deichverbands zu verkünden. "Am Donnerstag ist mein Sprechtag, und dann werde ich auch mit dem Bürgermeister sprechen", sagt er. Da die Meilversammlung geheim war, wolle er auch keine detaillierte Stellungnahme zu den Beweggründen abgeben. Die Pläne, die der Deichverband bisher zum Hochwasser- und Küstenschutz für die Buxtehuder Innenstadt erstellt habe, würde er aber gern der Stadt zur Verfügung stellen, fügt er hinzu. "Wenn man von uns Hilfe will, kriegt man die auch."

In den kommenden Tagen wird sich nun zeigen müssen, wie es mit den Planungen weitergeht. Bereits in der Vergangenheit hatte Badur mehrmals unmissverständlich klargestellt, dass die Stadt nicht einspringen müsse und auch nicht einspringen werde, wenn der Deichverband die Deiche doch nicht bauen wolle. Er könne nicht begreifen, warum der Deichverband, nachdem er jahrelang die Pläne für das Vorhaben erstellt habe, so kurz vor der Abgabe der Unterlagen auf einmal zurückrudere, sagte Badur.

Unterstützung für diese Position hat er zuletzt sogar vom niedersächsischen Umweltministerium erhalten. Nach dem Hochwassergipfel Mitte November in Hannover, an dem unter anderem Vertreter der Stadt Buxtehude, des Landkreises und des Deichverbands teilgenommen hatten, hieß es, dass sich das Land den Deichverband wie geplant als Vorhabenträger wünscht. Das Ministerium hatte dem Verband zudem erklärt, dass die von ihm befürchteten Kosten für mögliche Entschädigungszahlungen an Este-Anlieger nicht auf ihn zurückfallen werden, sondern mit dem Geld für das Vorhaben selbst bezahlt werden. Vor allem diese Befürchtung war es gewesen, die für das Zögern des Deichverbands verantwortlich war.

Warum der Deichverband den Brief aus dem Umweltministerium, der im Grunde die gemachten Äußerungen auf dem Hochwassergipfel schriftlich zusammenfasst, nun so deutet, dass die Stadt Buxtehude für den Deichbau zuständig sei, ist Bürgermeister Badur ein Rätsel. Bevor er nicht mehr zu dem Schreiben wisse und mit Hampe gesprochen habe, könne er aber nicht mehr dazu sagen.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse könnte auch ein Antrag der Fraktionen von FDP und Grünen in Buxtehude in einem neuen Licht erscheinen. In ungewöhnlicher Eintracht fordern die Vorsitzenden Rudolf Fischer (FDP) und Michael Lemke (Grüne) darin, dass der Rat für eine Bürgerbefragung zum Hochwasserschutz stimmt. Laut Fischer wäre es die letzte Chance für CDU und SPD, die bisher die Deichbaupläne unterstützt haben, ein Bürgerbegehren zum Hochwasserschutz zu verhindern. Das wolle er nämlich auf die Beine stellen, wenn die Bürgerbefragung nicht abgesegnet wird.