Jens-Oliver Klaffs aus Buxtehude baute in einem Hilfsprojekt Häuser für Erdbebenopfer. Der 43-Jährige hat die Not der Bevölkerung gesehen.

Buxtehude/Léogâne. Es war nur eine Woche, aber für Jens-Oliver Klaffs wird sie wohl unvergesslich bleiben. Der Stahlkocher aus Buxtehude hat über seine Firma, das Stahlwerk Arcelor Mittal in Hamburg, an einem Hausbauprojekt auf Haiti mitgearbeitet. Sieben Tage hat er in dem Land geholfen, das vor knapp zwei Jahren von einem schweren Erdbeben heimgesucht wurde. Mehr als 300.000 Menschen kamen damals bei dem Unglück ums Leben.

Der 43-Jährige hat die Not der Bevölkerung gesehen, ihre Verzweiflung und die geringen Chancen auf Besserung. Denn wirklich vorangekommen ist das in Vergessenheit geratene Land seit dem Beben nicht. Eine zu große Rolle spielen Misswirtschaft und Korruption. Warum Klaffs trotzdem mit angepackt hat? Schon lange vor seinem Einsatz habe er gedacht, dass man in Deutschland auf einem sehr hohen Niveau jammere, sagt er. In anderen Ländern der Welt sehe die Lage nämlich viel, viel ernster aus.

Als über seine Firma das Angebot kam, an einem Hilfsprojekt mitzuwirken, musste er nicht lange überlegen. "Ursprünglich wollte ich ja nach Bosnien", erzählt er. Stattdessen wurde er gefragt, ob er nicht als Nachrücker für jemand anderen nach Haiti wollte. Klaffs sagte zu und fand sich mit zwölf weiteren Arbeitern seiner weltweit agierenden Firma in Atlanta wieder, von wo aus die Truppe nach Haiti aufbrach.

Organisiert wurde das Ganze von der Arcelor Mittal Foundation, die Hilfsprojekte in der ganzen Welt unterstützt. Für Haiti hat sich die Stiftung in das 1976 in Atlanta gegründete, internationale Projekt Habitat for Humanity eingeklinkt, das mit Hilfe von Spenden und freiwilligen Helfern Unterkünfte für bedürftige Familien errichtet und so den Wiederaufbau in Katastrophengebieten in Angriff nimmt. Einer der Hauptunterstützer ist der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter mit seinem Jimmy & Rosalynn Carter Work Project, bei dem auch Jens-Oliver Klaffs mitwirkte.

In Port-au-Prince, der Hauptstadt Haitis, angekommen, machten sich die Helfer erstmals ein Bild vom ganzen Ausmaß der Erdbeben-Katastrophe. "Die Stadt sah aus wie ein Atomwaffentestgelände", erzählt der Buxtehuder Vielen seiner Kollegen standen die Tränen in den Augen. Riesige Zeltstädte, kein fließend Wasser, überall Schutt - "die Haitianer haben noch einen ewig langen Weg vor sich", sagt Klaffs. Doch er weiß auch: Wenn keiner anfängt, wird auch nichts passieren.

Mit dieser Einstellung hat sich die Truppe an das Unternehmen "100 Häuser in einer Woche" in Léogâne gemacht. Die zirka 30 Kilometer westlich von Port-au-Prince gelegene Stadt war von dem Beben am stärksten betroffen, zirka 90 Prozent ihrer Gebäude wurden dem Erdboden gleichgemacht. Doch Klaffs und sein Team mussten nicht bei Null anfangen, die Fundamente und Mauern der 100 Häuser hatten bereits andere Hilfsteams errichtet, es fehlen noch Dächer, Türen und Fenster.

Vom frühen Morgen bis zum Nachmittag waren die Helfer bei glühender Hitze im Einsatz, auch Jimmy Carter höchstpersönlich packte mit an. Frühstück gab es um halb sechs, und dann fuhr die Gruppe im Bus zur Baustelle.

Sich allein in Léogâne zu bewegen, wäre wegen der hohen Kriminalitätsrate viel zu gefährlich gewesen, selbst die Baustelle war streng abgeschirmt und bewacht. "Die Leute dort leben einfach von der Hand in den Mund, und wenn die Verzweiflung so groß ist, steigt die Gewaltbereitschaft", sagt Klaffs.

Die Freude, die die Haitianer bei der Übergabe der fertigen Häuser empfanden, war für Klaffs eines der einschneidendsten Erlebnisse der Reise. "Die haben getanzt und für uns gebetet", sagt er. Für sie waren die einfachen Behausungen wie Villen. Eine Frau war so froh über einen schnell zusammengehämmerten Hocker aus einem Holzbrett und vier Nägeln, dass Klaffs nur staunen konnte.

5000 Häuser will das Hilfsprojekt für Haiti insgesamt bauen. Die Häuser werden jedoch trotz der vielen freiwilligen Helfer nicht verschenkt, sondern von den künftigen Bewohnern finanziert. Dazu erhalten diese ein gering verzinstes Darlehen, das sie über viele Jahre entsprechend ihrer Möglichkeiten zurückzahlen können. "Haiti ist so ein schönes Land mit seinen Bergketten, Stränden und Bananenbäumen", sagt Klaffs. Er hoffe sehr, dass er mit seinem Einsatz einen kleinen Beitrag zum Wiederaufbau leisten konnte.