Die Kommune setzt auf erneuerbare Energien. Modernisierte Windräder werden bereits in wenigen Jahren die doppelte Leistung erzeugen.

Harsefeld. Noch ist es eine Zukunftsvision, doch schon bald könnte sie Realität werden. In fünf oder zehn Jahren könnte Harsefeld nicht mehr auf Strom von externen Anbietern angewiesen sein. Wie Samtgemeindebürgermeister Rainer Schlichtmann erklärt, könnte es sein, dass - wenn die Modernisierung der Windkraftanlagen, das sogenannte Repowering abgeschlossen ist - Harsefeld mehr Strom erzeugt, als es selbst benötigt.

Dass dies keine verrückte Vision ist, bestätigt auch Michael Klüser vom Energieversorger EWE. "Wenn das Repowering abgeschlossen ist, verdoppelt sich die Stromleistung der Windkraftgeneratoren. Dann hätte Harsefeld theoretisch einen Stromüberschuss", sagt der Energieexperte.

Derzeit erzeugen die 37 Windkraftanlagen in der etwa 20.200 Einwohner zählenden Samtgemeinde 58.864 Megawattstunden Strom im Jahr. Hinzu kommen sieben Biomasseanlagen, die weitere 4293 Megawattstunden Strom erzeugen und 357 Solarstromanlagen, die nochmals 3120 Megawattstunden Strom produzieren.

Die in Harsefeld installierte Spitzenleistung aus regenerativen Energien liegt damit bei etwa 66 Megawattstunden. "Sollte das Repowering der Windkraftanlagen wie geplant verlaufen, würden mehr als 120 Megawattstunden Strom erzeugt", sagt Klüser. Die Zahl sei für eine Kommune von der Größe Harsefelds enorm.

Derzeit beziehe die Kommune, so Schlichtmann, etwa 60 Prozent ihres Strombedarfs aus erneuerbaren Energien. Für den Samtgemeindebürgermeister ist diese Entwicklung eine logische Konsequenz der Selbstverpflichtung der Kommune, die als eine von drei Gemeinden in Niedersachsen vom Land den Titel "Klimakommune 2010" erhalten hatte.

"Mit diesem Titel mussten wir quasi jedes Jahr etwas tun, um unsere Klimabilanz zu verbessern", sagt der Samtgemeindebügermeister. Große Sprünge seien aufgrund des überschaubaren Haushaltes der Kommune nicht möglich gewesen, jedoch hätten sich die vielen einzelnen kleineren Maßnahmen seit 1996 in der Summe positiv ausgewirkt.

"Wir haben ganz einfache Dinge getan, wie etwa Energieberichte zu erstellen und Energiesparlampen einzusetzen. Auch unsere Straßenbeleuchtung wird inzwischen schrittweise auf energieeffizientere Lampen umgestellt", sagt Schlichtmann. Zudem sei die energetische Sanierung mehrerer Gebäude angegangen worden.

So ist etwa die Schule in Bargstedt modernisiert worden, um die Heizkosten zu senken, ähnliche Maßnahmen laufen am Schulzentrum an der Jahnstraße. Dort ist inzwischen ein an eine Biogasanlage angeschlossenes Blockheizkraftwerk in Betrieb genommen worden, mit dem etwa ein Megawatt Strom pro Jahr für die Schule erzeugt wird. Der Jahresbedarf der Schule liegt bei rund 1,2 Megawatt. Die Grundschule am Feldkamp wird seit ihrer Eröffnung über ein Blockheizkraftwerk mit Energie versorgt.

Der Rat der Samtgemeinde und auch die Gemeinderäte haben für eine Nutzung der Biogasanlagen und die konsequente Stärkung regenerativer Energiequellen in den vergangenen drei Jahren den Weg frei gemacht. Die Gemeinde spart bei den Energiekosten laut der Verwaltung dank Biogas und Windenergie etwa 20.000 Euro.

Alleine an den Schulen an der Jahnstraße und dem Feldbusch sanken mit dem Einsatz von Blockheizkraftwerken und Biostrom die Energiekosten von früher etwa 15.000 auf inzwischen 8000 Euro pro Jahr. Damit ist auch das Biogas für die Kommune deutlich billiger als herkömmlicher Strom und ein Bereich, in dem für Harsefeld noch weiterer Expansionsraum vorhanden ist. "Bei der Windenergie ist Harsefeld gut aufgestellt, beim Biogas ist die Region aber, verglichen etwa mit Rotenburg, noch im Hintertreffen. Es besteht hier noch ein gutes Entwicklungspotenzial", sagt EWE-Experte Klüser.

Welches Potenzial im Biogas steckt, weiß unter anderem Jan Dammann. Seit 2001 betreibt er mit seinem Vater Friedrich Dammann eine Biogasanlage im Ortsteil Issendorf. "Seit dem Bau der ersten Anlage haben wir bereits 4,4 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr liefern können. 21 Häuser am Baugebiet Büntfeldt werden unter anderem von uns mit Strom versorgt", sagt Jan Dammann. Das entspricht 75 Prozent der dortigen Häuser.

Für 2012 - dann ist die Anlage auf 750 Kilowatt Leistung aufgestockt - rechnet Dammann mit 5,5 Millionen Kilowattstunden Strom, hinzu kommen drei Millionen Kilowattstunden Wärme. "Im Vergleich zu fossilen Brennstoffen sparen wir in Issendorf damit 2400 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr ein", sagt er.

Auch Jürgen Fitschen aus Ahlerstedt versorgt Privatkunden mit Strom. 14 Häuser werden von seiner Biogasanlage versorgt, mehr wäre rein theoretisch möglich, doch 80 Prozent der Leistung braucht der Landwirt für die Versorgung seiner eigenen Anlagen und Gebäude. Die Kosten für eine 500-Kilowatt-Anlage werden von Dammann und Fitschen mit etwa zwei bis 2,8 Millionen Euro angegeben. Kurzfristig rechne sich die Investition nicht, doch langfristig gehe die Rechnung auf, vor allem weil die fossilen Brennstoffe immer teurer werden.

"Wir sind noch längst nicht am Preisgipfel angekommen. Die Kosten werden vor allem wegen der ungebremst steigenden Weltbevölkerungszahl und dem damit steigenden Energiebedarf dauerhaft nach oben gehen", sagt Michael Klüser von der EWE.

Dass immer mehr Energie aus Wind, Wasser, Sonne und Biogas gewonnen wird, sei positiv. Die Netzbetreiber stelle dies aber auch vor große Herausforderungen. "Der Umbau der Netze, um die Energiemengen transportieren zu können, wird für uns die größte Herausforderung der kommenden Jahre sein", sagt Klüser. Bereits jetzt seien mehrere Umspannwerke an ihren Kapazitätsgrenzen angekommen und müssten erneuert werden. So könne die Energiewende funktionieren.