Oliver Friedrich ist Nachfolger von Hans-Otto Gade in der Buxtehuder St.-Petri-Gemeinde. Der Pastor ist zudem ein großer Jazz-Fan.

Buxtehude. Tafel, Winterkirche, Herr im Himmel, der Herr Pastor hat es wirklich nicht leicht. Keine vier Wochen ist Oliver Friedrich jetzt der neue Geistliche in der St.-Petri-Kirchengemeinde in Buxtehude, und allmählich dürfte der Nachfolger von Pastor Hans-Otto Gade ahnen, welches Terrain er da betreten hat. Eine wirkliche Meinung zu den zwei großen Konflikten hat er aber nicht, dazu ist er noch viel zu wenig mit seiner neuen Wirkungsstätte vertraut. Nur so viel mag der 44-Jährige zum aktuell schwelenden Tafelstreit sagen: "Auch wenn es pathetisch klingt, aber es bricht mir das Herz, wenn eine solche Arbeit wie die der Tafel in Buxtehude untergehen würde."

Er bittet deshalb alle Menschen, die guten Willens sind, sich dafür einzusetzen, dass die Arbeit weitergeht. "Ich lade alle ein mitzuhelfen, egal ob evangelisch oder katholisch." Wer wolle, könne sich gerne im Pfarrbüro melden oder direkt bei ihm, in der Alten Lateinschule direkt gegenüber der Petrikirche. Dieses historische Gebäude an der Abtstraße hat der gebürtige Barsinghäuser gemeinsam mit seinem Lebensgefährten, einem Lehrer, bezogen, und dort hat er ebenfalls sein Arbeitszimmer eingerichtet. Durch die hohen Fenster kann quasi jeder von der Straße aus sehen, ob der Pastor gerade zu Hause ist - anklopfen erlaubt.

Offen und immer ansprechbar wolle er für die Buxtehuder sein, sagt Friedrich. Im Pfarrbüro an der Hansestraße bietet er deshalb eine feste, wöchentliche Sprechzeit an, dienstags von 9 bis 11 Uhr. Da passt es ins Bild, dass für ihn die Seelsorge, der direkte Kontakt zu den Gemeindemitgliedern, an oberster Stelle steht. Dass er dazu zunächst einmal das Vertrauen der Menschen gewinnen muss, versteht sich von selbst. Erfahrung bringt er jedenfalls mit: Von Juni 2008 bis zu seinem Amtsantritt in Buxtehude war er Pastor in Ingeln-Oesselse bei Laatzen. Als er dort anfing, habe er sofort gemerkt, dass die Herzen in der Kirchengemeinde offen waren, erzählt er. Eine ähnliche Erfahrung erhofft er sich in Buxtehude.

Vor seiner Arbeit in Ingeln-Oesselse war Friedrich acht Jahre Schulpastor an den Berufsbildenden Schulen in Hildesheim. Sein Theologiestudium hat er in Marburg und Hamburg absolviert, das Vikariat verbrachte er in Embsen im Landkreis Lüneburg. Um als Schulpastor tätig zu werden, musste er ein Sondervikariat vorweisen, für das er in die Estestadt kam. Einige Buxtehuder kennen ihn vielleicht aus dieser Zeit.

Über die Aufgaben eines Pastors in der heutigen Zeit macht sich Friedrich keine Illusionen: "Meine Pastorengeneration ist die, die mit dem Abbau lebt." Die Zahl der Kirchenmitglieder sinkt kontinuierlich, das hat er bereits in Ingeln-Oesselse erlebt, wo die Zusammenlegung von Kirchengemeinden auf der Tagesordnung stand. "Da stößt man natürlich überall auf Widerstände." Doch um Veränderungen kämen Gemeinden nicht mehr umhin.

Mit Hilfe von neuen Gottesdienstformen möchte Friedrich vor allem der mittleren Generation etwas Neues anbieten. In seiner alten Kirchengemeinde habe er beispielsweise die Reihe "Talk and pray" ausprobiert, für die er ein rotes Sofa in die Kirche schaffte, erzählt er. Ein geladener Gast nahm darauf Platz und sprach während des Gottesdienstes mit ihm über gesellschaftliche Themen. Einmal kam sogar die ehemalige Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn vorbei.

Zudem hält er es für denkbar, verstärkt Filmsequenzen in den Gottesdienst einzubauen oder eine "Traumkirche zur Nacht" nach 22 Uhr auf die Beine zu stellen. All diese Dinge, das stellt er klar, würde er aber nur machen, wenn sie auf Zustimmung in der Gemeinde stoßen. "So etwas kann man als Pastor nicht einfach alleine durchsetzen, man braucht dazu Menschen, die mitmachen."

Und wie sieht es aus, wenn der Pastor nicht mehr Pastor, sondern Oliver Friedrich, der Privatmensch, ist? "Ich liebe Kunst und Theater und bin ein großer Jazz-Fan." Die Nähe zu Hamburg kommt ihm da sicherlich gelegen. Ein Hund soll bald ebenfalls mit in die Alte Lateinschule ziehen, am liebsten ein Mischling aus dem Tierheim, der gemeindetauglich ist. Seine Ankündigung, für alle immer ansprechbar zu sein, dürfte sich jedoch nicht auf den Sonntagabend beziehen: Von 20.15 Uhr an ist dann für ihn Tatort-Zeit, und die sollte möglichst ohne Störungen verlaufen. Per Livestream schaut er sich jede Folge im Internet an - einen Fernseher besitzt er nämlich nicht.