Immer weniger Betriebe zahlen die Zulage. Dow Chemical und Unilever tun es noch, die Elbe-Kliniken machen große Unterschiede.

Stade/Buxtehude. Derzeit bereiten sich Kaufhäuser, Geschäfte und Boutiquen auf den großen Ansturm vor Weihnachten vor. Mit mehr Freude einkaufen geht, wer Weihnachtsgeld erhält. Doch längst nicht jeder bekommt die Leistung, die traditionell im November ausgezahlt wird, heutzutage noch.

Im Landkreis Stade des Jahres 2011 ist die Lage kompliziert. So bleibt bei vielen Bürgermeistern und Gemeindedirektoren der Gabenteller leer. Ein Schicksal, das sie etwa mit den Lkw-Fahrern teilen. Reinigungskräfte hingegen, die vielleicht auch die Büros jener Bürgermeister sauber machen, können sich glücklicher schätzen. Sie erhalten immerhin 90 Prozent eines Monatsgehalts als Zulage - sofern sie beim Land Niedersachsen angestellt sind. Richtig fröhliche Weihnachten hat etwa der Schlosser, der im Stader Chemiewerk der Dow arbeitet: Er bekommt ein volles 13. Monatsgehalt.

Unterschiede, wohin man blickt. Diese nehmen, folgt man einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung, eher zu- als ab. Dem Gutachten des gewerkschaftsnahen Instituts zufolge erhalten immer weniger Arbeitnehmer in Deutschland Weihnachtsgeld. In diesem Jahr seien es mit 55 Prozent nur etwas mehr als die Hälfte der Beschäftigten. Weiterhin seien die Chancen, in den Genuss der Sonderzahlung zu kommen, ungleich verteilt. Je größer das Unternehmen und je höher das Einkommen, desto größer die statistische Chance auf Weihnachtsgeld.

Ein Blick auf den Landkreis Stade bestätigt diese Ergebnisse - teilweise. Dow Chemical, eines der größten Unternehmen des Landkreises, entspricht mit seinem Verhalten einer der Kernthesen des Gutachtens. "Bei uns gibt es für alle Mitarbeiter ein volles 13. Monatsgehalt. Teilzeit-Arbeiter bekommen einen entsprechenden Anteil", sagt Joachim Sellner, Sprecher der Stader Dow. Dies regele ein eigener Haustarif für alle 1500 Mitarbeiter in Stade, unter ihnen Chemikanten, Schlosser, Laboranten und Ingenieure.

Auch bei der Buxtehuder Niederlassung des Verbrauchsgüter-Riesen Unilever weihnachtet es. "Wir zahlen nach dem Tarifvertrag der chemischen Industrie", sagt Werksleiter Uwe Wölfel. Für seine 420 Mitarbeiter die - etwa als Chemikanten, Schlosser und Elektriker - Produkte wie "Dove"-Seife und "Axe"-Deo herstellen, heißt das: Sie bekommen sogar 1,2 Monatsgehälter. Diese werden allerdings in drei Raten ausgezahlt, die über das Jahr verteilt werden. Im November ist die letzte dran.

Ausgerechnet das Land Niedersachsen verhält sich gegensätzlich zu den Thesen des Gutachtens. So erhalten viele der Beamten und Angestellten, die im Landkreis Stade arbeiten, kein Weihnachtsgeld. Allerdings ist die Chance für gut verdienende Mitarbeiter mitnichten größer, Weihnachtsgeld zu bekommen, als für Geringverdiener - es verhält sich gerade umgekehrt.

Schon im Jahr 2004 griff das Land zum Rotstift und strich sämtlichen Beamten das Weihnachtsgeld zusammen. Seitdem erhalten Staatsdiener der höheren Besoldungsstufen, unter ihnen Bürgermeister und Gemeindedirektoren, die Zulage gar nicht mehr. Es sei denn, sie haben einen Anspruch auf Kindergeld: In diesem Fall erhalten sie pro Kind 120 Euro, ab dem dritten Kind sind es 400 Euro. Beamte des einfachen und mittleren Dienstes, etwa Sachbearbeiter, bekommen zu Weihnachten eine Zahlung von 420 Euro.

Für Angestellte gilt der Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes - und der sieht nach wie vor eine Weihnachtsgeldzahlung vor. "Höherverdiener bekommen 60 Prozent eines Monatsgehalts, Geringverdiener 90 Prozent", sagt Eckhart Lantz, Erster Kreisrat des Landkreises Stade. Beschäftigte mit akademischer Ausbildung, wie etwa Juristen, erhalten demzufolge 60 Prozent, Raumpflegerinnen und Verwaltungsangestellte 90 Prozent.

Wie unterschiedlich die Sache mittlerweile gehandhabt wird, macht auch ein Blick auf die Elbe-Kliniken deutlich. Bei dem Krankenhaus-Unternehmen, für das in Stade und Buxtehude rund 1800 Menschen arbeiten, gelten vier verschiedene Regelungen.

"Etwa 60 Prozent bekommen Weihnachtsgeld, als Angestellte des öffentlichen Dienstes", sagt der Betriebsratsvorsitzende Kai Holm. Doch in dieser Gruppe befinden sich nur Mitarbeiter, die vor 2004 eingestellt worden sind. Rund 30 Prozent, so Holm, arbeiten mittlerweile für eine Personaldiensleistungsgesellschaft. Diese zahlt an ihre Mitarbeiter, zu denen etwa Pfleger zählen, pauschal 1000 Euro. Ärzte hingegen erhalten ein Weihnachtsgeld auf tariflicher Basis, das der Marburger Bund ausgehandelt hat. Führungsmitarbeiter hingegen handeln ihr Weihnachtsgeld selbst aus.

Letztlich sind es die betrieblichen und individuellen Regelungen, die sich immer stärker ausweiten. Das betrifft etwa Lkw-Fahrer, deren Weihnachtsgeldansprüche nicht tariflich geregelt sind. Ob man welches zahle? "Kein Kommentar!" lautet die Antwort vonseiten des Harsefelder Transportunternehmens Schlichtmann. Auskunftsfreudiger dagegen das Autohaus Tesmer, das in Buxtehude und Stade Filialen hat: "Wir zahlen freiwillig Weihnachtsgeld. Je nach Betriebszugehörigkeit beträgt es 50 Prozent eines Gehalts", sagt Carsten-Nicolas Bleick, Assistent des kaufmännischen Leiters.