Jeder fünfte Lkw-Fahrer in der Region geht bis 2016 in den Ruhestand. Selbst ausbilden ist für Betriebe oft schwierig. Der Nachwuchs fehlt.

Jork/Stade. Den Berufskraftfahrern im Landkreis Stade fehlt der Nachwuchs. Eine aktuelle Umfrage der Stader Industrie- und Handelskammer (IHK) hat ergeben, dass in den nächsten fünf Jahren jeder fünfte Berufskraftfahrer ersetzt werden muss. Die "Peter Rieper GmbH & Co" aus Jork beispielsweise hat auf den drohenden Fachkräftemangel reagiert. Zum ersten Mal bildet das Unternehmen selbst einen Lkw-Fahrer aus. Doch das können viele Betriebe nicht leisten.

In diversen Bereichen fehlen schon heute die Fachkräfte. Der demografische Wandel wird diese Situation in den kommenden Jahren noch verschärfen. Gerade bei den Berufskraftfahrern komme es zunehmend zu Engpässen, sagt Marc Wilken, Referent für Standortentwicklung und Infrastruktur der IHK Stade. Eine aktuelle Umfrage der Handelskammer in Zusammenarbeit mit der Quell Bildungskonzepte GmbH verdeutlicht das Problem.

Insgesamt haben 71 Unternehmen aus der Region an der Umfrage teilgenommen. Darunter finden sich neben Spediteuren und Logistikern auch mittelgroße Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes mit eigenem Lkw-Fuhrpark oder Lebensmittelbetriebe, Handelsunternehmen und Personenbeförderungsunternehmen. Weil die meisten der teilnehmenden Betriebe kleine und mittlere Unternehmen sind, werde die Struktur im Verkehrsgewerbe in der Region gut widergespiegelt, sagt Wilken. Das Umfrageergebnis zeige deutlich den Handlungsbedarf.

In jedem zweiten Unternehmen liegt der Altersdurchschnitt der Fahrer zwischen 46 und 55 Jahren. Es kündigt sich bereits ein Generationenwechsel an. Die Befragung ergab, dass in den nächsten fünf Jahren 20 Prozent der Fahrerstellen neu besetzt werden müssen. Das heißt bis zum Jahr 2016 scheidet jeder fünfte Berufskraftfahrer aus, sofern die Beschäftigtenzahl in der Branche stagniert. Bundesweit ist die Situation noch dramatischer.

In den nächsten 15 Jahren scheidet ein Drittel aller Kraftfahrer aus dem Beruf aus. Allerdings würde die Zahl der benötigten Fahrer sogar noch steigen, wenn mit dem allgemein prognostizierten Wachstum des Güterverkehrsaufkommens auch ein Beschäftigungswachstum bei den Verkehrsunternehmen einhergehe, sagt Wilken. Deshalb müssten sich die Unternehmen schon jetzt verstärkt um das Thema Mitarbeitergewinnung kümmern.

Eine Möglichkeit wäre selbst auszubilden, was jedoch in lediglich elf Prozent der befragten Unternehmen geschieht. "Selbst auszubilden ist eine gute Möglichkeit, eine vorausschauende Personalplanung zu betreiben und junge Mitarbeiter frühzeitig an den Betrieb zu binden", sagt Marc Wilken.

Das hat auch "Peter Rieper" in Jork erkannt. "Wir bilden zum ersten Mal einen Berufskraftfahrer selbst aus", sagt Geschäftsführer Johann Rieper. Diese Entscheidung sei mit Blick auf den drohenden Fachkräftemangel getroffen worden. "Rein rechnerisch wird es ein Problem werden", sagt Rieper. Das Jorker Unternehmen beschäftigt momentan 25 Berufskraftfahrer. Bislang sei Rieper zufrieden mit dem Auszubildenden, der jetzt im zweiten Lehrjahr ist. Doch Berufskraftfahrer auszubilden sei nicht einfach und deshalb für viele Betriebe keine Option.

Zum einen ist der Führerschein ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung. Das heißt, die Auszubildenden müssen das entsprechende Alter haben. Bis der Auszubildende dann den Führerschein hat, vergeht auch noch Zeit. Das heißt, Auszubildende zum Berufskraftfahrer müssen zunächst anderweitig eingesetzt werden. Bei Rieper werden insgesamt 49 Mitarbeiter beschäftigt. Neben der Spedition gibt es auch eine eigene Werkstatt und einen Reifendienst.

Dort werde der Auszubildende im ersten Lehrjahr eingesetzt, um ein Verständnis für die Technik im Fahrzeug zu bekommen und die Nebenbereiche des Berufes kennen zu lernen. Dennoch sei es, so Rieper, insgesamt schwieriger einen Kraftfahrer auszubilden als beispielsweise einen Bürokaufmann. Das liegt auch an fehlenden Bewerbern, die geeignet sind. Die Anforderungen an die Fahrer seien in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen, und es gebe sehr viele Restriktionen und Auflagen, sagt Rieper.

So werde der Führerschein beispielsweise auf fünf Jahre befristet, danach müssen Nachschulungen absolviert werden. Zudem müssten Fahrer alle fünf Jahre auf ihre gesundheitliche Eignung untersucht werden. Das Jorker Unternehmen möchte in Zukunft auch weiterhin ausbilden. Zunächst soll der erste Auszubildende allerdings seine Lehre erfolgreich abschließen.

"Wer bei uns ausgebildet wird, kennt dann auch sofort die Spielregeln im Betrieb", sagt Johann Rieper. Das sei ein großer Vorteil. Neue Berufskraftfahrer müssten sich immer erst in den Betrieb und die Strukturen einarbeiten. Das könne in diesem Bereich schon ein Jahr dauern.