Großbauprojekt geplatzt: Der Neubau am Natureum kann nicht finanziert werden. Rund eine Million Euro Fördermittel waren bereits bewilligt.

Balje. Der angestrebte millionenschwere Neubau am Natureum Niederelbe in Balje ist Geschichte. Das seit mehr als zehn Jahren geplante Großbauprojekt "Küstenwelten" scheitert an der Finanzierung. Das wirtschaftliche Risiko war letztlich zu groß. Vor allem fehlten aber Sicherheiten für Kredite, um das rund zwei Millionen Euro teure Vorhaben zu stemmen.

Es sollte eine neue touristische Attraktion für die Region Kehdingen sein, das Projekt "Küstenwelten". Geplant war eine insgesamt knapp 2500 Quadratmeter große Halle in Form einer Meerassel direkt am Ostesperrwerk. Darin sollte die Elbmündung und ihre Beziehungen zur Welt in moderner Form interaktiv dargestellt werden.

Mehr als zehn Jahre lang haben der Vorstand und das vom Stader Kreistag gebildete Kuratorium der Stiftung Natureum auf die Planung und Finanzierung des Vorhabens hingearbeitet. Dabei wurden erhebliche Fördermittel in Höhe von etwa eine Million Euro aus Mitteln der Bundesumweltstiftung, der Metropolregion und der Europäischen Union eingeworben. Das insgesamt rund zwei Millionen Euro teure Bauprojekt war bereits ausgeschrieben.

Allerdings durften die Aufträge nicht vergeben werden. Es musste ein Kredit in Höhe von 600 000 Euro aufgenommen werden, um das Projekt zu finanzieren. Doch daran scheiterte es. Die Kreissparkasse Stade verlangt jetzt für die Summe eine Bürgschaft. Die Stiftung kann dies nicht leisten, der Landkreis Stade darf es nicht. Derartige Bürgschaften von Kommunen untersagt das Land Niedersachsen. Die einzige Sicherheit, die die Stiftung bieten könne, sei der Bestand. "Doch der Grund und Boden reicht nicht", sagt Eike Ingwer Schmidt, ehrenamtlicher Vorstand der Stiftung. Gemeinsam mit dem hauptamtlichen Vorstand, Dr. Clivia Häse, habe Schmidt sich lange beraten. Schweren Herzens entschieden sie sich gegen die "Küstenwelten". "Ich bedaure das endgültige Ende der neuen Attraktion für das Natureum, weil ich mir dadurch einen erheblichen Anstieg der Besucherzahlen versprochen hatte", sagt Häse.

Zuletzt zählte das Natureum rund 40 000 Besucher im Jahr. Es wurde am 6. Juli 1990 eröffnet. Inzwischen gibt es einen Mini-Küstenzoo, Freilichtausstellungen, Biotoplandschaften, Kinderspielplätze und Mitmach-Abteilungen für kleine Naturforscher. Dazu im Gebäude neue Terrarien und Aquarien, Ausstellungen und Sonderveranstaltungen. Um den Betrieb aufrechtzuerhalten zahlt der Landkreis Stade jährlich 440 300 Euro.

Wie Stiftungs-Vorstand Eike Schmidt erläutert, barg der Neubau jedoch ein hohes finanzielles Risiko. Um als Stiftung unabhängig zu werden, müssten mindestens 50 Besucher täglich mehr ins Natureum kommen, zudem müssten die Eintrittspreise um zwei Euro erhöht werden.

Für Heinrich von Borstel aus Wischhafen kam die Entscheidung überraschend. Der 75-Jährige war bis zuletzt Vorsitzender des sechsköpfigen Kuratoriums der Natureum-Stiftung. In der heutigen Kreistagssitzung soll das Kuratorium neu besetzt werden. Von Borstel ist enttäuscht vom endgültigen Ende des Großprojekts. Noch mehr enttäusche ihn allerdings das Verhalten der Kreissparkasse (KSK) Stade. Bis zum Schluss habe die KSK dem Kuratorium nichts davon gesagt, dass eine Bürgschaft erforderlich sei. Jahrelang habe fest gestanden, dass ein Kredit in Höhe von 350 000 Euro aufgenommen werden müsste, sagt von Borstel. Letztlich wurde das Projekt jedoch 250 000 Euro teurer.

Dennoch sei von Borstel "sehr entsetzt und sehr traurig über die Handhabe der KSK". Schließlich ist das Kreditinstitut förderndes Mitglied im Kuratorium. Doch trotz seiner Enttäuschung weiß von Borstel, dass es nun "nicht mehr rückgängig zu machen" sei. Sorgen macht sich von Borstel nun um das Natureum. "Ich hoffe nicht, dass es der Tod auf Raten ist, aber ich befürchte es." Seiner Ansicht nach hätten die "Küstenwelten" das Natureum nach vorne gebracht. Jetzt befürchte er, dass sich die Besucherzahlen höchstens stabilisieren ließen. Außerdem seien Planungskosten in Höhe von rund 200 000 Euro "in den Sand gesetzt" worden. Auch die bewilligten Fördermittel seien nun weg.

Diesen Pessimismus teilt der Vorstand der Stiftung nicht. Er hofft, Teile der Fördermittel retten zu können. Dass etwas passieren muss, darüber ist sich der Stiftungs-Vorstand einig. Schließlich sei laut Schmidt viele Jahre nicht nur für das Vorhaben gearbeitet worden, sondern es sei insbesondere in so erheblichem Umfang gespart worden, dass die Pflege der vorhandenen Einrichtung und des Elbe-Küsten-Parks nicht in dem erforderlichen Umfang möglich war.

Der Vorstand könne und wolle sich jetzt darauf konzentrieren, die bestehende Einrichtung und den Park neu und attraktiver zu gestalten. Der Vorstand hofft dafür einen Teil der für den Neubau zugesagten Fördermittel aufwenden zu dürfen. Schmidt schätzt, dass etwa 400 000 Euro investiert werden müssten. Doch der Traum der "Küstenwelten" ist ausgeträumt.