Bedenken beim Deichverband gegen Umsetzung des Buxtehuder Hochwasserschutzes . Grund ist unklare Rechtslage

Buxtehude/Stade. Buxtehuder Bürger, die sich eine schnelle Umsetzung der geplanten Deichbaumaßnahmen gewünscht haben, werden auf eine neue, harte Geduldsprobe gestellt. Nach der derzeitigen Lage ist es alles andere als klar, ob der Deichverband der II. Meile Alten Landes, der für die Planung zuständig war, das Projekt überhaupt noch umsetzen wird. Der Grund ist, dass die gesetzlichen Kompetenzen für den Deichbau wesentlich unklarer geregelt sind, als bisher vonseiten des Deichverbandes und auch vonseiten der Stadt Buxtehude angenommen.

"Der Deichverband ist nicht zum Bau von Deichen verpflichtet. Nur zum Unterhalt bestehender Deiche", sagte Friedrich Tönjes, technischer Berater des Deichverbandes, am Donnerstagabend gegenüber den konsternierten Mitgliedern der Bürgerinitiative "Hochwasserschutz für Buxtehude". Der Deichverband könne von Gesetzes wegen zwar einen Deich bauen, müsse es aber eben nicht. Diese Einschätzung bestätigte gestern auch der Stader Kreisbaurat Hans-Hermann Bode gegenüber dem Abendblatt.

Die Krux dabei: Weil die Verpflichtung zum Bau nach dem Niedersächsischen Deichgesetz nicht besteht, wäre der Deichverband unter bestimmten Bedingungen entschädigungspflichtig gegenüber den Besitzern von Grundstücken, die durch den Deichbau beeinträchtigt wären. Weil diese Befürchtung schon vorher bestand, hatte sich der Deichverband beim Niedersächsischen Umweltministerium und beim Landkreis Stade um eine Klarstellung der Rechtslage bemüht. Die liegt nun vor - und sorgt für große Verunsicherung bei Mitgliedern des Deichverbandes, wie Tönjes darlegte. Denn der Deichverband müsste solche Entschädigungen möglicherweise aus seinen eigenen Mitteln leisten - den Beiträgen der gesetzmäßigen Mitglieder, bei denen es sich um ganz normale Anwohner der Este handelt.

Erst im April dieses Jahres hatte der Niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) für eine Wende in der Diskussion um den Hochwasserschutz gesorgt. Nach einem Besuch in Buxtehude erklärte er, das Planfeststellungsverfahren - das zu dem Zeitpunkt noch gar nicht eingeleitet war - werde für "mindestens ein halbes Jahr" ruhen. Der Deichverband wollte im Sommer dennoch die betreffenden Unterlagen einreichen und damit das Verfahren einleiten. "Der Deichverband als Träger ist selbstverantwortlich und nicht weisungsgebunden", sagte dazu gestern Friedrich Tönjes gegenüber dem Abendblatt. Die Klärung der Rechtslage verzögerte jedoch die Abgabe der Unterlagen bei der Planfeststellungsbehörde, dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) in Lüneburg.

Am 6. Oktober stimmt der Verband über das Vorgehen ab

Ob der Deichverband den Antrag jetzt, angesichts der neuen Lage, überhaupt noch einreicht, entscheidet sich voraussichtlich am Donnerstag, 6. Oktober. Nach der derzeitigen Planung wird die Meilversammlung des Verbandes dann über das Vorhaben abstimmen. "Ich kann nicht sagen, ob es eine Mehrheit geben wird", so Tönjes.

Wer ist zuständig für den Bau neuer Deiche, wenn nicht der Deichverband? Und wer könnte den Deich in Buxtehude noch bauen, wenn es der Deichverband nicht mehr tut? Gibt es eine Behörde, die zu dieser Maßnahme verpflichtet wäre?

"Im Deichgesetz ist es nicht geregelt. Das Gesetz wurde vor dem Hintergrund geschrieben, dass alle Deiche schon da sind", sagt dazu Kreisbaurat Hans-Hermann Bode. Deshalb gebe es keine gesetzliche Verpflichtung zum Bau, sondern nur "mögliche Träger" einer solchen Maßnahme. Das könnten der Landkreis, die Stadt oder ein anderer Verband sein. In jedem Fall aber sei der Deichverband - als späterer Träger - für Entschädigungen zuständig.

Ob es sich dabei um eine Gesetzeslücke handelt, will Bode nicht kommentieren. Er sagt aber auch: "Ich glaube nicht, dass in relevanter Höhe Entschädigungszahlungen auf den Verband zukommen würden. Uns ist kein Fall bekannt, in dem so etwas passiert ist." Auch Friedrich Tönjes teilt diese Ansicht.

Friedrich Tönjes sieht die Stadt Buxtehude in der Pflicht

In einem wesentlichen Punkt hat er allerdings eine andere Ansicht als Bode. Diese betrifft den der Deichbau-Pflicht. Seiner Meinung nach gibt es sie sehr wohl - und sie betrifft vor allem Buxtehude. "Ich sehe die Stadt in einer hohen Verpflichtung", sagte Tönjes gestern. Schließlich habe Buxtehude in den vergangenen Jahrzehnten in hochwassergefährdeten Gebieten Neubaugebiete ausgewiesen. Zudem habe Buxtehude vor Jahrzehnten bereits Verwallungen gebaut, etwa im Stadtpark.

Wird Buxtehude am Ende Bauherr der Deiche, wenn der Deichverband am 6. Oktober ablehnt? Und wer zahlt dann die Maßnahme? Dass auf den frisch gewählten Rat einiges zukommen könnte, ahnte am Donnerstagabend Astrid Bade, die künftige SPD-Fraktionschefin, die auch bei der Versammlung zugegen war. "Das wird alles neu betrachtet werden müssen", sagte sie und betonte gleich, keinen "Millionenscheck" in der Tasche zu haben. Die neue Lage beim Deichverband bezeichnete sie schlicht als "Schock".