Nach einem knappen Jahr kann die frisch restaurierte Arp-Schnitger-Orgel am Sonntag in St. Mauritius in Hollern wieder bewundert werden.

Hollern-Twielenfleth/Mittelnkirchen. Am kommenden Sonntag ist der "Tag des offenen Denkmals". Wer bei dieser Gelegenheit die St. Mauritius-Kirche in Hollern besucht, kann dort die frisch restaurierte Arp-Schnitger-Orgel bewundern. Das kostbare Kircheninstrument wurde für rund 600 000 Euro etwa ein Jahr lang saniert, repariert und wieder in seinen Originalzustand versetzt. Die mehr als 300 Jahre alte Hollerner Orgel war die letzte nicht restaurierte Schnitger-Orgel. Im März vergangenen Jahres wurde das Instrument abgebaut und in die Werkstatt nach Leer gebracht. Dort wurden das Pfeifenwerk ausgebaut, das Gehäuse rekonstruiert, der Windladen restauriert und die Mechanik wiederhergestellt.

In Jahrzehnten zuvor hatte es mehrere Umbauten gegeben, die der Orgel und ihrem Klang geschadet hatten. Die einst frei stehenden Pfeifen wurden mit einer massiven Brüstung zeitweilig abgedeckt, das Brustwerk ausgetauscht, die mit Eisenwinkeln versehene Mechanik mit billigem Kunststoff bestückt. Zudem tauschten offenbar unbedarfte Handwerker das mechanische Gebläse gegen ein pfeifendes, elektrisches Gebläse aus und legten die historische Orgel wie einen Sportwagen einfach tiefer. Viele kostbare Originalteile, die nach diesen Umbauten übrig waren, wurden weggeworfen und gingen unwiederbringlich verloren. Hendrik Ahrend, der Orgelbauer aus Leer in Ostfriesland war die letzte Hoffnung der Kirchengemeinde, die historische Orgel doch noch zu retten und den Pfusch auszubügeln.

"Mehr als ein Jahr hat der Orgelbauer daran gearbeitet, das Puzzle akribisch nach historischer Bauweise zusammenzufügen", sagt Pastor Uwe Junge aus Steinkirchen. Glücklicher Umstand sei gewesen, dass die Hollerner Orgel quasi die kleine Schwester der größeren Steinkirchener Orgel war. Der Stader Organist Martin Böcker und Professor Harald Vogel, der 1972 die Norddeutsche Orgelakademie gründete, hatten aus Archiven originale Bauunterlagen von Schnitger zusammengetragen, die dem Orgelbauer als Vorlagen dienten, so Junge. Im Juni wurde die Schnitger-Orgel in die Hollerner Kirche zurückgebracht, wo sie sich zunächst akklimatisieren und an die Luftfeuchtigkeit anpassen musste. Dann wurde das Instrument vier Wochen lang gestimmt.

Nun steht die Orgel wieder in Hollern unter ihrem hölzernen Tonnengewölbe und über einem schlicht gestalteten Sakralraum. Zu danken ist dies nicht nur dem Orgelbauer Ahrend, der in Handarbeit alle historischen Bauteile originalgetreu gefertigt hat, sondern einer außergewöhnlichen Initiative der Bürger und der Kirchengemeinde. Anstoß dazu hatten der künstlerische Leiter der Stader Orgelakademie, Martin Böcker und der Stader Pastor und Orgelexperte Peter Golon gegeben.

"2001 gründeten Freunde der Orgel einen Verein, um das wertvolle Instrument vor dem Verfall zu retten", sagt Peter Golon, Pastor im Ruhestand. "Eine wunderbare Sache waren auch die Pfeifenpatenschaften, die von verschiedenen Gemeindemitgliedern für viele der der Pfeifen übernommen haben", sagt Pastor Junge.

Verschiedene Stiftungen, die Landeskirche Hannover, die Klosterkammer Hannover sowie Unternehmen und viele private Spender haben das ehrgeizige Projekt unterstützt. Um die Arbeiten von der renommierten Orgelbauwerkstatt Ahrend in Leer finanzieren zu können, habe man unter anderem Konzerte und Feste organisiert, "Orgelwein" und ausgebaute Orgelpfeifen verkauft, so Golon.

Wie Orgelbauer Ahrend und seine Mitarbeiter die Hollerner Orgel in jenen Zustand zurückverwandelten, genau so, wie Arp Schnitger sie unter Fachberatung von Vincent Lübeck im Jahre 1690 schuf, hat Peter Golon in einer Dokumentation im Auftrag des Arp-Schnitger-Kreises verewigt. "Die Schnitgerorgel in St. Mauritius zu Hollern" (ISBN978-3-931879-49-5) ist für 9,50 Euro in der Kirche und den Gemeindebüros erhältlich.

"Damit wurde der Orgellandschaft zwischen Elbe und Weser ein Instrument zurückgegeben, das neben seinen Schwestern durchaus bestehen kann", sagt Golon. Für 70 000 Euro fachkundig restauriert wurde auch die Schnitger-Schreiber-Orgel in St. Bartholomäus zu Mittelnkirchen. Der ostfriesische Orgelbauspezialist Bartelt Immer hat das Altländer Prunkstück originalgetreu restauriert, so dass es am Tag des offenen Denkmals ebenfalls ein interessantes Ziel für Besucher ist.

Arp Schnitger und Johann Matthias Schreiber schufen das bautechnische Meisterwerk, das in der gesamten Region von besonderer Bedeutung ist. Schnitger reparierte die alte Orgel, die bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Mittelnkirchener Gotteshaus stand und baute sie mit einem neuen Brustwerk mit acht Registern zu einem zweimanualigen Instrument um. Zudem verlieh er dem Werk mit einer neuen 8-Fuß- sowie einer 16-Fuß-Trompete größere Erhabenheit.

Die Mittelnkirchener Orgel ist die einzige Dorforgel, die heute noch über eine originale Manual-16-Fuß-Trompete aus dem norddeutschen Barockzeitalter verfügt. Der Glückstädter Orgelbauer Johann Matthias Schreiber vollendete 1753 den von Arp Schnitger begonnen Umbau der Orgel. Etwa 8,3 Millionen Klangkombinationen kann ein Organist einer mittelgroßen Orgel mit 23 Registern entlocken.

Weltweit erklingen die Orgeln Schnitgers noch in Holland, Spanien, Russland, Portugal und sogar Brasilien. 30 seiner Instrumente sind noch erhalten, 14 davon stehen in Deutschland. Wer sich für die Orgellandschaft entlang der Elbe interessiert, kann am Tag des offenen Denkmals allein in dieser Region zahlreiche Kircheninstrumente vergleichen.

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat den diesjährigen Tag des offenen Denkmals unter das Motto "Romantik, Realismus, Revolution - Das 19. Jahrhundert" gestellt.

www.tag-des-offenen-denkmals.de