Bei der Kommunalwahl am 11. September treten im Landkreis Stade vier prominente Einzelkämpfer an.

Stade. Sie sind die Außenseiter, die Einzelkämpfer, diejenigen, die mehr noch als andere darauf hoffen, genügend Stimmen für ein Mandat in den Räten zu bekommen: der Linken-Kreistagspolitiker Benjamin Koch-Böhnke, der parteilose Stader Apotheker Jamal Said, Horst Deede als Gründer der Unabhängigen Bürgerliste Stade (UBLS) und der Spitzenkandidat für den Kreistag von der "Partei der Vernunft", Hinrich Rohbohm aus Jork.

Die Chance, dass alle vier ein Mandat von den Bürgern erhalten ist nicht gering, denn sie sind keine Unbekannten. Koch-Böhnke sitzt bereits als Einzelkämpfer im Stader Kreistag, war dort oft unbequem. "Wir sind eine Alternative, deshalb wurde ich im Kreistag angefeindet", sagt der Linken-Politiker.

Seine Aufgabe sei es, auch mal den Finger in die Wunde zu legen. Zum Beispiel bei der Art, wie Entscheidungen gefällt werden. "Immer mehr Entscheidungen werden in den nicht-öffentlichen Verwaltungsausschuss wegdelegiert. Das ist demokratiefeindlich und im Grunde ein Betrug am Bürger", sagt der 32-jährige Lagerlogistiker. Entscheidungen müssten transparent und nicht hinter verschlossenen Türen gefällt werden. Und dafür wolle er in den kommenden Jahren weiter kämpfen. "Noch bin ich der einzige Linke im Kreistag. Wir hoffen aber, einen zweiten Sitz dazu zu gewinnen", sagt der Buxtehuder.

Der 54-jährige Jamal Said hofft auf sein erstes politisches Mandat. Der Apotheker, der auch für Robin Aid in Afghanistan arbeitet, kandidiert für den Stader Rat und will sich dort für eine bessere Integrationsarbeit, für einen Erhalt des Einzelhandels und für einen weiteren Ausbau der Infrastruktur einsetzen. Die Interessen der anderen Parteien will er nicht vertreten. "Mir geht es darum, ein echter Ansprechpartner für Bürger zu sein. Ich will mit ihnen die Themen beraten, bevor ich eine Entscheidung fälle", sagt Said.

Die Politik müsse wieder bürgernäher sein. Und das will er erreichen. Dass er als gebürtiger Afghane eine Sonderstellung im Vergleich zu den Parteien einnimmt, könnte ihm, so glaubt er, zum Vorteil gereichen. "Meine Erfahrungen aus Afghanistan helfen mir, die guten Seiten in Stade zu erkennen, wie etwa die sehr hohe Sicherheit", sagt er. Und es klinge auch anders, wenn er über Integration und gleiche Bildungschancen für Migrantenkinder spreche, als wenn dies die großen Parteien machen. "Ich habe da als Afghane einfach andere Erfahrungen als die meisten Ratspolitiker", sagt der Stader.

Dass er in den Rat kommt, dessen ist er sich ziemlich sicher. "Die Rückmeldungen sind sehr positiv und soviel Rückendeckung aus der Bevölkerung hatte ich ehrlich gesagt gar nicht erwartet", sagt Said. Sollte er doch nicht genügend Stimmen gewinnen, den Stadern wäre er nicht böse. "Ich wäre nicht geknickt, alleine die Erfahrung ist das Engagement wert. Wenn ich nicht in den Rat komme, ist das halt so. Das ist Demokratie", sagt der Stader.

Horst Deede sorgte 2010 für Schlagzeilen, als er aus Protest die Stader CDU verließ und fortan als Unabhängiger im Stadtrat saß. Der Wiepenkathener kündigte später an, eine eigene Partei gründen zu wollen und fand mehrere Bürger, die mit ihm im Stader Rat und Wiepenkathener Ortsrat mitmischen wollen. Nun hofft Deede als einer der Spitzenkandidaten der UBLS erneut in den Stadtrat einzuziehen. "Wir wollen dort unter anderem erreichen, dass der Rat verkleinert wird, denn es sitzen zu viele da drinnen, die wenig Kompetenz aufweisen", sagt Deede. Außerdem will er dafür sorgen, dass die Stadt sauberer wird und den "Mauscheleien der CDU" ein Riegel vorgeschoben wird. "Meine Chancen in Wiepenkathen sind nicht schlecht, aber ich hoffe, dass wir zwei Mandate für den Stadtrat bekommen", sagt Deede.

Auch Hinrich Robohm verließ einst die CDU. Der Jorker Kreistagspolitiker ist nun, wie Deede, Mitglied einer anderen politischen Gruppierung: der "Partei der Vernunft". Als ein Spitzenkandidat der Partei kämpft er darum, sein Kreistagsmandat zu behalten. "Ich schätze, dass ich eine Chance habe, auch wenn meine Partei noch völlig unbekannt ist", sagt Rohbohm. Erst im April wurde der Landesverband gegründet. Rohbohm weiß, dass er, obgleich er kein unbekanntes Gesicht ist, vor allem Pionierarbeit für die Partei leistet.

Thematisch will sich der Jorker unter anderem für eine finanzielle Stärkung der Kommunen und Steuersenkungen für Mittelständler einsetzen und kritisch auf die Tagespolitik schauen. "Im Kreistag wird zu vieles einfach nur durchgewunken, das geht nicht", sagt er. Die sechs etablierten Parteien im Kreistag seien sich fast immer in allem einig - aus Bequemlichkeit, wie er meint. "Da fragt man sich als Bürger, warum man den einen oder anderen wählen soll. Wir wollen da eine Alternative sein und werden der kläffende Wadenbeißer im Kreistag sein, sofern wir von den Bürgern in den Kreistag gewählt werden", sagt Rohbohm. Sein wichtigste Ziel bleibt daher zunächst, sein Mandat bei der Wahl zu behalten.