Bei den Nachbarn macht sich Skepsis breit gegenüber dem Vorhaben der Gemeinde Neu Wulmstorf, zum Mittelzentrum aufzusteigen.

Buxtehude/Neu Wulmstorf. Der Plan der Neu Wulmstorfer Verwaltung, die Gemeinde in eine neue kommunale Liga zu befördern, weckt Ängste vor Konkurrenz in Buxtehude. Denn das Vorhaben der Neu Wulmstorfer, hinter dem auch die örtliche CDU und der Gewerbeverein stehen, könnte aus der nur neun Kilometer entfernten Gemeinde einen Konkurrenten in Sachen Gewerbeansiedlungen machen.

Verwaltungsbeamte und Politiker in Neu Wulmstorf haben vor, dem bisherigen Grundzentrum Neu Wulmstorf die sogenannte mittelzentralörtliche Teilfunktion zuzuordnen. Die Gemeinde würde dann deutlich zum Status der Stadt Buxtehude aufrücken, die ein Mittelzentrum ist. Der Landkreis Harburg müsste zur Umsetzung des Vorhabens eine Änderung des regionalen Raumordnungsprogramms veranlassen. Gelingt der Plan, könnten sich in Neu Wulmstorf künftig deutlich größere Gewerbebetriebe ansiedeln. Erich Körn, Vorsitzender des Neu Wulmstorfer Gewerbevereins, brachte gegenüber dem Abendblatt Kaufhäuser wie C & A, aber auch Bekleidungs- Elektronik- oder Baumärkte ins Spiel.

"Das wäre ohne Frage eine Konkurrenz", sagt dazu Jens Klein, Vorstandsvorsitzender des Buxtehuder Wirtschaftsförderungsvereins, in dem so unterschiedliche Unternehmen wie Marktkauf, das Buxtehuder Brauhaus, Keimling-Naturkost und Unilever organisiert sind. Wenn sich etwa ein Geschäft für hochwertige Markenbekleidung in Neu Wulmstorf niederlassen würde, hätte dies nach Kleins Einschätzung Auswirkungen auf den Buxtehuder Einzelhandel. "Kunden, die heute von Neu Wulmstorf nach Buxtehude fahren, würden das nicht mehr tun. Die Kaufkraft würde im Ort bleiben."

Jens Klein sieht in der Gemeinde Neu Wulmstorf grundsätzlich eine Konkurrenz - nicht erst seit den aktuellen Plänen. Denn auch Neu Wulmstorf wird einen Anschluss an die neue Autobahn 26 bekommen. Wegen der zurzeit noch unklaren Trassenführung des Buxtehuder Zubringers könnte die Neu Wulmstorfer Zufahrt sogar schneller kommen. Diesen möglichen Fall betrachtet Klein als besonders riskant für die Estestadt, weil mögliche Investoren dann Neu Wulmstorf vorziehen könnten. "Die Ausfahrten müssen unbedingt zeitgleich gebaut werden", sagt Klein deshalb.

Robert Kamprad, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion im Buxtehuder Stadtrat, gibt sich zunächst gelassen gegenüber den Plänen seiner Neu Wulmstorfer Kollegen. "Die Gemeinde hat in Sachen Einwohner noch sehr viel nachzuholen, um für große Kaufhäuser interessant zu werden", sagt er. Er bezweifelt, dass große Konzerne wie C & A nach Neu Wulmstorf kommen würden, weil sie bereits in Harburg Niederlassungen haben. Kommt es aber doch zu der angestrebten Änderung bei der Raumordnung, sieht Kamprad einen Konflikt heraufziehen: "Da würde ein Aufschrei durch die Buxtehuder Kaufmannschaft gehen", sagt das Ratsmitglied.

Kamprad betont, dass die Stadt Buxtehude in dem notwendigen Verfahren, das der Landkreis Stade als Landesbehörde durchführen würde, konsultiert werden müsste. Dann könnten sich auch die Poliker gegen die Neu Wulmstorfer Pläne stemmen: Wenn Warengruppen betroffen wären, die auch in der Buxtehuder Innenstadt erhältlich sind, würde die Stadt sich wehren. Wir würden unsere Buxtehuder Geschäfte schützen", sagt Kamprad.

+++ Kommentar: Keine Angst vor den Nachbarn +++

Er erinnert an einen Fall vor drei Jahren, als im 80 Kilometer südlich gelegenen Soltau ein Outlet-Center gebaut werden sollte. In dem Verfahren wurden Mittelzentren im Umkreis von 100 Kilometern einbezogen - auch Buxtehude, wo der Plan auf wenig Gegenliebe stieß. "Wehret den Anfängen, haben wir damals gesagt", so Robert Kamprad. Die Politiker legten Einspruch ein, letztlich verhindert wurde der Bau allerdings wegen anderer Faktoren. Kamprad sagt auch, dass er einer "grandiosen Idee" für Neu Wulmstorf nicht im Wege stehen würde. Sie dürfte eben nur nicht den Buxtehudern Konkurrenz machen.

Vor ebendieser scheint sich indes Kerstin Maack, Wirtschaftsförderin der Stadt, wenig zu fürchten. "Ich sehe die Sache eher sportlich" sagt sie. Ihrer Meinung nach kann die Estestadt mit ihrem historischen Zentrum, mit Unternehmen wie Stackmann und dem geplanten Rathausquartier selbstbewusst sein. Wenn sich tatsächlich neue Unternehmen in Neu Wulmstorf ansiedeln würden, seien sogar "positive Wechselwirkungen" möglich, weil Kunden nicht mehr nach Hamburg fahren würden.

Wie realistisch ist es überhaupt, dass Neu Wulmstorf die angestrebte Statusänderung erreicht? Jürgen Lutz, Geschäftsführer für Handel und Raumordnung bei der Industrie- und Handelskammer Stade, betont, dass ein langwieriges Verfahren notwendig ist. Gelinge die Änderung tatsächlich, wäre das immer noch kein "Freibrief", Gewerbe anzusiedeln. Die Gemeinde müsste sich weiterhin mit anderen Kommunen abstimmen. "Ich frage mich, ob Neu Wulmstorf die Änderung braucht", sagt Jürgen Lutz noch.