Viele Geschäfte am Westfleth haben parallel Betriebsferien gemacht. Jetzt sind Absprachen untereinander geplant, um den Zusammenhalt zu stärken.

Buxtehude. Der Sommer, so sollte man zumindest meinen, ist traditionell die Hauptsaison für Gastronomiebetriebe. Die Menschen haben frei, wollen die Sonne genießen und unter freiem Himmel einen leckeren Kaffee trinken. Viele Innenstädte werden von Touristen erobert, die auf der Suche sind nach einem netten Lokal zum Einkehren und Entspannen. Am Buxtehuder Westfleth scheint man das in den vergangen Wochen glatt vergessen zu haben. "Wir machen Ferien" war an mehreren Lokalen gleichzeitig zu lesen. Besucher standen vor verschlossenen Türen und mussten zusehen, wo sie einen Kaffee ergattern konnten.

Dass das alles andere als glücklich war, darüber sind sich die Gastronomiebetriebe im Rückblick fast alle einig. "Das ging gar nicht und wird auch nicht wieder vorkommen", sagt Christine Hausherr, seit drei Wochen Geschäftsführerin des Cafés "Süße Sünde". Ihr Lokal hatte von Mitte bis Ende Juli nahezu parallel mit dem Restaurant "Tafelfreuden" und "Iskas Kekse" geschlossen, während außerdem die Schlachterei Bitter in den Betriebsferien war.

Eine Interessengemeinschaft soll den Zusammenhalt stärken

Eine Alternative habe die "Süße Sünde" aber nicht gehabt, sagt Christine Hausherr. "Wir mussten umbauen, weil wir neue Räume dazugenommen haben." Im kommenden Sommer werde das auf jeden Fall anders sein, verspricht sie. Ihr Wunsch ist generell, dass sich der Zusammenhalt am Westfleth verbessert, denn davon profitieren letztlich alle Betriebe.

Davon ist auch Edith Eigenbrot überzeugt. Die Inhaberin der "Tafelfreuden" fühlt sich fast schon ein bisschen schuldig, dass sie ihr im März eröffnetes Lokal im Juli geschlossen hat. "Aber ich hatte keine Wahl", sagt sie. Sie koche rund um die Uhr selbst und habe seit der Eröffnung durchgearbeitet. Ihre Stammgäste habe sie über ihre Ferien informiert, "und sie sind alle wieder da". Außerdem hing ein Hinweis auf die Ferien schon drei Wochen vor Beginn im Fenster. Dass die Absprache mit den anderen Geschäften "ein bisschen geklemmt" habe, sei leider nicht mehr zu ändern. Es werde aber auf keinen Fall noch einmal passieren.

Ihre Idee ist deshalb, eine "Interessengemeinschaft Westfleth" auf die Beine zu stellen. Dort könnten die Geschäftsinhaber etwa den Jahresurlaub absprechen und noch viel mehr Aktionen planen. Das Fleth steht ihrer Meinung nach ein bisschen alleine da, und das müsse sich dringend ändern. "Der Dornröschenschlaf ist vorbei."

Diese ehrgeizigen Pläne finden aber nicht überall volle Unterstützung. "Das Westfleth alleine aufzuwerten, ist etwas schwierig", sagt Heiko Bitter, Mit-Inhaber der Schlachterei Bitter. Dazu ist der Branchenmix seiner Meinung nach nicht stark genug. Wichtig sei vor allem, dass jedes Geschäft für sich spitze sein müsse.

Auch bei einer Ferien-Absprache hält er sich eher bedeckt. Die Schlachterei ist seit 40 Jahren am Fleth, und Betriebsferien sind immer in den ersten drei Sommerferienwochen. "Für uns ist das die beste Lösung, weil dann das Personal auf einen Schlag freinehmen kann", sagt er. Zudem sei eine Schlachterei nicht mit einem Café zu vergleichen. "Das würde ich über den Sommer auch nicht zumachen."

Karl-Heinz Pfeiffer glaubt ebenfalls nicht an eine Absprache - obwohl seine Bäckerei das ganze Jahr geöffnet hat. "Hier sind viele kleine Betriebe, und jeder ist in gewisser Weise Individualist." Er ist sich sicher, dass die Ferienzeit in Buxtehude für Geschäftsleute schon immer eine maue Zeit war. "Und das fangen auch die Touristen nicht auf." Andererseits steige die Attraktivität natürlich, wenn viele Geschäfte auf haben.

Pfeiffer spricht damit den Teufelskreis an, in dem die Geschäftsleute stecken: Hat ein Geschäft im Sommer zu, kommen weniger Besucher ans Fleth. Die anderen Geschäftsleute denken, dass sich der Betrieb für sie dann auch nicht mehr lohnt und schließen ebenfalls. Daraufhin kommen noch weniger Besucher - und so geht die Abwärtsspirale immer weiter.

"Das Westfleth war wie ausgestorben", sagt Elke Penther von Elke Penther Design. Wie viele andere kleine Einzelhändler hat sie den ganzen Sommer über geöffnet und kann nicht verstehen, dass die Cafés gerade in der Hauptzeit geschlossen hatten. "Das ist einfach ungeschickt." Helma Vohlken, Inhaberin von "Der Bauergarten", hat die Sommerzeit ebenfalls negativ zu spüren bekommen. "Wenn die Geschäfte vorne zu haben, kommen viel weniger Leute hier hinten an", sagt sie. Ihr Laden liegt fast im äußersten Westfleth-Winkel.

Die Straße werde von der Stadt eher stiefmütterlich behandelt

Die Idee, eine Interessengemeinschaft zur Urlaubskoordination und für weitere Aktionen zu gründen, stößt sowohl bei ihr als auch bei Renate Behncke von der Rösterei am Fleth und bei Iska Janßen von "Iskas Kekse" auf Zustimmung. "Bisher werden wir von der Stadt eher stiefmütterlich behandelt", sagt Renate Behncke. Vor allem eine richtige Fußgängerzone wäre schön, findet sie. Iska Janßen ist optimistisch, dass es in Zukunft mit einer besseren Absprache unter den Gewerbetreibenden klappt. Gleichwohl betont sie, dass ihr Urlaub unumgänglich war. "Ich produziere selbst und kann doch nicht das ganze Jahr durcharbeiten."

Das Problem mit den Touristen bleibt trotz allem bestehen. Provokant drückt es Carina Bartels, Inhaberin des Modeladens "Gamasche", als "provinziell" aus, wenn Betriebe einfach dicht machen. Ihr Geschäft, das sie seit 25 Jahren betreibt, ist durchgehend geöffnet. Um im kommenden Jahr nicht vor der gleichen Situation zu stehen, empfiehlt sie deshalb, am besten schon jetzt den Urlaub für 2012 zu planen.