Zum 1. Mai 2012 wird analoges Satellitenfernsehen abgeschaltet. Der Stader Fachhändler Ulrich Bencke weist auf Unwissenheit hin

Stade/Buxtehude. Am 1. Mai 2012 könnten viele Fernsehbildschirme im Landkreis Stade schwarz bleiben. Das befürchtet Ulrich Bencke, Inhaber des gleichnamigen Multimediafachgeschäfts in Stade. Am 30. April wird die analoge Fernsehübertragung via Satellit deutschlandweit abgeschaltet. "Das wissen viele Menschen gar nicht", sagt Bencke. Sie beschäftigten sich erst mit dem Thema, wenn es zu spät ist, vermutet er.

"Am 1. Mai stehen unsere Telefone nicht mehr still", prognostiziert Bencke. Eine ähnliche Situation habe er schon einmal erlebt. Im Jahr 2004 wurde auch im Landkreis Stade das analoge Antennenfernsehen abgeschaltet. Am Tag nach dem Abschalten war die Aufregung bei Vielen groß, ihr Fernsehbild sei plötzlich weg gewesen, erinnert sich Bencke. Ein ähnliches Szenario erwartet er für den 1. Mai kommenden Jahres. "Dann haben wir gar nicht so viele Techniker, die gleichzeitig losfahren können", sagt Bencke.

Deshalb versuchen er und auch andere Fernsehtechniker, die Kunden schon jetzt zu erreichen, damit sie rechtzeitig umstellen können. Doch was genau muss eigentlich umgestellt werden? Für den privaten Nutzer sind zwei Dinge wichtig. Zum einen muss die Satellitenschüssel über ein sogenanntes LNB verfügen, das digitaltauglich ist. LNB steht für Low Noise Block und ist ein rauscharmer Signalumsetzer. Eventuell müsse dieses LNB ausgetauscht werden, sagt Bencke. Das koste zwischen 20 und 70 Euro.

Satellitenanlagen werden bereits seit mindestens zehn Jahren mit digitalfähigen Empfängern gebaut. Doch woran erkennt man, ob ein LNB digitaltauglich ist? "Das muss gemessen werden", sagt Bencke. Damit das Fernsehbild im nächsten Jahr nicht plötzlich weg ist, benötigt man zudem noch einen digitalen Satellitenreceiver. Die gibt es teilweise bereits ab 30 Euro. Neuere Fernseher gibt es häufig mit eingebautem Receiver, sagt Bencke.

Einen Receiver kann eigentlich jeder selbst an den Fernseher anschließen. Auch das LNB könne selbst gewechselt werden. "Dabei muss man nur aufpassen, dass man nicht von der Leiter fällt", sagt Bencke. Für die richtige Ausrichtung der Satellitenschüssel sollte jedoch ein Fachmann hinzugezogen werden, weil dafür ein spezielles Messgerät benötigt wird. Bencke selbst verfügt über eine Werkstatt mit acht gelernten Fernsehtechnikern und zwei Auszubildenden. Insgesamt beschäftigt Bencke 20 Mitarbeiter in seinem Betrieb an der Hansestraße. Vier seiner Angestellten sind Auszubildende.

Ulrich Bencke appelliert, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. "Ein Anruf beim Fachmann genügt", sagt Bencke. Allerdings sind nicht nur die Kunden selbst in der Pflicht. Die hiesige Handwerkskammer ruft dazu auf, die Nutzer von analogem Satellitenfernsehen aufzuklären. "Die Zeit rennt und die wenigsten Nutzer sind bereits im Bilde", sagt Holger Fiegenbaum, Beauftragter für Innovation und Technologie von der Handwerkskammer Braunschweig- Lüneburg-Stade.

Im Norden Deutschlands sehen noch etwa rund 800 000 Menschen analog fern. Die Überprüfung und der Umbau dieser Sat-Anlagen biete dem Elektrohandwerk ein überaus großes Betätigungsfeld. "Hinzu kommt", sagt Uwe Brennenstuhl vom Satellitenbetreiber Astra, "dass laut Umfragen erst etwa die Hälfte der Bevölkerung von der Umstellung weiß, und nur 16 Prozent kennen das genaue Datum." Die notwendige Aufklärungsarbeit könne viele Kundenkontakte und daraus resultierend viele Aufträge generieren. Warum überhaupt die digitale Welt das Ruder übernimmt, erläutert Thorsten Mann-Raudies vom Norddeutschen Rundfunk: "Zum einen ist das neue hochauflösende Fernsehen nur digital möglich, zum anderen reduziert die Analogabschaltung die Verbreitungskosten." Auf einen Nenner gebracht, der digitale Empfang ist im Endeffekt preiswerter, aber vor allem ermöglicht er eine höhere Bild- und Klangqualität sowie eine viel größere Programmvielfalt.

Ähnlich sieht es der Stader Ulrich Bencke: "Digitales Fernsehen bietet eine bessere Bild- und Tonqualität als das analoge, benötigt weniger Bandbreite und ist resistenter gegenüber Störungen." Allerdings weist Bencke darauf hin, dass bei digitalem Satellitenempfang zum Beispiel bei Unwetter das Bild komplett weg sein kann. Bei analogen Anlagen habe es häufig ein schlechtes Bild gegeben. Das gebe es bei den neuen digitalen Empfängern nicht mehr. "Entweder es gibt ein gutes Bild oder gar keins", sagt Bencke. In diesem Zusammenhang werde auch der Qualitätsunterschied der Satellitenanlagen deutlich.

Ein weitaus größeres Problem könnte laut dem Stader jedoch der Austausch sogenannter Kopfstationen werden. Das sind zentrale Aufbereitungsanlagen für Wohnanlagen, Hotels, Krankenhäuser oder Seniorenheime. Bundesweit mussten im vergangenen Jahr 50 000 Kopfstationen ausgetauscht werden. Jetzt sind es noch immer rund 40 000. "Es ist gar nicht möglich, in der Zeit so viele Kopfstationen zu tauschen", sagt Bencke.

Die Fernsehtechniker in der Region sind derzeit fieberhaft dabei, alle Kopfstationen abzuarbeiten und umzurüsten. Das ist keine leichte Aufgabe, denn: "Oft kriegen wir gar nicht mit, wo es solche Kopfanlagen gibt", sagt der Fernsehtechniker. Auch deshalb sei eine weitere Aufklärungsarbeit immens wichtig.