Jörn Schlumbom verkauft das Gemüse auf dem Harburger Wochenmarkt. Er setzt besonders auf alte Sorten

Harburg. Jeder Deutsche isst durchschnittlich 22 Kilogramm Tomaten im Jahr. Fast die Hälfte davon wird frisch verzehrt. Nur ein geringer Teil, sechs Prozent, der Tomaten werden in Deutschland angebaut. Zum Beispiel in Handorf bei Jörn Schlumbom. Eigentlich baut der 42-Jährige Blumen in seinen Gewächshäusern an, auf 400 Quadratmetern auch Tomaten.

"Ich habe um die 30 Sorten und probiere immer wieder etwas Neues aus", sagt er. An die 11 000 Tomatensorten seien bekannt, schätzt Schlumbom. Seine Tomaten bietet er in allen Formen und Farben auf dem Harburger Wochenmarkt Sand an. Die längliche Flaschentomate, die gern zum Kochen genutzt wird, ist genauso im Sortiment wie Cocktail-, Busch- und Strauchtomaten. Zwar überwiegt die Farbe Rot, aber auch Grün, Gelb, Lila oder Schwarz sind gefragt. Die Sorten sind überwiegend alte Züchtungen, die weniger prominent als die Fleischtomate sind.

Der Renner auf den Wochenmärkten in der Region ist allerdings eine alte Sorte: die Vierländer Platte. Bei Petra Behnken auf dem Wochenmarkt in Buchholz ist sie der Favorit. "Die Nachfrage nach der Vierländer Platten war lange gering, weil sie so weich ist. Die Leute wollten festere Tomaten, die sie lange aufbewahren können", sagt Petra Behnken. Dann habe sich ein altes Ehepaar daran gemacht, die vergessene Sorte wieder zu etablieren. "Zehn Jahre haben die gezüchtet, bis sie die Vierländer Platte wieder hatten", sagt Petra Behnken. Das hat sich gelohnt, denn die aromatische Sorte ist der Liebling vieler Kunden.

Mit der Aussaat beginnt Jörn Schlumbom im Februar. "Dann säe ich die Vierländer Runde, die ist nicht so empfindlich", sagt er. Mitte Juni konnte er in diesem Jahr bereits die ersten Tomaten ernten. Trotzdem ist Schlumbom von der Ausbeute enttäuscht. "Der April war so vielversprechend sonnig. Danach war das Wetter zu schlecht für die Tomaten." Denen fehle die Sonne, außerdem setzte die anhaltende Feuchtigkeit den Pflanzen zu. Dadurch reiften sie langsamer. Die kühlen Temperaturen täten ihr übriges. Die Gewächshäuser zu heizen ist aus seiner Sicht unverhältnismäßig. Tomaten lieben Sonne. Das ist kein Wunder, schließlich stammen sie aus Mittel- und Südamerika. In Europa tauchte die Tomate erst im 16. Jahrhundert als "Goldener Apfel" auf.

In den Glashäusern verzichtet Jörn Schlumbom weitgehend auf chemische Hilfe. Stattdessen tummeln sich zwischen den mannshohen Tomatenpflanzen bei ihm Insekten. "Zum Bestäuben habe ich Hummeln und gegen Schädlinge helfen Schlupfwespen", sagt der Gärtnermeister. Schlupfwespen legen ihre Eier in die Larven der Parasiten. Darin wachsen die Wespen heran und töten die Larve dabei. Für den Gärtnermeister ist diese biologisch Schädlingsbekämpfung bequemer als der Einsatz von Pflanzengiften. "Die Wespenbrut wird in kleinen Karten in die Sträucher gehängt und verbreitet sich von dort im gesamten Gewächshaus", sagt er.

Ernten müssen die Tomatenanbauer die Früchte von Hand. "Für Maschinen sind Tomaten zu fragil, außerdem reifen sie nicht gleichzeitig", sagt Schlumbom. Bis Weihnachten erntet er seine Tomaten.

Die Kunden schätzen Tomaten besonders als schlankes Gemüse mit nur 75 Kalorien. Das liegt auch daran, dass das Nachtschattengewächs wie fast alle Gemüsesorten zu einem Großteil, 95 Prozent, aus Wasser besteht. Mit 280 Milligramm pro 100 Gramm ist auch der Anteil an Kalium in der Tomate sehr groß. Kaliumreiche Lebensmittel wirken harntreibend. Außerdem ist das Spurenelement für den Blutdruck zuständig: Wer viel davon zu sich nimmt, kann seinen Blutdruck senken. Auch für die Muskeltätigkeit ist Kalium wichtig.

Wie bei dem nahen Tomatenverwandten - der Kartoffel - sind Kraut und Stielansatz der Tomate giftig. Das liegt am darin enthaltenen Tomatidin. Der Verzehr des Krautes oder unreifer Früchte kann Übelkeit und Erbrechen zur Folge haben. Jörn Schlumbom verkauft allerdings Tomatensorten, die auch im reifen Zustand grün sind. Die grüne Farbe soll darin begründet sein, dass sie von innen nach außen reifen.

Ob rot, schwarz oder grün - reife Tomaten erkennt man laut Gärtnermeister Schlumbom an einem Detail: "Die Blume, also der grüne Stiel mit der verblühten Blüte, soll noch dran sein." Dies gelte allerdings nicht für eine bestimmte Sorte. "Einige Flaschentomaten kann man gar nicht so ernten, dass die Blume dran bleibt", sagt Schlumbom. Generell müssten Tomaten prall sein. Ob sie weich oder hart seien, hänge von der Sorte ab. Das Kilogramm deutsche Tomaten kostet auf dem Wochenmarkt um die vier Euro.

Zuhause halten sich Tomaten am besten bei 13 bis 18 Grad. "Der größte Fehler ist, die Tomaten im Kühlschrank zu lagern. Dort verlieren sie stark an Aroma", sagt Schlumbom. Bis zu eine Woche könne man die Tomaten an der frischen Luft lagern. Irgendwann verlieren die Tomaten allerdings etwas Wasser, werden matschig und schrumpelig. Auch wenn sie etwas unansehnlich sind, kann man sie noch immer bedenkenlos essen.