Kapitän lässt Hauptgeschäftsführer nicht mehr an Bord. Grund: Er soll die Fährgesellschaft geschädigt haben, weil er für einen Elbtunnel wirbt.

Wischhafen/Stade. Der Chef der IHK Stade Jörg Orlemann darf künftig nicht mehr die Elbfähre Wischhafen - Glückstadt betreten. Die Fährbetreiberin Hildegard Both-Walberg hat dem Hauptgeschäftsführer der Stader Industrie- und Handelskammer ein Hausverbot erteilt. Zudem hat sie angekündigt, ihre Mitgliedschaft bei der IHK Stade, an die der Betrieb jedes Jahr einen vierstelligen Betrag überweist, zu kündigen.

Ihrer Meinung nach hat Orlemann die Einstellung des Fährbetriebs im Februar wegen des strengen Winters dafür genutzt, um für den Bau eines Elbtunnels zwischen Drochtersen und Glückstadt zu werben. Wird der Elbtunnel tatsächlich realisiert, bedeutet es das Aus für den Fährbetrieb zwischen Wischhafen und Glückstadt. Es ist kein Geheimnis, dass sich die IHK für eine Querung der Unterelbe einsetzt. Die Gremien der IHK hatten beschlossen, für den Elbtunnel einzutreten.

"Aber jetzt hat sich die IHK zu weit aus dem Fenster gelehnt und unser Unternehmen wirtschaftlich schwer geschädigt", sagt Both-Walberg. Zum Hintergrund: Orlemann hat sich Ende Februar vor dem Schild der Fähre mit der Aufschrift "Zur Zeit außer Betrieb" ablichten lassen und einen Pressetext mit der Überschrift "Seit acht Wochen Riesenumwege" lanciert. "Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass die Autobahn 20 mit fester Unterelbequerung für Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen notwendig ist, dann haben die vergangenen Wochen ihn geliefert", wird Orlemann in der Mitteilung vom 25. Februar zitiert. Seit acht Wochen müssten alle Fahrzeuge Umwege von mehr als 150 Kilometern auf sich nehmen, um auf die andere Seite der Elbe zu gelangen, da die Fähre wegen Eisgangs nicht fährt, heißt es weiter.

Orlemann selbst hat diesen Umweg am 24. Februar nach Glückstadt gemacht, um sich mit Rainer Bruns vom Unternehmensverband Unterelbe-Westküste und dem ehemaligen Kieler Landtagspräsidenten Martin Kayenburg zur Sitzung des "Fördervereins Feste Unterelbequerung" zu treffen. Sie haben auch den geplanten Eingang des Tunnels bei Kollmar besichtigt.

"Der Termin war fingiert", sagt Both-Walberg. "Es macht keinen Sinn, diese ganze Strecke zu fahren, um sich auf einen Acker zu stellen und zu sagen: 'Hier soll mal ein Elbtunnel hin.'" Mit der Pressemitteilung habe der IHK-Chef den Ruf des Fährunternehmens nachhaltig geschädigt.

Orlemann selbst kann zu den Vorwürfen keine Stellung nehmen, da er sich zurzeit im Urlaub befindet. Sein Stellvertreter Holger Bartsch sagt: "Wir haben nichts gegen die Fähre. Aber wir setzen uns auch für die Elbquerung ein." Orlemann habe mit seinem Verhalten nichts anderes getan, als die Beschlüsse der IHK Stade umzusetzen.

Dass das Treffen in Glückstadt des "Fördervereins Feste Unterelbequerung" fingiert gewesen sei, weist Bartsch zurück. Der Termin sei schon lange geplant gewesen. Dem angekündigten Austritt aus der IHK sieht Bartsch gelassen entgegen. Schließlich gebe es eine Pflichtmitgliedschaft in der IHK. Bartsch geht auch davon aus, dass das Hausverbot aufgehoben wird. Er hat Both-Walberg gestern angerufen und angekündigt, dass Orlemann sich nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub mit der Chefin der Elbefähre in Verbindung setzen wird.