Kirchenvorstand will unterhalb der Empore einen Raum mit Glas, Stahl und Beton bauen

Buxtehude. Glas, Stahl und Beton - für Heinz Knaup ist es eine schreckliche Vorstellung, wenn all dies unter der historischen Furtwängler-Orgel in der Buxtehuder St.-Petri-Kirche Einzug halten würde. Knaup hat sich deshalb wie viele andere Mitglieder der Kirchengemeinde gegen die Pläne des Kirchenvorstands ausgesprochen, der eine sogenannte Winterkirche in der Petrikirche errichten möchte.

Bereits im vergangenen November hat der Kirchenstreit von Buxtehude die Gemüter erhitzt. Gestern Abend hätte eigentlich eine Gemeindeversammlung stattfinden sollen, bei der das Thema erneut diskutiert worden wäre. Krankheitsbedingt musste der Termin jedoch ausfallen, ein neuer ist noch nicht gefunden. Für alle Beteiligten ist das eine missliche Situation, denn eine Lösung des Streits ist nicht in Sicht. Vielmehr sind die Standpunkte nach wie vor unterschiedlich, auch wenn alle betonen, das Problem sachlich klären zu wollen.

Doch was ist überhaupt Anlass der Zwistigkeiten? Im vergangenen September hatte der Kirchenvorstand über seine Pläne informiert, einen separaten Raum in die Turmkapelle und unterhalb der Orgelempore einzubauen. Diese Konstruktion nennt sich Winterkirche, denn sie soll vor allem in der kalten Jahreszeit dazu beitragen, dass nicht die gesamte Kirche beheizt werden muss. Etwa 80 Leute würden in dem Raum Platz finden - ein Aspekt, der vor dem Hintergrund, dass die Kirchengemeinde im Laufe der kommenden Jahrzehnte aufgrund des demografischen Wandels immer mehr schrumpfen wird, eine große Rolle spielt.

Die Pläne sehen zudem eine vier Meter hohe Fensterfront vor, die den Blick auf den Hauptaltar freigibt. Dafür müssten jedoch das neugotische Fenster und die beiden Türen an den Seiten entfernt und zu Torbögen werden. Auch die sechs hölzernen Pfeiler der Orgelempore sollen weichen und an deren Stelle eine Stahlkonstruktion treten.

Für Heinz Knaup ist gerade das ein Eingriff, bei dem er große Bedenken hinsichtlich der Furtwängler-Orgel aus dem Jahre 1859 hat. Die Orgel gilt als eine der bedeutendsten Zeugnisse frühromantischen Orgelbaus in Norddeutschland und könnte von den Bauarbeiten in ihrem Klang beeinträchtigt werden. Ärgerlich sei ebenfalls, dass die Gemeinde in den 80er-Jahren den Umbau von Orgelempore, Orgel und Turmkapelle mit Spenden stark unterstützt habe. Dieser Einsatz würde nun zunichte gemacht werden.

"Wir sind nicht generell gegen eine Winterkirche", sagt Knaup. Sie sollte seiner Ansicht nach nur anders umgesetzt werden, nämlich lediglich in der Turmkapelle. Dass das eine gute Idee ist, findet auch Annemarie Lencer, ehemaliges Kirchenvorstandsmitglied und seit 1965 der St.-Petri-Gemeinde zugehörig. Sie erinnert sich noch genau an die Zeit, als die Turmkapelle von 1982 bis 1984 umgebaut und mit einer Fußbodenheizung versehen wurde, damit dort im Winter Gottesdienste abgehalten werden können. Die Winterkirche war also schon damals Thema.

1985 und 1986 seien dort in der kalten Jahreszeit Gottesdienste abgehalten worden, erzählt sie. "90 Leute haben problemlos in die Kapelle gepasst." 1986 bis 1990 stand dann die große Renovierung der Kirche an, da bei der Sanierung in den 60er-Jahren viele Fehler gemacht wurden, die dringend behoben werden mussten. "In diesen vier Jahren haben wir nur noch die Turmkapelle benutzt, und das ging sehr gut." Warum jetzt unbedingt eine Stahl- und Glaskonstruktion errichtet werden muss, ist Annemarie Lencer ein Rätsel. "Man kann die Winterkirche auch mit geringeren Mitteln errichten, indem man nur die Turmkapelle umbaut."

Damit kommt das Finanzielle ins Spiel, das laut Henning Karow, Mitglied des Kirchenvorstands, neben den Heizkosten und der demografischen Entwicklung ebenfalls eine Rolle spielt. 270 000 Euro seien für den derzeitigen Winterkirchen-Entwurf veranschlagt, sagt er. Das Geld hat die Gemeinde deshalb, weil sie kürzlich für 400 000 Euro das Matthias-Claudius-Haus verkauft hat. "Wenn wir das Geld nicht in nachhaltige Projekte wie die Winterkirche investieren, müssen wir es an die Landeskirche abgeben." Karow erinnert daran, dass die Gemeinde auch kein Sachverständiger in Baufragen sei und sich an architektonischen Veränderungen nun mal oft die Geister scheiden. Die Bedenken hinsichtlich der Orgel seien aber sehr ernst zu nehmen und müssten genau überprüft werden. Er betont zugleich, dass der Vorstand seine Pläne nicht gegen die Gemeinde durchdrücken wolle.

Darauf hofft auch Heinz Knaup. Zur Not hat er aber noch eine andere Lösung in petto: Die Mitglieder der Kirchengemeinde beauftragen den Kirchenvorstand per Antrag damit, die Winterkirche ohne Glaskasten zu planen. Das geht aber nur, wenn sechsmal so viele Mitglieder wie die zwölf Kirchenvorstandsmitglieder abstimmen, nämlich 72. "Wenn so viele Leute zur nächsten Versammlung kommen, schaffen wir es."