Das Rote Kreuz in Stade musste im vorigen Jahr zu 31 726 Einsätzen ausrücken. Unfälle sind nur selten der Grund

Stade. Der Melder piept. Björn Langner schnappt sich seine Jacke. Der 27-jährige Rettungsassistent geht zügig in die Fahrzeughalle der Stader Rettungswache am Ohle Kamp in Wiepenkathen. Auf dem Weg greift er nach dem Fax mit den wichtigsten Informationen für den Einsatz. Dort trifft er auch auf Christian Kabrowski. Der 32-jährige Rettungsassistent ist sein Partner in der heutigen Schicht. In weniger als zwei Minuten sitzen die beiden Mitarbeiter des DRK-Rettungsdienstes in ihrem Fahrzeug und fahren von Hof.

Es geht nach Kutenholz. Verdacht auf einen Schlaganfall wurde bei der Stader Rettungsleitstelle in Wiepenkathen gemeldet. Mit Blaulicht und Sirene fährt Björn Langner über die Landstraßen. Innerhalb von 15 Minuten muss der Rettungsdienst den Einsatzort erreichen. Das ist landesweit gesetzlich vorgeschrieben. Im Landkreis Stade setzt das DRK 16 Rettungswagen im öffentlichen Auftrag ein. Seit April dieses Jahres gibt es zwei weitere Krankentransportwagen, die das Rote Kreuz eigenverantwortlich einsetzt.

Fünf Fahrzeuge sind in der Rettungswache in Stade-Wiepenkathen stationiert, drei Rettungswagen stehen in Buxtehude, zwei in der Rettungswache in Bargstedt, einer in Himmelpforten, einer in Drochtersen und einer in Freiburg. Im Einsatzfall ist jedes Fahrzeug mit mindestens einem Rettungsassistenten und einem Rettungshelfer besetzt. Am Wochenende sind die Malteser und die Johanniter jeweils mit einem Fahrzeug im Einsatz.

Das DRK musste im vergangene Jahr zu 31 726 Einsätzen ausrücken. In diesem Jahr waren es bislang bereits 13 815. Verkehrsunfälle seien dabei eher selten, sagt Thomas Waskow, Leiter des Stader Rettungsdienstes. In 60 bis 70 Prozent der Fälle handele es sich um internistische Erkrankungen, wie zum Beispiel Herzkreislauf-Beschwerden oder eben Schlaganfälle.

Björn Langner stoppt mit dem Rettungswagen vor dem Haus, wo der Mann mit dem mutmaßlichen Schlaganfall wohnt. Die beiden Rettungsassistenten steigen aus ihrem Fahrzeug, Christian Kabrowski nimmt einen Notfall-Rucksack aus einem Seitenfach und die beiden gehen zur Haustür. Die Mitarbeiter des Rettungsdienstes werden bereits von einer Angehörigen des Mannes erwartet. Sie hat ihn gemeinsam mit einem Nachbarn auf eine Bank in den Schatten hinter dem Haus gesetzt und ihm etwas zu trinken gegeben. Der ältere Mann ist ansprechbar.

Björn Langner stellt ihm Fragen zu Symptomen, dem eigentlichen Vorfall und zu möglichen Vorerkrankungen. Der Mann erzählt, er habe bereits einen Schlaganfall erlitten, wann genau, das wisse er nicht mehr. An diesem Tag sei er gerade im Gewächshaus im Garten gewesen und dann umgekippt. Er habe kein Gefühl im linken Arm, ansonsten gehe es ihm relativ gut, sagt der Mann.

Christian Kabrowski spricht unterdessen mit einer Angehörigen. Dann entscheiden die beiden Rettungsassistenten, den Mann mit ins Krankenhaus zu nehmen. Christian Kabrowski holt die Trage aus dem Rettungswagen. Mit dieser wird der Mann in das Fahrzeug gebracht. Während Christian Kabrowski den Rettungswagen in Richtung Stader Krankenhaus lenkt, kümmert sich Björn Langner um den Patienten hinten im Fahrzeug.

Er legt ihm eine Infusion, führt ihm zusätzlichen Sauerstoff zu und schließt ihn an das EKG-Gerät an. Der moderne Rettungswagen ist ausgestattet wie eine kleine Intensivstation. Zwischendurch spricht Björn Langner immer wieder mit dem Patienten, überprüft regelmäßig die Vitalfunktionen.

Im Jahr 2004 hat 27-jährige Stader seinen Zivildienst beim DRK-Rettungsdienst absolviert und wurde zum Rettungshelfer ausgebildet. Im Jahr 2007 bildete er sich zum Rettungssanitäter weiter, seit Anfang März ist er wie vier seiner Kollegen vom DRK und drei hauptamtliche Mitarbeiter der Stader Werkfeuerwehr des Chemiekonzerns Dow Rettungsassistent. Das Stader DRK beschäftigt derzeit 70 Rettungsassistenten und fünf Rettungssanitäter.

Der Rettungsassistent hat im Rettungswagen das Sagen, wenn kein Notarzt dabei ist. Nach dem Rettungsdienstgesetz besitzt er eine sogenannte Notkompetenz. Das heißt, er darf beispielsweise bestimmte Medikamente verabreichen. Die Arbeit der Rettungsassistenten, der Sanitäter und der Helfer beschränkt sich bei weitem nicht auf den Transport von Patienten.

"Wir erstellen eigene Diagnosen und ebnen damit bereits den Weg für den Patienten", sagt Björn Langner. Deshalb ist es wichtig, dass die Besatzung des Rettungswagens bereits auf dem Weg zum Krankenhaus ein Protokoll mit den wichtigsten Informationen erstellt. Diese werden bei der Übergabe des Patienten an die Notfallaufnahme des Krankenhauses noch mal mündlich weitergegeben. Für die Rettungskräfte ist der Einsatz dann erledigt.

Zumindest in de meisten Fällen. Bei besonders belastenden Einsätzen sprechen die Mitglieder der Rettungsdienstes gemeinsam über das Geschehene, um es zu verarbeiten. Um posttraumatische Belastungen besser verarbeiten zu können, ist eine Mitarbeiterin des DRK als Fachkraft zur Psychotraumaberatung ausgebildet worden. Zwei weitere Kollegen seien aus diesen Gründen zudem zu kollegialen Ansprechpartnern weitergebildet worden, sagt Rettungsdienstleiter Waskow.