Die Fredenbecker Lehrer diskutieren einen Vorstoß aus Kultusministerium. Einige sehen in ihm einen Rückschlag für die IGS-Pläne.

Fredenbeck. Noch ist es ruhig im Lehrerzimmer der Geestlandschule in Fredenbeck. Zwei Pädagogen nutzen ihre Freistunde, um sich vorzubereiten. Der Duft von frischem Kaffee liegt in der Luft. Die Schulglocke läutet zur ersten großen Pausen. Nur wenige Augenblicke später wird es hektischer. Das Fredenbecker Kollegium betritt nach und nach den Aufenthaltsraum. Stimmen erfüllen den Raum. An diesem Morgen bestimmt ein Thema die Gespräche. Wohin führt der Weg in der niedersächsischen Schullandschaft?

In dieser Woche hat Niedersachsens Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) sein neues Schulmodell vorgestellt. Die Schulträger sollen zum Schuljahr 2011/2012 alle Haupt- und Realschulen sowie die Kooperativen Gesamtschulen (KGS) in sogenannte Oberschulen umwandeln können. Oberschulen sollen mindestens zweigliedrig sein, das bedeutet zwei Klassen pro Jahrgangsstufe. Es besteht auch die Möglichkeit, einen Gymnasialzweig anzugliedern. Dann müssten es wenigstens drei parallele Klassen sein. Die Oberschule soll eine Antwort auf die in einigen Teilen des Landes drastisch zurückgehenden Schülerzahlen sein. Kleine eigenständige Haupt- und Realschulen werden künftig kaum aufrecht zu halten sein. Die Oberschule soll die Grundlage für eine mögliche Zusammenführung dieser sein. Dass die Haupt- und Realschule an der Geestlandschule Fredenbeck zusammengeführt sollen, darüber sind sich die Lehrer einig.

Unterschiedliche Meinungen gibt es hingegen zum Vorstoß der Landesregierung. In der Kritik steht vor allem der spärliche Informationsfluss aus Hannover. Doch auch allgemein sind die Lehrer in Fredenbeck noch skeptisch. "Ich sehe in dem Vorschlag noch kein pädagogisches Konzept. Aber das kommt vielleicht noch", sagt beispielsweise Jürgen Fiß.

Ähnlich sieht es sein Kollege Wolfgang Weh: "Ich wundere mich, das im gesamten Entwurf, das Wort Pädagogik nicht auftaucht." Ihm gehe es auch um Ausbildungsqualität von Schule. Der neue Vorschlag des Kultusministeriums ist für Wolfgang Weh, der als Kreispolitiker für eine Integrierte Gesamtschule (IGS) in Fredenbeck kämpft, inakzeptabel. "Es ist eine reine Ablehnung der IGS", sagt Weh.

Seit Beginn dieses Jahres setzt sich eine Elterninitiative für eine IGS in Fredenbeck ein. Das Problem sind die Schülerzahlen. Laut Gesetz müssen für 14 Jahre fünf Klassen pro Jahrgang garantiert werden. Die Hoffnung der Fredenbecker, dass die Fünfzügigkeit gekippt wird, hat sich nahezu zerschlagen. Zwar muss eine Fünfzügigkeit künftig nur für zehn Jahre gewährleistet sein, doch sie bleibt bestehen. Lediglich in Ausnahmefällen soll eine IGS mit vier Klassen möglich sein. "Wie diese Ausnahmefälle konkret aussehen, wird jetzt geprüft", sagt Roman Haase, Pressesprecher des Niedersächsischen Kultusministeriums. Ein Ergebnis solle bis Ende November vorliegen.

Eine IGS in Fredenbeck wünscht sich auch Lehrerin Christiane Gerstmann-Hönsch. "Das wäre die optimalste Lösung", sagt die Lehrerin für Deutsch und Politik. Allerdings wolle sie die Oberschule nicht vorverurteilen. Den allgemeinen Ansatz des gemeinsamen Lernens finde sie richtig. In den kommenden Tagen und Wochen müsse nun geklärt werden, was die Oberschule konkret bedeute, vor allem im Unterschied zur IGS. Weitere Aufklärung zur Oberschule wünscht sich auch Andreas Walter.

Für ihn ist vor allem der Inhalt der Schule wichtig und die Möglichkeit, dass sich Schüler verbessern können. Dazu gehöre es auch, dass die Schüler während ihrer Freiräume betreut werden. "Dazu brauchen wir Sozialpädagogen und vor allem Geld für die Bildung", sagt Walter. Die Fredenbecker Lehrer sind sich einig, dass das umgesetzt werden soll, was für die Kinder am besten ist. "Ich bin nicht der Meinung, dass Politiker wissen, was das ist, aber die Lehrer werden in der Regel nicht gefragt", sagt Rainer Glatz. Er kritisiert zudem, dass in der deutschen Bildungslandschaft ein Grundkonsens fehlt. Bei jedem Machtwechsel werde die Richtung wieder geändert.

Eine Richtungsänderung könnte es nun auch in Sachen IGS Fredenbeck geben. Schulleiter Wolfgang Struck verschließt sich nicht gegenüber der neuen Schulform. Allerdings müssten für ihn noch einige Fragen wie zum Beispiel die Ausstattung der Lehrerstunden geklärt werden. Außerdem wolle er abwarten, was die Ausnahmekriterien für eine vierzügige IGS sind.

Etwas deutlicher wird hingegen Konrektor Manfred Schild von Spannenberg, der auch im Stader Kreistag sitzt. Die Geestlandschule Fredenbeck müsste zwar für eine IGS nicht umgebaut werden. Doch der Widerstand aus den Nachbargemeinden könnte dem Vorhaben zum Verhängnis werden. "Mit einer Oberschule hätten wir zumindest einen gymnasialen Zweig", sagt Schild von Spannenberg.