Nachbarn des Bliedersdorfer Mineralölunternehmens fürchten um ihre Gesundheit

Bliedersdorf-Postmoor. Ein Häuschen im Grünen, gleich am Naturschutzgebiet - diesen Traum erfüllten sich das Ehepaar Josef und Hannelore Orth und ihre Tochter Annette Orth vor zehn Jahren im Bliedersdorfer Ortsteil Postmoor. "Doch seit vorigem Jahr war es für uns und andere Anwohner mit der Idylle vorbei", sagt Annette Orth, die sich nun in einem Offenen Brief bei Samtgemeindebürgermeister Gerhard Froelian über Lärm- und Dieselgestank beschwert, der auf dem Nachbargrundstück verursacht wird. Dort ist eine Mineralölfirma tätig. Nach Annette Orths Angaben betreibt dieses Unternehmen vier 50 000-Liter-Tanklager, zwei davon angeblich ohne Genehmigung des Landkreises Stade.

Jan Westphal, Geschäftsstellenleiter der "Team Mineralöle" für den Bereich Stade, die seit 2009 das Tanklager einer ehemals kleinen Firma betreibt, sagt dazu: "Bei keiner der regelmäßig erfolgten Sicherheitsüberprüfungen ist dem Landkreis etwas aufgefallen. Das Familienunternehmen Feindt war Mitte der 90er-Jahre ausgebaut und modernisiert worden und hatte dafür alle Anträge bei der zuständigen Baubehörde des Landkreises Stade korrekt eingereicht und bewilligt bekommen."

Klar scheint: Nachdem "Team Mineralöle" das Tanklager übernommen hatte, das zuvor zwei Jahrzehnte lang von der Firma Heinrich Feindt betrieben wurde, wurde in größerem Umfang Öl umgeschlagen. Auch der Verkehr der Tanklastwagen nahm deutlich zu.

"An manchen Tagen geht das von 6 Uhr morgens bis abends 22 Uhr, es ist zeitweise nicht auszuhalten. Man kann im Sommer weder die Fenster offenlassen noch im Garten sitzen, weil die Tanks nur etwa 60 Meter entfernt sind", sagt Rentnerin Hannelore Orth. Dazu sei der permanente Dieselgestank der laufenden Motoren und Pumpaggregate eine unerträgliche Belastung. "Wir sorgen uns ernsthaft um unsere Gesundheit", sagt sie. Die Berufsschullehrerin, die zudem als CDU-Ratsfrau im Samtgemeinderat aktiv ist, weist in ihrem Offenen Brief auch auf eine drohende Krebsgefahr hin.

Samtgemeindebürgermeister Gerhard Froelian versucht, in der Angelegenheit Ruhe zu bewahren: "Ich nehme das Anliegen natürlich sehr ernst, obwohl ich nicht der richtige Ansprechpartner bin. Die Kompetenzen liegen in diesem Fall bei der Gemeinde Bliedersdorf und bei der Genehmigungsbehörde, also dem Landkreis Stade."

Er habe den Offenen Brief deshalb auch dort zur Kenntnis gegeben und zudem das Gesundheitsamt und das Gewerbeaufsichtsamt in Cuxhaven gebeten, die im Brief angesprochenen Probleme zu prüfen, so Froelian. "Das ist alles, was ich als Samtgemeindebürgermeister in dieser Sache tun kann.

Bliedersdorfer Bürgermeister Rainer Schulz hingegen ist sauer: "Ich finde diesen Offenen Brief der Frau Orth sehr unglücklich. Seit Jahrzehnten ist der Gewerbebetrieb dort ansässig, alle Sicherheitsvorkehrungen wurden eingehalten, nie hat es jemanden gestört." Zudem sei es in der Zeit von 6 bis 22 Uhr in diesem Mischgebiet erlaubt, dass neben Wohngrundstücken Gewerbe betrieben werden dürfen." Dass es nun wegen der Beschwerden von zwei Familien, die sich Bürgerinitiative nennen, viel Unfrieden gebe, halte er für unerfreulich, zumal die Genehmigung des Tanklagers im kommenden Jahr ohnehin enden soll.

Stades Kreisbaurat Hans-Hermann Bode bestätigt dies: "Wir haben eine Beseitigungsanordnung erlassen, die bis November 2011 vollzogen sein soll. Da das Unternehmen einen Standortwechsel anstrebt, ist das Problem dann ja auch erledigt."

Jens Westphal vom "Team Mineralöle" sagt, dass er mehrfach von Annette Orth wegen Lärm- und Geruchsbelästigung sowie einer möglichen Gesundheitsgefährdung angesprochen worden sei. "Ich habe versucht, zu vermitteln, dass an diesem Unternehmen Arbeitsplätze hängen und dass wir vom Bliedersdorfer Tanklager aus die Kunden der Umgebung auf kurzen Transportwegen mit Heizöl beliefern können, was ein wichtiger Kosten- und Umweltaspekt sei. Aber es waren keine vernünftigen Dialoge möglich."

Weil er Frieden wolle, habe er sogar versucht, die Lade- und Lieferzeiten, wann immer es möglich gewesen sei, in der Zeit von 8 bis 18 Uhr abzuwickeln, so Westphal. Denn natürlich habe er Verständnis, dass die Anwohner sich gestört fühlen, zumal die Firma "Team Mineralöle" deutlich mehr Öl umschlage als die Vorgänger-Firma Feindt.

"Es sind sogar im Auftrag des Landkreises Schallmessungen durchgeführt worden, um festzustellen, wie hoch die Lärmbelastung ist. Aber die gemessenen rund 60 Dezibel wurden als normal und zumutbar bezeichnet", sagt Westphal. "Auch alle Sicherheitskontrollen bestätigten, dass alles vorschriftsmäßig ist. Bis wir an unseren neuen Standort ziehen können, wurde uns vom Bauamt der Samtgemeinde Horneburg und vom Landkreis in gegenseitigem Einvernehmen die Duldung unseres Gewerbebetriebes zugesichert."

Dass das Tanklager mit der Genehmigung des Landkreises wohl tatsächlich noch bis November 2011 betrieben werden darf, wollen Annette Orth und ihre Mitstreiter nicht hinnehmen. "Dass so etwas in unmittelbarer Nachbarschaft des naturgeschützten FFH-Gebietes Auetal geduldet wird, löst bei uns großes Unverständnis aus", sagt Annette Orth. Auch dass man die Anlieger noch ein weiteres Jahr mit unerträglichen Lärm- und Immissionsbelastung, sei eine nicht zu akzeptierende Einschränkung der Lebensqualität. Sie habe, so Annette Orth, inzwischen einen Fachanwalt eingeschaltet, der sich für die Rechte der Anlieger stark machen wolle.