Die neue Hafen-City ist nur der Anfang. Wohnen in Stade soll attraktiver werden. Gleichzeitig wird am Image einiger Stadtteile gearbeitet.

Stade. Thore Jessen lehnt sich entspannt auf seinem Sofa zurück. Der 33-jährige Ingenieur hat seine Traumwohnung gefunden. "Es ist eine Top-Lage. Man ist schnell in der Stadt und auf der Autobahn", sagt Jessen. Seit Oktober des vergangenen Jahres wohnt der 33-Jährige in der Salztorsvorstadt, besser bekannt als Stades Hafen-City.

Der gebürtige Bützflether, der in Buxtehude arbeitet, ist rundum zufrieden mit seiner Wohnung. "Es ist sehr ruhig mit einer angenehmen Nachbarschaft", sagt Jessen. Vorher hat er in Buxtehude in Hafennähe gewohnt. Den Schritt, nach Stade zu ziehen, habe er nie bereut. Er könne zu Fuß in die Innenstadt oder zum Einkaufen gehen - oder ganz entspannt am Deich entlang bis ins Alte Land joggen.

Allerdings hat das Wohnen in exklusiver Lage seinen Preis. Nach der aktuellsten Bodenrichtwertkarte beträgt der Preis pro Quadratmeter in der Salztorsvorstadt 200 Euro. Jedes Jahr ermitteln die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte der Behörden für Geoinformation, Landentwicklung und Liegenschaften aus gezahlten Kaufpreisen die Bodenrichtwerte für Bauland und landwirtschaftliche Nutzflächen. Als Bodenrichtwert wird letztlich der durchschnittliche Preis des Bodens für mehrere Grundstücke bezeichnet, für die im Wesentlichen gleiche Nutzungs- und Wertverhältnisse vorliegen.

Verkehrsanbindung und Nähe zur Innenstadt werten Stadtteile auf

Anhand der Bodenrichtwertkarte ließe sich relativ genau festmachen, wo man in Stade exklusiv wohnen kann und welches die beliebtesten Stadtteile sind, sagt Stades Bürgermeister Andreas Rieckhof. Neben der Salztorsvorstadt gehört die Horststraße beziehungsweise das Gebiet um den Horstsee herum sowie weite Bereiche der Stadtteile Hohenwedel und Campe zu den Topadressen in der Hansestadt. Dort wurden ebenfalls Bodenwerte zwischen 160 und 200 Euro ermittelt.

Wichtige Merkmale für eine begehrte Lage in Stade seien vor allem die Nähe zur Innenstadt und die Verkehrsanbindung, sagt Rieckhof. Das entscheidende Kriterium fügt der Bürgermeister allerdings gleich hinzu: "Es sind die Nachbarschaft und das Image eines Stadtteils." Oft sei die Binnenwahrnehmung eines Stadtteils ganz anders als die Wahrnehmung von außen. Zahlen der Studie "Sicherheit und Kriminalität in Stade" des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen belegen diese These. Laut dieser Studie sagen beispielsweise 64,5 Prozent der Stader, die sich nie in Ottenbeck aufhalten, dass es dort unsicher ist. Doch nur 8,2 Prozent der Bewohner Ottenbecks sind derselben Ansicht. In den meisten Stadtteilen gibt es eine ähnliche Diskrepanz zwischen externer und interner Wahrnehmung.

Die Stader Verwaltung möchte das Sicherheitsgefühl der Bürger erhöhen

Trotzdem oder gerade deshalb sei die Wohnsituation in den unterschiedlichen Stader Stadtteilen für die Verwaltung ein Riesenthema. Gerade was die Sicherheit beziehungsweise das Sicherheitsgefühl angeht, versuche die Stadt, nach ihren Möglichkeiten tätig zu werden. So würden beispielsweise zugewachsene Spielplätze frei geschnitten, damit sie wieder einsehbar sind oder die Büsche an den Wallanlagen zurück geschnitten. "Das machen wir jedes Jahr wieder und stellen auch schon Erfolge fest", sagt Rieckhof.

Doch Hecken schneiden und Büsche stutzen sind bei weitem nicht die einzigen Mittel der Stadt. Die Stadtverwaltung hat sich ein ehrgeiziges Programm vorgenommen, das kurz-, mittel- und langfristig umgesetzt werden soll. "Die Hansestadt Stade als Zentrum des Elbe-Weser-Dreiecks hat das Potenzial, eine führende Rolle in der Süderelberegion zu übernehmen", sagt Rieckhof. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, ist auch die Stadtentwicklung ein wichtiges Instrument. Dazu gehört vor allem die Erneuerung der Vorstädte und der einzelnen Stadtteile. Passieren solle unter anderem etwas in den Stadtteilen Kopenkamp, Campe und Hahle. Dabei geht es aber nicht etwa um städtebauliche Sanierung, wie sie zum Beispiel im Altländer Viertel läuft oder wie sie in Bützfleth geplant ist.

"Die Qualität des öffentlichen Raumes erhalten" - so wird es im Programm der Verwaltung genannt. In Kopenkamp sollen vor allem die Nahversorgungsangebote gesichert werden. Auf der Agenda der Verwaltung steht aber auch der Bau eines Erlebnis- und Wasserspielplatzes, der nach aktueller Planung beispielsweise an der Thuner Straße entstehen könnte.

Mit dem Baugebiet Riensförde soll ein komplett neuer Stadtteil entstehen

Ein weiteres Ziel der Stadtentwicklung ist es, eine kompakte Stadt mit kurzen Wegen zu entwickeln. In diesem Zusammenhang sollen beispielsweise der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) möglichst gestärkt, mindestens aber erhalten werden. Außerdem soll das Stadtgebiet mit dem Baugebiet Riensförde mittelfristig sogar noch erweitert werden. Es soll dort ein neuer Stadtteil entstehen, in dem zwischen 1500 und 2000 Einwohner leben können. Dieser Stadtanbau sei allerdings ein Zukunftsthema, sagt Rieckhof. Die Planung würde sich über die nächsten zehn Jahre erstrecken.

Selbst die Innenstadt hat nach Aussage Rieckhofs noch großes Potenzial. Allerdings stehe die Modernisierung der umliegenden Gebiete im Vordergrund. Schließlich sei die Innenstadt in den 70er- und 80er-Jahren aufwendig saniert worden. "Die Innenstadt ist ein Diamant, der schlecht gefasst ist", sagt Rieckhof. Deshalb sei es eine wichtige Aufgabe in den kommenden zehn Jahren, die umliegenden Stadtteile auf Vordermann zu bringen. Doch ebenso wichtig wie die Sanierung der Gebäude sei es, dass diese Gebiete sozial stabil bleiben. Aus diesem Grund startet in Hahle noch in diesem Monat das umstrittene Projekt "Bürger im Dienst". Am 23. August gehen Freiwillige erstmals in Hahle auf Streife. Ausgehend von der Grundschule "Hahler Weg" werden künftig zwei "Bürger im Dienst" den Hahlern als Ansprechpartner zur Seite stehen und im gesamten Stadtteil präsent sein.

In der Innenstadt wird dieses Projekt bereits erfolgreich umgesetzt und soll nun sogar ausgeweitet werden. Die "Bürger im Dienst" sollen mit ihrer Präsenz das subjektive Sicherheitsgefühl erhöhen und eine "Kultur des Hinsehens" fördern, indem sie Mitbürger freundlich und gezielt auf ein mögliches Fehlverhalten hinweisen.

Rieckhof setzt auf eine Mischung aus öffentlichen und privaten Investitionen

In Stade soll also einiges passieren, um die Wohnqualität zu verbessern - ein Vorhaben, das in Zeiten leerer öffentlicher Kassen schwierig erscheint. Das Beispiel Hafen-City hat allerdings gezeigt, dass es funktionieren kann, wenn neben öffentlichen Mitteln zum Beispiel aus der städtebaulichen Förderung von Sanierungsgebieten auch privat investiert wird.

Die schmucke Hafen-City in der Salztorsvorstadt ist eines der erfolgreichsten Stader Sanierungsgebiete. "Auf jeden öffentlich gezahlten Euro kommt ein Vielfaches an privaten Mitteln", sagt Rieckhof. Der Stader Verwaltungschef schätzt, dass es etwa das Zwanzigfache ist.