Mehrmals in der Woche hält die Polizei in Cuxhaven Lastwagen an, die nicht verkehrssicher sind. Ein Grund ist wirtschaftlicher Druck.

Cuxhaven/Stade. Zu den Hauptaufgaben der Bundespolizei gehört, Schaden von Deutschland, aber auch vom Ausland abzuwenden. In den vergangenen Wochen hatte die Cuxhavener Dienststelle gleich zweimal Gelegenheit, dieser Aufgabe gerecht zu werden - und zwar auf dem Gebiet der Verkehrssicherheit. Die Beamten stoppten Lastwagenfahrer, die am Europakai Ladung von einem Schiff abholen, oder aber sich zur Weiterfahrt nach Großbritannien einschiffen wollten. In beiden Fällen waren die Lastwagen jedoch so stark beschädigt, dass die Polizei die Weiterfahrt sofort verbot.

"Der Zustand der Lastwagen war wirklich frappierend. Bei dem einen war die Frontscheibe gerissen und der Reifen so weit herunter gefahren, dass das Metallgewebe herausguckte. Der andere Lkw hatte insgesamt 13 Schäden, darunter kaputte Bremsen", sagt Holger Jureczko, Sprecher der zuständigen Bundespolizeiinspektion in Bremen.

In beiden Fällen habe es sich um Lastwagen einer Horneburger Spedition gehandelt. Einer der beiden Fahrer habe gegenüber der Bundespolizei angegeben, der Spediteur habe ihn gedrängt, trotz der bestehenden Schäden die Fahrt anzutreten. Jetzt drohen dieser Firma Konsequenzen - allerdings nur in Form von Geldbußen. Der Landkreis Cuxhaven, an den die Bundespolizei das Verfahren weitergeleitet hat, ermittelt in dem Fall. Weitere polizeiliche Ermittlungen erfolgen aber nicht. "Aus den Angaben des Fahrers war keine Drohung des Spediteurs ersichtlich. Deshalb haben wir es bei der Anzeige einer Ordnungswidrigkeit belassen", sagt Holger Jureczko. Zudem verweist er darauf, dass die Hauptaufgabe der Bundespolizei die Gefahrenabwehr sei - und die Hauptgefahr sei in diesem Fall der unsichere Lkw gewesen.

Dass sie nicht mehr verkehrstaugliche Lkw aus dem Verkehr ziehen müssen, ist für die Beamten der Bundespolizei in Cuxhaven allerdings Alltag. Laut Holger Jureczko gab es im vergangenen Jahr 153 Fälle an der Grenzübergangsstelle Cuxport, in denen Lkw-Fahrern die Weiterfahrt verboten wurde. "Das bedeutet, wir sehen fast jeden zweiten Tag Lastwagen mit gravierenden Mängeln." Trotz ihrer Häufigkeit sieht Jureczko die Fälle keineswegs als Kavaliersdelikte an: "Es ist absolut verantwortungslos, mit solchen Fahrzeugen unterwegs zu sein." Schäden an der Bremsanlage, wie in einem der jüngeren Fälle, könnten schnell zum kompletten Ausfall führen. Die Konsequenzen sind gravierend: "In einer Gefahrensituation funktioniert dann vielleicht gar nichts mehr".

Dass er Lkw-Fahrer stoppt, deren Autos nicht mehr verkehrssicher sind, ist auch für Oliver Kues Alltag. Er ist Leiter einer regionalen Kontrollgruppe der Polizeidirektion Lüneburg, die auf Autobahnen südlich der Elbe Lastwagen kontrolliert. Rund 20 Mal pro Jahr finden solche Einsätze statt, mit etwa 100 Beamten ist Kues dann auf Autobahnraststätten und an Auffahrten im Einsatz. Die Gruppe wird sehr häufig fündig: "Die Beanstandungsquote liegt bei 50 Prozent", sagt Kues. In manchen Fällen bekommen die Fahrer nur eine Mängelmeldung mit, in anderen Fällen müssen sie die Fahrt ganz abbrechen.

Schilderungen wie jene des Fahrers, der kürzlich in Cuxhaven gestoppt wurde, kennt auch Oliver Kues. "Natürlich wird auf Fahrer Druck ausgeübt. Es kommt vor, dass die Fahrer selbst Mängel feststellen und dass der Disponent in der Spedition dann sagt, fahr erst mal weiter." Laut Kues seien die Fahrer "teilweise froh", wenn sie eine Mängelmeldung bekämen - denn dann sei der Spediteur zur Reparatur verpflichtet.

Als Grund dafür, dass Spediteure so handeln würden, sieht Kues den wirtschaftlichen Druck. "Man merkt, dass in der Branche der Wettbewerb scharf ist", so Kues. Aus diesem Grund würde die Kontrollgruppe auch am häufigsten Lkw mit Mängeln an den Reifen anhalten. "Reifen sind teuer. Deshalb tauschen manche Spediteure sie nicht aus. Die Reifen werden stattdessen so lange gefahren, bis nichts mehr geht."

Dass Spediteure auf diese Weise Geld sparen würden, beobachtet Kues schon seit Jahren. Er rechnet allerdings damit, dass er in Zukunft eher mehr als weniger Lastwagen stoppen wird, die gravierende Mängel haben. Der Grund sei das Abklingen der Wirtschaftskrise. Eine bessere Konjunktur würde auch mehr Transporte bedeuten: "Wenn der Containerverkehr im Hamburger Hafen anzieht, dann bekommen wir das voll mit", sagt Kues.

Was kann ein Autofahrer tun, um sich auf der Autobahn oder auf Straßen wie der B 73 vor solchen Lastwagen zu schützen? Laut Oliver Kues müsse man vor allem darauf achten, dass Lkw-Fahrer nicht zu dicht auffahren - denn auch das passiere wegen des Zeitdrucks immer wieder. Und im Falle eines Falles solle man ruhig zum Handy greifen und 110 wählen. "Wer ein kaputtes Fahrzeug sieht, sollte die Polizei verständigen. Ein Zeichen ist zum Beispiel Funkenflug unter dem Laster. Das kann heißen, dass sich Teile des Reifens lösen."