Menschen ab 65 Jahren sollen hier kompetenten Rat finden. Wischhafen hat bereits eine Anlaufstelle für ältere Bürger

Stade/Wischhafen. In diesem Jahr soll es endlich Geld vom Land Niedersachsen für das geplante Seniorenbüro des Landkreises geben. Darauf hofft Susanne Brahmst, die Dezernentin für Soziales, Jugend und Gesundheit des Kreises. Bei einem Treffen mit zahlreichen Akteuren der Seniorenarbeit aus dem gesamten Kreisgebiet sagte sie, ein positiver Bescheid sei diesmal wahrscheinlich, nachdem Stade in den vergangenen Jahren bei der Mittelvergabe nicht zum Zuge gekommen war.

Seit 2008 gibt das Land Geld in die Kreise, damit diese Seniorenbüros aufbauen können. Ebenfalls seit 2008 treffen sich regelmäßig Vertreter der Seniorenarbeit im Kreis Stade. Gemeinsam wurde ein Konzept erarbeitet. Geplant ist ein zentrales Büro in Stade, von dem aus zunächst die einzelnen Angebote, die es landkreisweit bereits gibt, erfasst und vernetzt werden sollen. "Wir wollen alle Aktivitäten bündeln", sagt Susanne Brahmst.

Wo ältere und alte Menschen Rat und Hilfe bekommen, ist derzeit höchst unterschiedlich geregelt. Die Stadt Stade unterhält mit den 1976 gegründeten Stader Betreuungsdiensten eine hundertprozentige Tochtergesellschaft mit Sitz an der Poststraße 21. Deren Leistungen reichen von der Tagesbetreuung über den Hausnotruf bis zum Essen auf Rädern. Auch in Buxtehude hat die Stadt die Seniorenarbeit hauptamtlich organisiert. Zentrale Anlaufstelle für Aktivitäten ist die Begegnungsstätte Hoheluft an der Stader Straße 15. Dagegen verweisen die ländlichen Gemeinden auf die Angebote der Wohlfahrtsverbände und privater Pflegedienste.

Wie konkrete Hilfe vor Ort aussehen kann, macht der Verein "Wi helpt" vor, der vor einem Jahr gegründet wurde und sich die Förderung der Seniorenarbeit in Kehdingen auf die Fahnen geschrieben hat. In diesem Januar übernahm der Verein die Trägerschaft für das Seniorenbüro in Wischhafen, das 2008 als Einrichtung der Gemeinde Wischhafen entstanden war. Die Frau am Puls der Senioren war von Anfang an Martina Pfaffenberger.

Sie weiß, wie ältere Menschen in Notsituationen Hilfe bekommen, sich gegen unseriöse Haustürgeschäfte wehren und bei Krankenhausaufenthalten ihre Rechte wahren können. Dabei kommt Martina Pfaffenberger ursprünglich aus einer ganz anderen Ecke. Bankkauffrau hat sie gelernt und in einer Unternehmensberatung gearbeitet. Doch irgendwann stellte sie fest, dass die reine Büroarbeit auf Dauer nicht ihren Zielen entsprach, und begann eine Tätigkeit in der Altenpflege.

In Hamburg war das, von wo aus sie vor elf Jahren mit Ehemann und Sohn nach Nordkehdingen, genauer nach Wischhafen, zog. Die Arbeit mit den Alten setzte sie hier beim DRK in der ambulanten Pflege fort, sie pflegte und wusch Senioren, erwarb Vertrauen, machte sich einen Namen. Doch im wahrsten Sinne des Wortes wurde ihr die Arbeit eines Tages zu schwer. Der Rücken machte nicht mehr mit, nach der Operation sagte der Arzt: "Drei Kilo dürfen sie noch heben, mehr nicht." Damit war die praktische Tätigkeit in der häuslichen Altenpflege vorbei.

2008 übernahm sie schließlich die Leitung des damals neu eröffneten Wischhafener Seniorenservicebüros. Pfaffenberger sagt: "Ich liebe diese Arbeit. Das geht nur mit ganz viel Herzblut oder gar nicht."

Anfangs befasste sie sich damit, möglichst viele Wege und Gebäude in Senioren barrierefrei und damit seniorengerecht umgestalten zu lassen. Bald kamen weitere Projekte hinzu. Martina Pfaffenbergers großer Vorteil: Sie weiß aus langjähriger Präsenz und Nähe, wo die Alten der Schuh drückt. "Hier wohnen viele ältere Menschen, fast 30 Prozent sind über 60, häufig sind die Kinder weggezogen", beschreibt sie die Entwicklung in Nordkehdingen.

Ein Adress- und Ratgeberverzeichnis folgte, und als große Marktlücke erwies sich die Einrichtung eines Hausnotrufs, der gerade in den dünn besiedelten Kehdinger Moorgebieten dringend gebraucht wurde.

"Es war damals gefährlich, hier allein zu leben", sagt Pfaffenberger. Jetzt hingegen können Menschen, die gesundheitliche Probleme haben, schnell und unkompliziert Hilfe rufen.

Später kümmerte sich Martina Pfaffenberger um das Thema Patientenverfügung. Diese sollen sicherstellen, dass Kranke die Behandlung bekommen, die sie haben wollen, und dass eine Person ihres Vertrauens ihre Interessen gegenüber den Medizinern vertritt. Pfaffenberger hat auch auf diesem Gebiet viele Menschen in der Region erreicht: "An die 1000 Patientenverfügungen waren es bisher, in Wischhafen bin ich wohl fast durch damit", resümiert sie. Pfaffenbergers Rat an alle, die bislang noch keine Patientenverfügung erstellt haben: lieber spät als nie! Ohne klare Festlegungen helfe sonst oft nur der Gang zum Gericht.

Eine Erfahrung, die auch Familien aus Kehdingen machen mussten, wenn Großeltern plötzlich ins Krankenhaus mussten, vorher aber nicht bestimmt hatten, wer für sie sprechen sollte, wenn sie dies nicht mehr selbst konnten. Komplette Familien hätten daraufhin die Konsequenz daraus gezogen und seien im Seniorenbüro wegen einer Patientenverfügung vorstellig geworden, um eine Wiederholung der Situation zu vermeiden.

Und noch etwas: Martina Pfaffenberger ist in Kehdingen für viele Alte die erste - und oft auch einzige - Ansprechpartnerin, wenn sie nicht weiter wissen. Auf der Tagesordnung steht das Organisieren von Mitfahrgelegenheiten zu Arztterminen, Einkäufen oder Schwimmbadbesuchen: "Oft sind es Kleinigkeiten." Wie im Fall eines älteren Mannes, der an der Haustür zu einem teuren Zeitschriftenabo überredet wurde. Martina Pfaffenberger schrieb einen geharnischten Brief und erreichte auf diese Weise, dass der Vertrag aufgelöst wurde. Einen großen Blumenstrauß gab es dafür als Dank. Eine andere Dame kommt jeden Monat mit einem großen Karton voll gesammelter Post zu Martina Pfaffenberger und bittet sie, Rechnungen, Behördenbriefe und Werbung zu sortieren, weil sie das nicht mehr selbst machen könne.

"Altersarmut unter Frauen ist ein großes Thema", sagt Martina Pfaffenberger. Zum Teil müssen die Frauen mit 80 bis 90 Euro pro Monat auskommen, dennoch trauen sie sich nicht, zum Sozialamt zu gehen: "Die Scham ist zu groß". Einfacher ist da der Besuch im Seniorenbüro - hier werden dann die Anträge gestellt, um eine Grundsicherung zu bekommen. Und um künftige Heimbewohner kompetent beraten zu können, habe sich Pfaffenberger alle Heime in der Umgebung angesehen.

Der großen Nachfrage hat man in Wischhafen inzwischen Rechnung getragen: Anfang des Jahres hat das Seniorenbüro neue Räume an der Stader Straße bezogen. Die Dow hat Möbel und Computer bezahlt, und endlich gibt es ein separates Wartezimmer, was vertrauliche Gespräche erleichtert. Doch mit dem Übergang der Trägerschaft auf den Verein "Wi Helpt" zieht sich die Kommune auch sukzessive aus der Finanzierung zurück. Nur fünf Jahre lang gibt es noch einen Zuschuss von der Gemeinde Wischhafen. Danach ist der Verein auf Einnahmen aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen angewiesen. Pfaffenberger weiß: "Wir brauchen dringend mehr Mitglieder. Und wir benötigen die Unterstützung der Bürger."

www.seniorenbuerowischhafen.oyla.de