Für Spannungen sorgen die Pläne, wegen der Erweiterung des Umspannwerks Bäume zu roden. Bürgermeister erfuhren davon per E-Mail.

Dollern. Die Netzbetreiberfirma Tennet TSO GmbH mit Sitz in Bayreuth plant den Ausbau ihres Höchstspannungsnetzes zwischen der Elbquerung auf Lühesand, Dollern und Stade, um in Zukunft größere Strommengen durch den Landkreis Stade fließen zu lassen.

Dazu muss auch das Umspannwerk Dollern aufgerüstet und erweitert werden. Deshalb sollen nun noch einmal 1,5 Hektar Wald in dem Landschaftsschutzgebiet abgeholzt werden, in dem sich das Umspannwerk befindet. Davon erfuhren Horneburgs Samtgemeindebürgermeister Gerhard Froelian und Dollerns Bürgermeister Wilfried Ehlers allerdings erst einen Tag nach einer großen Informationsveranstaltung, die die Tennet für alle Bürgermeister der Ortschaften veranstaltete, die vom Netzausbau betroffen sind. Über die geplante Rodung informierte die Tennet per E-Mail.

"Ich halte das für eine verfehlte Informationspolitik", sagt Froelian. " Da wird auf der Infoveranstaltung einfach nicht gesagt, dass der Landkreis alles bereits genehmigt hat und die kleinen Gemeinden sollen es über sich ergehen lassen. So geraten die Gemeinden unter Druck und Bürgerproteste sind vorprogrammiert."

Bürgermeister Wilfried Ehlers kritisiert den Landkreis

Auch Wilfried Ehlers ist sauer: "Ich bin entsetzt, dass wir vom Landkreis und von Tennet nicht offen informiert werden, obwohl wir einen Tag zuvor hätten über alle Details sprechen können. Das ist einfach unfair gegenüber den Dollerner Bürgern. Ärgerlich ist auch, dass der Landkreis offenbar mit zweierlei Maß misst."

In einigen Bereichen würden großzügig Genehmigungen erteilt, und dort, wo man in der Gemeinde Dollern attraktive Freizeitanlagen für Urlauber und Familien aus der Region bauen wolle, gebe es keine Zusagen vom Landkreis, so Ehlers. Bestes Beispiel: Als vor Jahren eine Swing-Golf-Anlage für Familien in der Gemeinde Dollern geplant war, die nach Ehlers' Ansicht kein massiver Eingriff in die Natur gewesen wäre, sei das vom Landkreis unter Berufung auf das Landschaftsschutzgesetz abgelehnt worden.

"Das haben wir akzeptiert, weil wir in Sachen Natur- und Landschaftsschutz in unserer Gemeinde sehr sensibel sind", sagt Ehlers. Deshalb habe sich die Verwaltung bereits bei den vergangenen Rodungen beschwert, die Betreiber des Umspanwerks seit 2007 durchgeführt haben.

Froelian unterstützt Ehlers' Position: "Das Gelände gehört zwar den Betreibern des Umspannwerkes, also der Tennet und E.on Netz GmbH, aber dennoch sind die Abholzungen ein Eingriff in die Natur des Landschaftsschutzgebietes und des Ferner Moores, das sogar als Naturschutzgebiet ausgewiesen ist."

Nun werde wieder abgeholzt und wenn überhaupt nur in geringem Maße in der Gemeinde Dollern Ausgleichsfläche aufgeforstet. Solches Vorgehen und die Art der Information fördere kaum die Akzeptanz in der Bevölkerung, sagt Bürgermeister Ehlers.

"Seit 2007 haben wir in der Tat an diesem Standort Waldumwandlungsgenehmigungen erteilt und für eine Ersatzaufforstung überwiegend im Bereich des Deinster Mühlenbaches gesorgt", sagt dazu Stades Kreisbaurat Hans-Hermann Bode. Nachdem in den vergangenen Jahren 2,9 Hektar Wald des Landschaftsschutzgebietes am Rand des Naturschutzgebietes Ferner Moor per sogenannter Umwandlungsgenehmigung abgeholzt wurden, habe man als Ausgleich 4,6 Hektar in der Gemarkung Groß Fredenbeck am Deinster Mühlbach und 1,75 Hektar in der Gemeinde Dollern neu aufgeforstet.

Dass von der Tennet eine Ausgleichszahlung in Höhe von rund 120 000 Euro an den Landkreis geflossen sei, wollte Bode nicht bestätigen. "Zahlen und Namen, da sind wir sehr eng beim Datenschutz, an den wir uns halten müssen", sagt Bode.

Seit das Planfeststellungsverfahren für den Ausbau und die Aufrüstung der bestehenden Hochspannungstrassen mit einer neuen 380 000-Volt-Leitung zwischen Dollern und einem neuen Umspannwerk Stade nahe der Ortschaften Melau und Wöhrden läuft, wissen Froelian und Ehlers, dass auch das Abholzen weiterer 1,5 Hektar Wald vom Landkreis abgesegnet wurde.

Stromleitungen sollen auf 380 000 Volt aufgerüstet werden

Statt wie bisher 220 000 Volt sollen künftig bis zu 380 000 Volt durch die Stromleitungen zwischen dem 227 Meter hohen Hochspannungsmast auf der Elbinsel Lühesand und dem Umspannwerk Dollern fließen.

"Für diese neuen Kapazitäten muss das Umspannwerk Dollern ertüchtigt und erweitert werden", sagt Joëlle Bouillon, Sprecherin der Tennet. Die Masten der neuen Trasse zwischen Dollern und Wöhrden werden 60 Meter hoch sein und damit 20 Meter höher als die bisherigen, die dann teilweise entfernt werden sollen.

"Die Pläne für den etwa 14 Kilometer langen Trassenverlauf liegen jetzt für die Bevölkerung zur Einsicht im Bauamt der Samtgemeinde Horneburg aus", sagt Horneburgs Bauamtschef Roger Courtault. Ob die neue 380 000-Volt-Leitung genehmigt wird, entscheidet nach der Auslegungsfrist die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr.

Hintergrund der Aufrüstung sind die Maßgaben der Bundesregierung, bis zum Jahr 2050 etwa 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien zu nutzen. Dieser Strom soll überwiegend aus Windparks in Norddeutschland und Offshore-Anlagen im Meer kommen.