Jorks Bürgermeister Rolf Lühmann will den Zusammenschluss mit der Samtgemeinde Lühe vorantreiben, ihr Bürgermeister zögert.

Jork/Steinkirchen. Die Kommunen im Landkreis stecken offenbar im Fusionsrausch. Apensen und Beckdorf wollen zur Einheitsgemeinde werden, reiben sich aber noch an den widerspenstigen Sauensiekern. Die Samtgemeinden Oldendorf und Himmelpforten ringen derzeit darum, eine große Samtgemeinde zu bilden. Und nun entwirft Jorks scheidender Bürgermeister Rolf Lühmann auch noch die Vision einer Einheitsgemeinde Altes Land. Nach Lühmanns Vorstellung sollen sich Jork und Lühe zusammenschließen: "In einer Einheitsgemeinde Altes Land könnten wichtige Entscheidungen schneller getroffen werden."

Pragmatiker Lühmann sagt: "Man muss das enorme Einsparpotenzial, das eine interkommunale Zusammenarbeit bietet, als Vorteil sehen." Dem stimmt Matthias Riel zu. Der Jorker Kämmerer, der als Bürgermeisterkandidat von CDU und SPD die besten Chancen hat, Lühmann nach der Kommunalwahl Mitte September im Amt zu beerben, würde ein vereintes Altes Land ebenfalls befürworten.

"Samtgemeinden sind teuer und nicht mehr zeitgemäß. Allerdings muss die Bürgernähe vor Ort gewahrt bleiben", sagt Riel. Gleichwohl könne man nicht über den zweiten Schritt reden, wenn der erste noch nicht getan sei. Bislang ist Lühe, anders als Jork, keine Einheits-, sondern eine Samtgemeinde. Lühe müsse sich erst mal zu einer Einheitsgemeinde durchringen, so Riel. Danach aber stiegen auch die Chancen auf eine Fusion. "Es gibt im Alten Land keine sichtbaren Grenzen zwischen Lühe und Jork. Vieles, wie etwa die Abwasserbeseitigung, wird bereits gemeinsam organisiert. Also ist ein geeintes Altes Land von 2012 an durchaus zu beraten", sagt Riel.

Doch bevor die Jorker einer Einheitsgemeinde Altes Land ihren Segen geben könnten, müssten sich zunächst die Bewohner der Samtgemeinde Lühe einig sein. "Da hat mein Amtskollege Lühmann einen frühen Pfeil abgeschossen", sagt Lühes Samtgemeindebürgermeister Hans Jarck. Er will sich nicht für die Jorker Ideen vereinnahmen lassen und macht einen Gegenvorschlag: "Wenn die Jorker an eine Vereinigung denken, biete ich natürlich an, die Einheitsgemeinde mit offenen Armen in unserer Samtgemeinde aufzunehmen."

Allerdings sei eine solche Brautwerbung vor den Kommunalwahlen am 11. September kein Thema in der Samtgemeinde Lühe. Dort liege derzeit das Augenmerk auf der Schaffung einer Einheitsgemeinde. Man werde daher frühestens 2012 eine Fusion näher diskutieren, so Jarck.

Gleichwohl hält er Lühmanns Vision für interessant: "Wir sind eine Region, unsere Stärken und Probleme sind meist identisch, das muss man langfristig im Blick behalten." Zudem habe man grundsätzlich in der Samtgemeinde Lühe nichts dagegen, wenn Jork dazukäme. Das müsse man aber in allen Einzelheiten mit den Gemeinden diskutieren.

Doch auch in Jork erntet Lühmanns Vorstoß nicht nur Zustimmung. Harm-Paul Schorpp, Fraktionschef der Grünen in Jork, hält dagegen: "Im Augenblick ist das eine Schnapsidee. Schon bei der Frage, ob der Hauptsitz einer Einheitsgemeinde Altes Land in Jork oder Lühe sein sollte, werden sie sich in die Wolle kriegen." Und ob erwartete Synergieeffekte mit der Forderung nach Bürgerfreundlichkeit vereinbar seien, bleibe fraglich, so Schorpp. Es werde kaum auf Gegenliebe treffen, wenn die Leute längere Wege haben und möglicherweise Traditionen und Rechte in den kleineren Gemeinden verloren gingen, so Schorpp.

Monika Tegtmeyer, SPD-Vorsitzende in Jork, hält Lühmanns Vision für "absolut illusorisch". Sie sagt: "Ich kriege jedes Mal einen Schock, wenn ich das höre. Wie soll das gehen, wo sich die Samtgemeinde Lühe sogar gegen den Zusammenschluss zur Einheitsgemeinde wehrt? Ich glaube nicht, dass es der allgemeine Wunsch der Altländer ist."

Hans-Günther Cordes vom Bürgerverein Jork sagt, dass diese Vision nicht neu sei. Es fehle lediglich die handwerkliche Vorarbeit in Lühe, zur Einheitsgemeinde zu finden. "Es ist sinnvoll, bei Gemeinsamkeiten wie Abwasserzweckverband, Leader-Projekten oder beim Thema Welterbe an einem Strang zu ziehen. Es wird aber ein großes Problem sein, dass gewisse Fürsten ihre Position verlieren. Und ich verstehe auch, dass Bürger kleiner Gemeinden bei einer großen Vereinigung fürchten, noch weniger gehört zu werden", sagt Cordes.

Diesen Aspekt nennt auch Peter Rolker, Fraktionschef der Jorker FDP. "Man hat bei allem Für und Wider das Problem, dass alte Ortsteile in einer großen Verwaltungseinheit ihre Identität verlieren. In kleineren Einheiten ist man näher an den Bürgern dran."

Auch von der anderen Seite der Hochzeitsgesellschaft kommen kritische Stimmen. Hans Gosch, Sprecher der CDU- und FDP-Fraktion in Lühe: "Das Thema wird bei uns noch nicht diskutiert. Wir müssen bei unserer Bevölkerung erst mal einen Konsens finden, eine Einheitsgemeinde Lühe zu schaffen." Reinhard Meyer-Schmeling, Sprecher für SPD und Bündnis 90/Die Grünen, sieht in absehbarer Zeit keine Einheitsgemeinde Altes Land. "Eine Fusion mit Jork ist derzeit nicht in Sichtweite."

Thorsten Bardenhagen von der Freien Wählergemeinschaft Lühe glaubt. "Lühmanns Visionen werden bald als Zielvorgabe aus Hannover kommen. Ich glaube, Kerngemeinden wie Jork würden von einer Fusion profitieren. Für die Bürger in kleinen Randgemeinden aber wird alles anonymer, und die Behördenwege werden länger."

Was meinen Sie? Sind Jork und Lühe schon reif für eine Fusion? Und was ist mit Apensen, Oldendorf und anderen Orten? Schreiben Sie Ihre Meinung an stade@abendblatt.de