Die Stadt Buxtehude plant eine Reform des Schulsystems. Bis zum Jahr 2013 sollen die Grundschulen zu Ganztagesschulen werden

Buxtehude. Die Buxtehuder Verwaltung plant eine echte bildungspolitischen Innovation. Als einzige Kommune im Landkreis Stade könnte die Stadt schon in drei Jahren flächendeckend Ganztagesschulen für Grundschulkinder bieten. Das zumindest sieht ein Plan vor, den die Erste Stadträtin Katja Oldenburg-Schmidt jetzt den Politikern im Schulausschuss vorgestellt hat.

Zuvor hatte es aus der Politik immer wieder die Forderung gegeben, Buxtehude zu einem "Bildungsstandort" umzubauen. Doch nicht so sehr dieses abstrakte Ziel, sondern der konkrete Bedarf habe den Anstoß für die Pläne gegeben, wie Katja Oldenburg-Schmidt sagt. "Es gibt immer mehr Eltern in der Stadt, die eine Nachmittagsbetreuung benötigen. Dem müssen wir nachkommen." In der Stadt gebe es 1500 Grundschulkinder, aber bisher nur 100 Hortplätze, mit zum Teil langen Wartelisten. Der Anteil der Kinder, die nachmittags betreut werden, soll in Zukunft stark ansteigen: "Unser Wunsch ist es, auf 50 Prozent zu kommen", sagt Katja Oldenburg-Schmidt.

Anteil der Kinder, die betreut werden, soll auf 50 Prozent steigen

Kern des Plans ist es, die bisherigen Horteinrichtungen, in denen Erzieher nach der Schule auf Kinder aufpassen, zu schließen und dafür alle sechs Buxtehuder Grundschulen bis zum Jahr 2013 in Ganztagesschulen umzuwandeln. Das grundlegend Neue daran wäre, dass die Nachmittagsbetreuung für die Eltern an drei Tagen kostenfrei wäre. Bisher hat lediglich die Grundschule Altkloster, die sich aus Eigeninitiative in eine Ganztagesschule umgewandelt hat, ein Nachmittagsangebot. Doch einige der Angebote kosten bisher Geld.

Das Jahr 2013 ist dabei nicht zufällig als Ziellinie für die Umstellung gewählt. Von diesem Jahr an haben Eltern in Buxtehude, wie in allen Kommunen bundesweit, einen Rechtsanspruch darauf, Kinder unter drei Jahren in einer Kita oder bei einer Tagesmutter unterbringen zu können. Weil die Horte bisher in Kindergärten untergebracht sind, würde deren Schließung auch dazu führen, dass Räume und weitere Kita-Plätze frei werden.

Mit dem Vorhaben, Grundschulkindern eine Ganztagesbetreuung zu bieten, würde die Verwaltung nebenbei auch dem Ziel näher kommen, den Rechtsanspruch auf Kita-Plätze für die Jüngsten einzulösen. Ein Teil des Hortpersonals könnte dabei in Zukunft auch in den Schulen eingesetzt werden, wie Oldenburg-Schmidt sagt. "Wir würden Erzieherinnen, die jetzt in der Hortbetreuung arbeiten, gerne weiter in der Nachmittagsbetreuung einsetzen. Aber die Details würden erst später mit den Schulen und den Betroffenen besprochen werden."

Wird der Plan Realität, sollen die sechs Buxtehuder Grundschulen zu "Offenen Ganztagesschulen" werden. Das bedeutet, dass es sich bei den Nachmittagsprogrammen für die Kinder um Angebote handelt, bei denen keine Teilnahmepflicht besteht. Dieses Angebot könnte laut Katja Oldenburg-Schmidt etwa in zusätzlichen Sportkursen bestehen, zudem sollen die Kinder auch viele Möglichkeiten der freien Entfaltung bekommen. Den Schülern wird ein Mittagessen angeboten, zudem sollen Eltern die Möglichkeit haben, zusätzlich zu den drei kostenfreien Tagen weitere Betreuungstage zuzukaufen, etwa in den Ferien.

Dass Buxtehude tatsächlich daran geht, seine Schullandschaft umzukrempeln, ist durchaus realistisch. Denn bei den Fraktionen im Buxtehuder Rat gibt es eine breite, parteiübergreifende Zustimmung für die Pläne. "Wir stehen dem Plan grundsätzlich sehr aufgeschlossen gegenüber", sagt die CDU-Fraktionschefin Arnhild Biesenbach. "Ganztagesschulen würden die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Deshalb ist der Plan sehr fortschrittlich", so Biesenbach weiter. Sehr positiv sieht das Vorhaben auch der FDP-Fraktionschef Rudolf Fischer, der für seine Fraktion reklamiert, bei dem Konzept geistig Pate gestanden zu haben. "Der Plan geht zurück auf unseren Antrag, Buxtehude zu einer Bildungsstadt zu entwickeln, den wir vor einem Jahr gestellt haben." Die FDP werde das Vorhaben unterstützen, denn auf diese Weise könne Buxtehude ein "bildungspolitischer Leuchtturm" werden.

Bei den Fraktionen im Stadtrat gibt es eine breite Mehrheit für das Konzept

Zustimmung kommt auch von den Grünen und der SPD. "Grundsätzlich hervorragend" findet der SPD-Fraktionschef Hans-Uwe Hansen das Konzept. "Positiv" nennt ihn auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Heike Vollmers. "Eine Gesamtschule bietet bessere Möglichkeiten, lernschwache Schüler zu integrieren. Das ist für uns ein wichtiger Aspekt", so Vollmers.

Bleibt die Frage der Finanzierung, die die Stadt vor eine schwierige Aufgabe stellt. Denn bis zum Jahr 2013 hat sich die Verwaltung auch vorgenommen, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Zwar ist der Fehlbetrag für das Haushaltsjahr 2010 jetzt deutlich geringer ausgefallen, als zuvor berechnet, doch noch immer fällt ein Minus von rund 300 000 Euro an. Die Ganztagesschulen würden jährlich, trotz der Schließung der Horte, zusätzliche Kosten bedeuten. Wenn etwa die Hälfte der Grundschulkinder das neue Angebot nutzen, würde das die Stadt nach Angaben von Katja Oldenburg-Schmidt jährlich etwa 750 000 Euro kosten. Zudem gibt es ein weiteres Problem: "Das Land Niedersachsen bezahlt bisher einen Teil der Personalkosten der Horte. Diese Förderung würde uns dann gestrichen", sagt Katja Oldenburg-Schmidt. "Darüber sind wir noch im Streit."

Dennoch macht die Finanzierungsfrage den Politikern offenbar wenig Sorgen. "Wir werden die Stadträtin dabei unterstützen, dass Mittel im Haushalt 2011 zur Verfügung zu stellen. Das Thema Bildung müsse Priorität vor anderen haben, sagt Rudolf Fischer. Arnhild Biesenbach ist ebenfalls "optimistisch, dass es finanziell zu schaffen ist". Ähnlich sieht es Heike Vollmers, die auch betont, dass Bildung ein "Standortfaktor" sei. Ein wenig verhaltener klingt Hans-Uwe Hansen: "Gott schuf die Vision, der Teufel die Details. Aber die Details werden wir schon bezwingen."

Die Eltern sollen selbst entscheiden, ob ihre Kinder ganzags betreut werden

Ob Buxtehude in Sachen Ganztagesbetreuung voran geht, ist zunächst die Entscheidung der Schulen selbst. Denn nur sie können auf Konferenzen, die sich aus Lehrern und Eltern zusammensetzen, darüber entscheiden, ob sie die Reform wollen. Nur wenn sie einen entsprechenden Antrag bei der Verwaltung stellen, würde diese die nächsten Schritte veranlassen. Zunächst einmal will die Verwaltung jetzt auf einer großen Veranstaltung, die für den Juni geplant ist, über das Konzept informieren. Im Juni stehen auch die nächste Sitzung des Schulausschusses und die nächste Ratssitzung an. Wenn es dann in die Detailfragen geht, dürfte sie vorerst vorbei sein: die große Einigkeit der Parteien zum Thema.

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