Konrad Jahncke hat das Bundesverdienstkreuz für seinen Einsatz in Osteuropa vor 20 Jahren erhalten

Assel. Noch heute ist Konrad Jahncke sichtlich bewegt, wenn er von seinen Erlebnissen in einem Waisenhaus in Moldawien erzählt. Es ist etwa 20 Jahre her. Der Unternehmer aus Assel war beruflich in Moldawien unterwegs. Ein Geschäftspartner wollte ihm das Waisenhaus zeigen, in dem er aufgewachsen ist. Das Elend, das Konrad Jahncke dort sah, traf ihn tief. Er wollte etwas tun und er hat etwas getan. Für seine humanitäre Hilfe in Osteuropa wurde der 71-jährige Geschäftsmann jetzt mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

Konrad Jahncke ist ein echtes Kehdinger Urgestein. Nachdem er die Hauptschule abgeschlossen hatte, besuchte er eine zweijährige Handelsschule. Anschließend absolvierte er zwei Lehren, eine zum Fruchtsafttechniker und eine zum Industriekaufmann. Mit 18 Jahren stieg er im Familienunternehmen an der Drochterser Straße in Assel ein.

Seit 1883 verarbeitet die Jahncke Group Obst und Gemüse zu Säften, Konzentraten und Pürees. Mittlerweile wird das Familienunternehmen in fünfter Generation geführt. Das Werk in Drochtersen ist einer von fünf Standorten. Jahncke besitzt weitere Fabriken in der Türkei, in der Ukraine, in Polen und in Salzwedel, Sachsen-Anhalt.

Geschäfte führten Konrad Jahncke vor 30 Jahren nach Osteuropa

Seine Geschäfte führten ihn vor knapp 30 Jahren in den Osten Europas. So kaufte er beispielsweise in Moldawien große Mengen Apfelsaftkonzentrat. In diesem Zusammenhang kam es auch zu seinem ersten Besuch in einem Waisenhaus. Die Waisenkinder sind ihm ein besonderes Anliegen, sie gaben den Anstoß für seine umfangreiche Hilfe.

Jahncke kann sich noch gut an die Bilder erinnern, die ihm vor knapp 20 Jahren gezeigt wurden. Zwei seiner deutschen Geschäftsfreunde hätten den Anblick nicht mehr ertragen, seien weinend aus dem Zimmer gegangen. "Auch mich hat es sehr berührt", sagt Jahncke. Zunächst kaufte er einige Kleinigkeiten für die Kinder und ließ sie ihnen zukommen. Wieder in Deutschland, berichtete er seiner Frau Monika von seinen Erlebnissen. Die beiden sind seit fast 47 Jahren verheiratet. Gemeinsam beschlossen sie, den Kindern zu helfen. Zunächst riefen sie alle ihre Lieferanten an und baten diese, auf die Weihnachtsgeschenke zu verzichten und stattdessen Geld für das moldawische Waisenhaus zu spenden. Jahncke verdoppelte die zusammengekommene Summe und kaufte zudem Betten für die Kinder.

Im Laufe der Zeit haben Jahncke und seine Frau die Patenschaften für drei Waisenhäuser in den Städten Orgejew, Karpineny und Soroca übernommen. Dank mehrerer Geldspenden wurden unter anderem eine direkte Wasserleitung zum Haus, ein neues Kesselhaus oder ein Generator für Strom und Wärme angeschafft.

Zudem haben sie die Kinder der Waisenhäuser über viele Jahre mit Kleidung, Schuhen und Lebensmitteln unterstützt, die sie in Schulen und Kindergärten in der Region gesammelt hatten. Das geht seit drei Jahren nicht mehr. "Die Einfuhr von gebrauchter Kleidung wurde verboten", sagt Jahncke. Grund sei die Tatsache, dass die eigene Wirtschaft gestärkt werden soll. Deshalb fahren Konrad Jahncke und seine Frau noch heute jedes Jahr zu Weihnachten nach Moldawien, kaufen dort Kleidung und schenken sie den Kindern in den Heimen.

Vor acht Jahren hat die Familie aus Assel sogar ein moldawisches Pflegekind aufgenommen. Ohne Deutschkenntnisse kam die damals neunjährige Anastasia nach Deutschland. Mittlerweile besucht die 17-Jährige die zehnte Klasse des Stader Vincent-Lübeck-Gymnasiums und beherrscht nicht nur die deutsche Sprache, sondern lernt auch Englisch, Französisch und Latein.

Doch Konrad Jahncke hat sich nicht nur für die Waisenkinder aus Moldawien eingesetzt. Er schenkte den ukrainischen Krankenhäusern in Ternopil, Kamenez-Podolskij und Bortschev sowie dem Krankenhaus in Chisinau, Moldawien, je einen Rettungswagen mit medizinischer Ausrüstung, sowie komplettes Dialyse-Gerät. Zudem sorgt er für regelmäßige Medikamentenlieferungen in die Krankenhäuser.

Selbst Einzelschicksale hat Konrad Jahncke mit seiner Hilfe wieder erträglicher gemacht. Ein Förster aus Ternopil hatte bei einem Arbeitsunfall seine Beine verloren, heute kann der Mann mit Beinprothesen wieder selbstständig gehen.

Im Januar übernimmt sein Sohn Kurt die Geschäfte von Konrad Jahncke

"Ich habe immer etwas getan, wenn ich meinte, Hilfe war vonnöten", sagt Jahncke und ergänzt: "Allen kann man leider nicht helfen." Zumindest beruflich möchte der 71-Jährige jetzt kürzer treten. Zum Januar übergibt er die gesamte Geschäftsführung seinem Sohn Kurt, der schon jetzt in die Geschäftsführung eingebunden ist.

Konrad Jahncke blickt auf seinen goldenen Orden. Für ihn sei diese Auszeichnung eine große Ehre, sagt er. Er habe dem Ansehen Deutschlands geholfen. Ein schönes Gefühl. Doch wichtiger ist dem Unternehmer, dass er anderen Menschen helfen konnte, die seine Hilfe wirklich gebraucht haben.