Zeugen haben möglicherweise die Täter des brutalen Raubüberfalls auf ein Oldendorfer Ehepaar am vergangenen Samstag beobachtet.

Oldendorf. Nach dem tödlichen Raubüberfall in Oldendorf geht die Mordkommission einer ersten heißen Spur nach. Zeugen haben möglicherweise einen der beiden Täter gesehen, als er kurze Zeit vor der Tat Klebeband in einem Baumarkt kaufte, wie ein Sprecher der Polizei in Stade am Montag sagte. Bei dem Überfall am Samstagabend war ein 50-Jähriger gestorben. Zwei Unbekannte hatten den Mann und seine Frau zu Hause überwältigt und gefesselt. Sie hoben mit deren EC-Karten Geld ab und flüchteten. Die 51-Jährige konnte sich später selbst befreien, der Mann erstickte. Die Frau kam schwer verletzt in ein Krankenhaus. Die Polizei konnte sie jedoch schon vernehmen.

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Mordkommission hat schon 25 Hinweise

Die Zeit scheint stillzustehen in Oldendorf. Kaum jemand ist am Montag auf den Straßen zu sehen. Es ist, als halte der gesamte Ort den Atem an, unfähig, die schrecklichen Geschehnisse vom Wochenende zu begreifen. Ein Bürger aus ihrer Mitte, der 50 Jahre alte Unternehmer Gerd H. ist tot. Gestorben, weil es zwei Unbekannte auf sein Geld abgesehen hatten.

Die Ereignisse erinnern an das Drehbuch eines Krimis, wie man ihn schon oft im Fernsehen gesehen hat. Zwei Männer klingeln am Sonnabendabend zwischen 20 und 21.30 Uhr an der Tür des gepflegten Zweifamilienhauses am Koppelring, als der Zaun- und Torbauer, der sein Unternehmen vor 13 Jahren gegründet hat, mit seiner 51-jährigen Ehefrau zu Hause ist.

Das Ehepaar geht gemeinsam zur Tür, ganz so, als wundere es sich, wer sie zu dieser späten Stunde noch besuchen will, und öffnet. Plötzlich sehen sich die beiden zwei Männern gegenüber, die sie ins Haus zurückdrängen, sie fesseln, schwer misshandeln und von ihnen ihre EC-Karten inklusive der PIN-Nummern erpressen.

Einer der Täter geht mit den EC-Karten zur wenige hundert Meter entfernten Volksbank an der Hauptstraße und hebt mehrere tausend Euro von den Konten der Eheleute ab. Dabei wird der Mann von der Überwachungskamera aufgenommen, so dass die Polizei das Foto als Fahndungsbild verwenden kann. Als der Täter mit dem Geld zurück in das Haus des Unternehmers kommt, trennen er und sein Komplize die Eheleute voneinander. Zur Flucht der Täter beziehungsweise zu einem eventuellen Fluchtfahrzeug kann die Polizei keine Angaben machen.

Um kurz vor 2 Uhr, als die Täter das Haus schon längere Zeit verlassen haben, gelingt es der Frau schließlich, sich teilweise aus ihren Fesseln zu befreien. Vom Wohnzimmer aus läuft sie über die Terrasse zu den Nachbarn und alarmiert von dort aus die Polizei. Sie kommt verletzt ins Krankenhaus. Ihren Mann findet ein Notarzt tot im Flur auf. Eine Obduktion am Sonntag ergibt, dass er erstickt ist.

Ob es die Knebel waren oder eventuelle andere Verletzungen, die zum Tod des Mannes führten, dazu will die Polizei bisher nichts Näheres sagen. Auch zu der Art der Verletzungen, mit denen die Frau im Krankenhaus liegt, macht Rainer Bohmbach, Pressesprecher der Polizeiinspektion in Stade, ebenso keine Angaben wie zu der Frage, ob die Täter bei dem Überfall Waffen dabei hatten.

Die Arbeit der gestern gegründeten 30-köpfigen Mordkommission, die sich aus Ermittlern der Polizei Stade und der umliegenden Dienststellen zusammensetzt, richtet sich voll und ganz darauf, die Täter zu fassen. Doch dabei sei die Polizei, so Bohmbach, jetzt auf die Mithilfe von möglichen Zeugen angewiesen.

Das Interesse der Medien an dem Fall kann dabei vielleicht helfen. Kamerateams filmen am Montag das Haus des Ehepaares am Koppelring, dessen Fenster bis auf eines im Obergeschoss mit Rolladen verdunkelt sind. Ein Absperrband der Polizei soll verhindern, dass Unbefugte das Grundstück betreten. Keiner der Nachbarn ist zu sehen. Das gleiche Bild an der kürzlich eröffneten, neuen Lagerhalle der Firma an der Straße "Am Kampen". Auch dort ist alles abgeriegelt. Die Stille ist gespenstisch, man könnte eine Stecknadel zu Boden fallen hören. Dann fängt es an zu schneien.

"Bisher haben wir zirka 25 Hinweise aus der Bevölkerung erhalten", sagt Bohmbach. So hätten sich beispielsweise Zeugen gemeldet, die die beiden mutmaßlichen Täter am Sonnabend gegen 20 Uhr auf der Schulstraße gesehen haben wollen, während andere gegen 18.45 Uhr im Sky-Markt im wenige Kilometer entfernten Himmelpforten beobachtet haben, wie eine Person mehrere Rollen Paketband gekauft hat. Auf diese Person soll die Beschreibung eines der Tatverdächtigen passen.

Obwohl die Polizei nicht bestätigen kann, dass die Eheleute tatsächlich mit Paketband gefesselt wurden, ruft sie auch in Himmelpforten mögliche Zeugen auf, sich bei einer Polizeistelle zu melden, wenn sie jemanden gesehen haben, der dort Klebeband gekauft hat und möglicherweise auf dem Parkplatz des Supermarktes in ein Auto gestiegen ist oder sich auf andere Weise von dort entfernt hat.

Beschrieben werden die beiden Männer wie folgt: Der eine soll zirka 1,80 bis 1,90 Meter groß und schlank sein. Er trug einen grauen Kapuzenpullover oder eine graue Kapuzenjacke, eine graue Jogginghose und graue Schuhe. Die zweite Person soll einen Kopf kleiner sein als der erste Täter, also zirka 1,70 bis 1,80 Meter groß. Der Mann war muskulös und trug zur Tatzeit schwarze Kleidung und schwarze Adidas-Schuhe. Er hatte dunkelblonde, zirka zwei bis drei Zentimeter lange, leicht gewellte Haare. Beide Männer sprachen nur gebrochen Deutsch und unterhielten sich miteinander auf Russisch.

Die Polizei fragt nun, wer die beschriebenen Personen am Sonnabendabend in Oldendorf gesehen hat, insbesondere im Bereich des Koppelrings, der Schulstraße und auf den dazwischen liegenden Verbindungswegen. Außerdem bittet sie um Mithilfe, wenn jemand ein Fahrzeug beobachtet hat, das entweder von den Tätern genutzt wurde beziehungsweise in verdächtiger Weise im Umfeld abgestellt war, oder wenn jemand die Person in der Oldendorfer Volksbank oder nahe der Hauptstraße gesehen hat.

Hinweise nimmt die Polizeiinspektion Stade unter der Rufnummer 04141/10 22 15 entgegen.

(Christiane Tauer und Fabian Schindler)