August 2009: Apensen, Sauensiek und Oldendorf lehnen das neue Modell ab.

Stade. Der groß angekündigte Ausbau der Krippenplätze sorgt im Kreis Stade für Kopfzerbrechen. 2013 soll ein Rechtsanspruch für Eltern auf einen Krippenplatz für ihren Nachwuchs unter drei Jahren bestehen. Ein landesweites Förderprogramm, das den Bau von Krippenplätzen mit einer Bezuschussung von 95 Prozent beschleunigen soll, war innerhalb kürzester Zeit hoffnungslos überzeichnet. Es gab deutlich mehr Interessenten, als Geld zur Verfügung steht. Und jede Gemeinde wollte als erste etwas von dem Kuchen abhaben - auch im Landkreis Stade.

Zehn Gemeinden aus dem Landkreis erhielten den Zuspruch für die 3,2 Millionen Euro aus Hannover, 19 Gemeinden gingen leer aus. Die Enttäuschung war entsprechend groß. Um eine finanzielle und strukturelle Benachteiligung einzelner Gemeinden zu verhindern, wurde vom Städte- und Gemeindebund vorgeschlagen, einen Solidarfonds einzurichten. Dieser soll gewährleisten, dass die Bewohner aller Gemeinden damit rechnen können, dass für ihre Kinder zukünftig ein Krippenplatz zur Verfügung steht.

Bei dem sogenannten "Uelzener Modell" sollen die bezuschussten Gemeinden, einen Teil der Fördergelder abgeben, damit andere Gemeinden beim Krippenbau finanziell mit unterstützt werden können. Somit kämen alle Gemeinden - bei einem Gesamtfinanzbedarf von rund 6,8 Millionen Euro - auf eine rund 66-prozentige Förderung. Der Landkreis erklärte sich nach anfänglichem Zögern bereit, rund eine Million Euro für den "Solidarfonds" zur Verfügung zu stellen. Die mehrheitlich begrüßte Idee einer Solidargemeinschaft droht nun jedoch in einem Fiasko zu enden.

Viele Gemeinden im Kreis waren bereit, auf die 95-prozentige Förderung zu verzichten - aber nicht alle. Sauensiek und Apensen hatten sich als erste Gemeinden im Kreis gegen den Sozialfonds ausgesprochen. Der Grund hierfür sind finanzielle Engpässe bei den Gemeindehaushalten. Apensens Bürgermeister Peter Sommer findet es sehr ärgerlich, wie sich die Angelegenheit entwickelt hat. "Wir hatten uns, wie andere Gemeinden auch, darauf verlassen, dass wir die 95-prozentige Bezuschussung aus Hannover erhalten", so der Bürgermeister. Der Verzicht auf die Fördergelder würde in den defizitären Haushalt der stark verschuldeten Gemeinde ein weiteres Loch reißen. Das will der Apensener Rat verhindern. "Es wird bei uns keine Sinnesänderung geben", sagt Sommer gegenüber dem Abendblatt. Außerdem lasse das Förderprogramm aus Hannover keine anteilige Lösung zu.

Auch die Gemeinde Burweg wertet das Vorhaben als problematisch. Auf der Sitzung des Gemeinderates am Montag wurde kontrovers diskutiert, ob die Gemeinde dem Solidarfonds zustimmen soll. Nach langem Hin und Her waren sich die Ratsmitglieder weiter uneins - die Entscheidung wurde vertagt. "Wir können eigentlich nicht auf das Krippen-Geld verzichten", so der Burweger Bürgermeister Henry Schreiber, "das würde unseren Haushalt vollkommen durcheinander bringen".

Hätte die Gemeinde nicht bereits mit dem Bau der Kindertagsstätte begonnen, wäre die Lage nicht so problematisch. Auf der einen Seite wolle man nicht als Spielverderber dastehen, auf der anderen Seite lasse der Haushalt keinen Spielraum übrig. Ähnliches ist aus Oldendorf zu berichten. "Wir hatten am Montag eine Pattsituation im Rat, damit ist der Solidarfonds abgelehnt", erklärt der Bürgermeister von Oldendorf, Johann Schlichtmann, die Lage. Das letzte Wort, so hofft er, sei aber noch nicht gesprochen. "Das Thema müssen wir einfach weiterdiskutieren", ist Schlichtmann überzeugt. Das Problem für Oldenburg: Eine Baugenehmigung für den Krippenbau liegt bereits vor, die entsprechenden Planungen wurden jüngst an die Architekten vergeben. Ein Weg zurück ist somit schwer denkbar.

Sollte der Solidarfonds scheitern, bedeutet es nicht, dass die Gemeinden, die die 95 Prozent erhalten sollen, die finanziellen Sorgen beim Kippenbau los sind, denn das Land ist nicht mehr gewillt, seinen selbst auferlegten Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. "Von Hannover wurde uns eine Förderung von 95 Prozent versprochen", sagt Apensens Bürgermeister Peter Sommer, "Fakt ist aber, dass wir das in der Realität nicht bekommen". Die finanzielle Verweigerungshaltung des Landes hat auch den Jorker Rat erzürnt. Der hat deshalb kürzlich eine Resolution an den Landtag geschickt und will das Land Niedersachsen in die Pflicht nehmen: "Die Landesregierung soll seinen finanziellen Verpflichtungen beim Ausbau der Krippenplätze nachkommen", so die stellvertretende Bürgermeisterin Monika Tegtmeyer-Casper. Einstimmig forderte der Jorker Rat das Land auf, die Investitionszuschüsse für den Krippenbau in voller Höhe an die Kommunen zu überweisen. Ob das aber geschehen wird ist weiter fraglich. So oder so: Die Diskussion wird weitergehen. Heute will der Jugendhilfeausschuss des Landkreises über den Sozialfonds beraten.