Jeder dritte Jugendliche in der Altstadt lebt von Hartz IV. Auch im Süden der Stadt hat sich die Situation verschlechtert

Buxtehude. Die Buxtehuder Altstadt bleibt das soziale Sorgenkind der Stadt. Das ist das Ergebnis einer neuen Sozialraumanalyse für Buxtehude, die ausschließlich die Lebenssituation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter die Lupe nimmt. Demnach schneidet das Gebiet zwischen Altländer Straße und Hansestraße im Vergleich zu allen anderen Stadtvierteln am schlechtesten ab.

So gibt es in der Buxtehuder Altstadt vergleichsweise die meisten minderjährigen Bezieher von Grundsicherung (31,3 Prozent). Das heißt, jeder dritte junge Mensch dort lebt von Hartz IV. In der Altstadt häufen sich auch die juristischen Anklagen gegen Jugendliche: Gegen jeden Fünften (20,99 Prozent) wurde bereits Anklage erhoben. Zudem gibt es in der Altstadt relativ viele Hauptschüler (23,63 Prozent) und die meisten Minderjährigen, für die ambulante Hilfe zur Erziehung nötig ist (2,05 Prozent). Auch der Anteil der Minderjährigen ohne deutsche Staatsbürgerschaft ist dort derzeit am höchsten.

Die vom Berliner Sozialplaner Helmut Lukas im Auftrag der Stadt erstellte Analyse macht auf diese Weise sichtbar, was ansonsten nur aufgrund von vagen Vermutungen bekannt sein würde. Denn Sinn und Zweck der Untersuchung ist, dass sie der Stadtverwaltung eine Arbeitsgrundlage für die Jugendhilfe vor Ort liefert.

Wo ist der Handlungsbedarf am größten? Welches Angebot wird in welchem Viertel am ehesten gebraucht? Fragen wie diese lassen sich mit Hilfe der neuen Sozialraumanalyse zwar nicht direkt beantworten. Sie trägt aber dazu bei, dass eine Lösung gefunden werden kann.

Um einen detaillierten Einblick in Buxtehudes Stadtteile zu bekommen, hat Lukas die Stadt in neun unterschiedliche Sozialräume eingeteilt: die Altstadt, das Neubaugebiet Königsdamm, die Brunckhorstschen Wiesen, Altkloster, Buxtehude Süd, Estetal, Hedendorf/Neukloster, Ottensen sowie die zu einem Sozialraum zusammengefassten kleineren Ortschaften Daensen, Pippensen, Eilendorf, Immenbeck, Ovelgönne und Ketzendorf.

Auffällig ist bei dieser zweiten Sozialraumanalyse nach der ersten im Jahr 2004, dass sich die Gesamtsituation in den einzelnen Stadtteilen fast überall verschlechtert hat. Das zeigt sich insbesondere in Buxtehudes Süden: Dort gibt es die zweitmeisten Minderjährigen, für die ambulante Hilfe zur Erziehung notwendig ist (2,02 Prozent) und die meisten nichtehelichen Geburten. Auch Hedendorf und Neukloster sowie die Brunckhorstschen Wiesen haben sich stark verschlechtert. Die Zahl der armen Menschen sei in Buxtehude von insgesamt 7,6 Prozent auf 14,4 Prozent angestiegen, berichtete Lukas. Dabei definiert er "arm" als Empfänger von Transferleistungen.

Besonders eklatant ist, dass sich die ermittelten Werte der einzelnen Buxtehuder Stadtteile sehr stark voneinander unterscheiden. Diese Spaltung bezeichnet auch der Sozialplaner als auffällig, wenngleich er zu beruhigen versucht: "Im deutschlandweiten Vergleich steht Buxtehude noch gut da." Die Zahl der stationären Hilfen zur Erziehung hat gegenüber 2004 insgesamt abgenommen, ebenso die Zahl der straftatverdächtigen Jugendlichen. Zeitgleich ist aber die Zahl der erhobenen Anklagen bei den 14- bis Unter-18-Jährigen insgesamt gestiegen.

Als Musterschüler sticht Ottensen in der Analyse hervor. Es gibt dort beispielsweise kaum einen Jugendlichen, gegen den Anklage erhoben wird (1,1 Prozent), und lediglich einen geringen Anteil von minderjährigen Beziehern von Grundsicherung (3,4 Prozent). Darüber hinaus wechseln 63,63 Prozent der Jugendlichen in Ottensen aufs Gymnasium - übertroffen wird dieser Wert nur vom Baugebiet Königsdamm, wo es 80 Prozent sind.

Letzteres Gebiet ist allerdings auch der Ort, an dem vergleichsweise die meisten Anklagen gegen Jugendliche erhoben werden (25 Prozent). Lukas führt diesen überraschend hohen Wert aber auf die bisher noch geringe Anzahl von älteren Jugendlichen in diesem Neubaugebiet zurück.

Die Stadt Buxtehude wird die Sozialraumanalyse nun dazu nutzen, weiter an ihrer Jugendarbeit zu feilen. "Die Armut steigt, da müssen wir als Jugendamt tätig werden", sagt Andrea Lange-Reichard, Leiterin der Fachgruppe Jugend, Soziales und Familie. Obwohl seit der ersten Sozialraumanalyse 2004 viel geschehen sei - die Ganztags-Kinderbetreuungsplätze wurden beispielsweise erweitert und der mobile Jugendbus nahm seine Fahrten auf -, müsse noch viel mehr gemacht werden.

Vor allem die Übergänge von der Grundschule zu den weiterführenden Schulen und von der Schule zum Beruf stuft sie als Knackpunkte im Leben von Kindern und Jugendlichen ein. Diese Übergänge müssten noch viel besser laufen, vor allem, um etwa jene 16- bis 21-Jährigen abzufangen, die ohne Abschluss die Schule verlassen. Oberstes Ziel sei es, die Buxtehuder Jugendarbeit noch viel stärker auf die einzelnen Sozialräume abzustimmen.