Erstes Palliativprojekt des DRK-Kreisverbands Stade nach 18 Monaten abgeschlossen

Stade/Buxtehude. Immer mehr Menschen wollen die letzten Stunden ihres Lebens bei ihrer Familie oder der vertrauten Atmosphäre des Altenheims verbringen. Dieser Wunsch hat den Alltag in den Alten- und Pflegeheimen stark verändert. Während die Sterbebegleitung in vielen Regionen immer noch primär in Krankenhäusern stattfindet, hat sich der Landkreis Stade hier stark gewandelt. So werden in den Pflegeeinrichtungen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Menschen auf den letzten Schritten ihres Lebens fürsorglich begleitet.

Jetzt haben in Stade die DRK-Pflegeeinrichtungen Stade, Freiburg, Himmelpforten, Altes Land/Geestrand, das Dr.-Neucks-Heim und das Haus Gauensiek eine Zertifizierung für die palliative Arbeit erhalten.

Etwa 40 Mitarbeiter des DRK, der Großteil von ihnen arbeitet ehrenamtlich, haben sich 18 Monate lang auf die palliative Arbeit vorbereitet. Konfliktlösungen, Angehörigenbetreuung, Hygiene und professionelle Kommunikation für die letzten Stunden des Lebens, dies und vieles mehr wurde den Helfern vermittelt. Dass ein Bedarf an den Schulungen besteht, ist unbestreitbar.

"Die Rahmenbedingungen sind in unserem Land immer noch nicht leicht", sagt Karin von Heimburg, Vizepräsidentin des Niedersächsischen Landesverbands des DRK. "Die ambulante Versorgung muss verbessert werden. Wir müssen uns besser auf professionelle Gespräche beim Sterben und Schmerztherapien vorbereiten und wir brauchen eine bessere Kriseninterventionsplanung und Angehörigenbetreuung in Deutschland", so Heimburg.

Um den großen Bedürfnissen der schwerstkranken und sterbenden Patienten gerecht zu werden, müsse das Personal auf den neuesten Stand der Forschung gebracht werden und kompetent geschult werden. Zudem ist zur Sicherstellung einer guten Palliativversorgung die Arbeit mit weiteren Versorgungsanbietern wie Palliativmedizinern, Hospizdiensten, ambulanten Palliativdiensten, Bestattern und anderen notwendig.

"Wir müssen uns dem Thema stärker öffnen", so Gunter Armonat, Vorsitzender des DRK-Kreisverbands Stade. Der Tod und die Trauer seien in der Gesellschaft noch zu oft Tabuthemen. Ein offensiverer Umgang hiermit sei mehr als angebracht, vor allem, weil die Gesellschaft immer älter wird und das Thema des Sterbens und der Sterbebegleitung somit zwangsläufig stärker in das Zentrum des gesellschaftlichen Lebens rückt.

"Eine Stiftung in Singapur hat untersuchen lassen, welche Hilfe und Pflege Sterbende in 40 Ländern bekommen", sagt Armonat. Deutschland liege bereits dort nur auf Platz acht. "Die Deutsche Hospiz-Stiftung hält das für geschönt, die Lage sei in Wirklichkeit viel schlimmer", so Armonat. Die Hospiz-Stiftung sieht Deutschland vielmehr auf Platz 20, was von einer guten palliativen Versorgung sehr weit entfernt sei. Nicht alle Länder mit hoher Lebensqualität, so das Fazit des Berichts der Hospizstiftung, helfen Sterbenden, die letzten Tage so würdevoll wie möglich zu verbringen.

Die Versorgung sterbender Menschen sei in der Vergangenheit zum großen Teil an Krankenhäuser verlagert worden, so Birgit Weihrauch, Vorsitzende des Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes. Vielfach gelte noch das Grundverständnis, dass Medizin heilen müsse. Erst in der letzten Zeit habe bei Ärzten und in der Gesellschaft ein Prozess begonnen, einzugestehen, dass Schwerstkranken trotz modernster Medizin nicht immer geholfen werden kann. Die Medizin stößt trotz aller Fortschritte, die gemacht werden, an ihre Grenzen. Bei Aids, Krebs und degenerativen Erkrankung des motorischen Nervensystems (ALS) bleibt oft nichts übrig, als sich mit dem Tod zu arrangieren und ihn zu akzeptieren.

Doch gerade in ländlichen Gebieten sei es schwierig, eine Versorgung Sterbender zu Hause aufzubauen, obgleich seit 2007 ein Rechtsanspruch auf die sogenannte spezialisierte ambulante Palliativversorgung besteht, die das Sterben zu Hause theoretisch und praktisch ermöglichen soll.

Von etwa 830 000 Sterbenden in Deutschland pro Jahr würden nur etwa acht Prozent eine angemessene Pflege und Schmerztherapie erhalten, nur vier Prozent würden in einem Hospiz sterben. "Deshalb ist es so wichtig, dass wir hier im Kreis Stade alles daran setzen, diese Situation zu verbessern", so Armonat. Zum Vergleich: Die Weltgesundheitsorganisation WHO strebt eine angemessene Pflege für mindestens 60 Prozent der Sterbenden an. Das DRK sieht den Kreis Stade hier auf dem Weg der Besserung. Das nun abgeschlossene erste Palliativprojekt im Kreis stelle somit, so Armonat, eine Art Meilenstein und einen wichtigen Grundstock für ein künftig menschenwürdiges Sterben der Patienten dar.