Kirchen und Denkmalschützer brauchen Geld, um die Instrumente restaurieren zu lassen

Jork/Steinkirchen. "Es gibt kaum eine Region mit einer solchen Orgeldichte wie das Alte Land und Kehdingen", sagt Jorks Pastor Hans-Heinrich Tegtmeyer. Insgesamt 25 historische Kirchenorgeln von so bekannten Orgelbauern wie Arp Schnitger oder Philipp Furtwängler gibt es in den Kirchen des Landkreises Stade. Sie gehören zur reichsten Orgellandschaft der Welt. Im nördlichen Niedersachsen zwischen Lüneburg und Ostfriesland stehen mehr als 150 kulturhistorisch bedeutsame Kircheninstrumente, 83 allein im Elbe-Weser-Dreieck. "Diese historischen Orgeln sind ein Segen, den man pflegen und restaurieren muss", sagt Tegtmeyer.

Dazu freilich ist immer wieder viel Geld nötig. Mit einer plakativen Kampagne wollen Pastor Tegtmeyer und der Stader Dieter Kunze, Ortskurator der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) nun die Aufmerksamkeit möglichst vieler Menschen auf die Orgeln richten: 30 Plakate mit der Aufschrift "Kulturgut" und der Darstellung von Orgelregistern sollen deshalb in den Kirchen des Landkreises aufgestellt werden. "Gleich beim ersten Hinsehen wird deutlich, worum es bei dieser Plakataktion geht: Um Kulturgut und unsere Orgelschätze", sagt Kunze.

Mit großem finanziellen Aufwand seien in den vergangenen drei Jahren die Schnitger-Orgel in St. Matthias in Jork, die Gloger-Orgel in St. Marien in Grünendeich und die Furtwängler-Orgel von St. Petri in Buxtehude restauriert worden, so Tegtmeyer.

Unterstützt wurden diese Projekte auch von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Kurator Kunze, der zugleich Vorsitzender der Stader Stiftung für Kultur und Geschichte ist, hebt hervor, dass das Alte Land als etwas Exemplarisches zu verstehen sei, wenn es darum gehe, Orgeln als Kulturdenkmale zu betrachten.

Den Altländern Orgeln gelte inzwischen nicht nur überregionales, sondern auch weltweites Interesse. In den vergangenen 60 Jahren seien Organisten aus Frankreich, Russland, Japan und anderen Nationen angereist, um auf den Altländer Orgeln zu spielen. Auf Tonträgern ging ihr Klang in alle Welt, so Tegtmeyer. "Orgeln aus Steinkirchen und anderen Orten im Alten Land sind in amerikanischen Lehrbüchern zum Thema klassische Barockorgeln zu finden", berichtet der Pastor.

"Die Stader Stader Stiftung für Kultur und Geschichte fördert derzeit weitere Projekte, die den Ruhm des Orgelschatzes in der Stader Region mehren könnten", sagt Kunze. So forschen junge Musikwissenschaftler zur Historie der kostbaren Kircheninstrumente und suchen nach Zeitzeugnissen in den Gästebüchern der Altländer Orgeln.

Jüngstes Projekt in Sachen Orgelrestaurierung ist die Arp-Schnitger-Orgel, die in St. Mauritius in Hollern ihren Platz hat. Für 600 000 Euro soll der Orgelbaumeister Hendrik Ahrend aus Leer das Instrument wieder zu vollem Klang bringen. Für die Hollerner Kirche hatte Dirck Hoyer aus Hamburg im Jahr 1575 eine kleine Orgel mit bemalten Flügeltüren gebaut. 1688, Mehr als 100 Jahre später, entschloss sich die kapitalkräftige Gemeinde zum Bau einer größeren Orgel. Der Kirchenvorstand beauftragte damit den Hamburger Orgelbauer Arp Schnitger.

Da Schnitger gegen seine Gewohnheit kein Pfeifenwerk der alten Orgel übernommen hatte, muss diese in einem desolaten Zustand gewesen sein. Als Sachverständiger beim Orgelbau wurde der bedeutende Komponist und Organist an St. Cosmae in Stade, Vincent Lübeck, aktiv. Im Sommer 1690 wurde die Orgel per Schiff aus der Hamburger Schnitger-Werkstatt nach Hollern angeliefert, und am 21. September 1690 examinierte Vincent Lübeck das Instrument.

Für die Restaurierung ihrer Orgeln machen sich derzeit auch die Kirchengemeinden Steinkirchen und Mittelnkirchen stark. Die größte historische Orgel im Alten Land, die Schnitger-Schreiber-Orgel in der St.-Bartholomäus-Kirche zu Mittelnkirchen, ist dringend reparaturbedürftig. Sie ist die einzige Dorforgel, die heute noch über eine originale Manual-16-Fuß-Trompete aus dem norddeutschen Barockzeitalter verfügt. Der Glückstädter Orgelbauer Johann Matthias Schreiber vollendete 1753 den von Arp Schnitger begonnen Umbau der Orgel.

Die Kirchengemeinde Lühekirchen sammelt nun fleißig Geld und kämpft um Unterstützung, auch aus dem Fördertopf der Leader-Region Altes Land-Horneburg. Für 65 866,50 Euro soll die Orgel aus der Barockzeit wieder zur ursprünglichen Klangfülle kommen."Wir wollen dafür 27 675,50 Euro aus dem Leaderfonds beantragen", sagt Jürgen Wiesecke vom Kirchenvorstand Lühekirchen, der dieses Leader-Projekt federführend betreut. Doch ehe alle Register des bürokratischen Aktes gezogen sind, sei noch viel Feinarbeit zu absolvieren und jede Spende für die Orgel werde dankbar entgegengenommen, so Wiesecke.

Der Platz, den das Plakat in der Jorker St.-Matthias-Kirche bekommt, ist unübersehbar: "Gleich am Eingang neben der Spendendose mit der Aufschrift für Kirche und Orgel steht es richtig", sagt Pastor Tegtmeyer.