Viele junge Leute im Alten Land wollen die Höfe ihrer Eltern weiterführen . Die Ausbildungsplätze sind begehrt

Bassenfleth. Die Apfelernte im Alten Land läuft auf Hochtouren. Ob bei strömenden Regen oder an goldsonnigen Herbsttagen, zwischen Schwinge und Este sind die Pflücker am Werk und die Zugmaschinen mit Hängern voller Apfelkisten unterwegs. Etwa 800 Baumobstbetriebe bewirtschaften rund 10 000 Hektar Anbaufläche an der Niederelbe zwischen Cuxhaven und Winsen. Die meisten von ihnen sind seit Generationen Familienbetriebe, bodenständig und traditionell. Doch das heißt nicht: altmodisch.

Denn immer mehr junge Leute treten in die Fußstapfen ihrer Eltern und übernehmen später die Obsthöfe, um die Arbeit ihrer Großeltern und Eltern mit den Erfahrungen der Altvorderen und modernsten Erkenntnissen fortzuführen.

Einer dieser jungen Obstbauern ist Claas Brüggemann aus Bassenfleth. "Für mich war schon klar, dass ich wie mein Vater Obstbauer werden will, als ich noch ein kleiner Junge war", sagt der 24-Jährige. "Auch mein jüngerer Bruder Finn wollte im Obstbau bleiben, zumindest bis er zwölf Jahre alt war. Dann interessierten ihn auch andere Sachen, heute studiert er Sozialwissenschaft in Amsterdam."

Nach einem Praktikum stand der Berufswunsch endgültig fest

Claas schaut über die langen Baumreihen, aus denen prächtig rote Äpfel der süßsaftigen Sorte Gala leuchten. "Ich bin damit groß geworden, mit allem vertraut, was zum Leben auf einem Obsthof gehört", sagt der junge Gärtnermeister der Fachrichtung Obstbau. Als er älter wurde, habe er auch gesehen, wie hart die Arbeit ist, mit wie viel Mühe, Ausdauer und Fachwissen gesunde Bäume und eine gute Ernte verbunden sind. "Aber für mich stand immer fest, ich werde Obstbauer, wie mein Vater."

Seine Eltern indes hätten es ihm völlig frei gestellt, auch einen anderen Beruf zu erlernen, sagt Claas Brüggemann. "Meine Mutter riet mir sogar, ein Praktikum ganz woanders zu absolvieren, damit ich meinen Blick auch auf andere Möglichkeiten richten." Er machte schließlich ein Praktikum in einem Landmaschinenbetrieb, das ihm auch Freude machte. Dennoch stand am Ende fest: "Ich wusste ganz genau, dass ich mich als Obstbauer richtig entschieden habe."

Seit dem Jahr 1897 ist der Hof Brüggemann schon im Familienbesitz. Claas wird ihn in vierter Generation fortführen. Vieles wird er nach alter Tradition seiner Vorfahren beibehalten, anderes nach neuesten Erkenntnissen im modernen Obstbau fortführen und weiterentwickeln.

Zurzeit bewirtschaftet der Junior den Hof, auf dem 15 Sorten Äpfel, Birnen und Kirschen wachsen, gemeinsam mit seinem Vater Rainer Brüggemann. "Wir sind natürlich nicht immer einer Meinung", sagen Vater und Sohn unisono und lachen. Aber das sei ja ganz natürlich.

"Meine Eltern machen die Büroarbeit noch wie vor 30 Jahren. Buchführung, Dokumentation der Qualitätskriterien oder der Obstsortierung, das mache ich nicht mehr wie mein Vater mit Stift und Papier, das habe ich per Computer optimiert", erklärt Claas einen der Unterschiede. Seine Eltern Urte und Rainer Brüggemann sind stolz auf die Arbeit ihres Sohnes. "Er ist auf dem neuesten Stand mit allem Fachwissen und wir sind glücklich, dass Claas weiterführen wird, was wir aufgebaut haben."

Claas Brüggemann hat zunächst eine Ausbildung als Gärtner, Fachrichtung Obstbau, abgeschlossen. "Zwei Jahre habe ich auf dem Hof von Britta und Frank Stechmann in Mittelnkirchen praktisches Basiswissen erworben, dazu kam die Theorie bei der Obstbauversuchsanstalt in Jork-Moorende", beschreibt Claas seinen Werdegang. Nach einem Praktikum am Bodensee folgten Fachschule und Meisterschule mit integrierter Betriebsleiterausbildung, die Claas als staatlich geprüfter Wirtschafter für Obstbau und Gärtnermeister erfolgreich abgeschlossen hat. Alles was er über Baumschnitt, Pflanzenschutz, Fruchtqualität und Vermarktung gelernt hat, fließt nun in seine Arbeit ein.

Natürlich kann er sich zu all diesen Fachthemen mit seinem Vater austauschen, denn nicht nur der Nachwuchs informiert sich über Neuigkeiten in Sachen Obstbau. Auch erfahrene Obstbauern nehmen regelmäßig an Fortbildungen teil, die das Obstbau-Versuchs- und Beratungszentrum Jork anbietet. "Zu wichtigen Themen gehen wir gemeinsam, weil es uns beide interessiert", sagen Vater und Sohn.

Claas Brüggemann experimentiert auf seiner eigenen Anbaufläche

Claas, der als Angestellter auf dem elterlichen Hof arbeitet, hat bereits einen kleinen eigenen Obsthof. "Hier experimentiere ich, um die Erträge zu optimieren und will zudem auch die Vermarktung von Tafel- und Mostobst auf eine andere Schiene legen." Junior Brüggemann hat dreijährige Jungbäume gepflanzt, die er hegt und pflegt. "Vier bis fünf Jahre dauert es, bis sie gut Früchte tragen, dann werde ich sehen, ob ich alles richtig gemacht habe."

Claas Brüggemann ist im Alten Land kein Exot. Dass junge Leute hochqualifiziert in den Betrieb der Eltern einsteigen, liege voll im Trend, so Brüggemann. Das bestätigt auch Matthias Görgens, stellvertretender Leiter des Obstbau Versuchs- und Beratungszentrums. "Wir haben pro Jahrgang an unserer Meisterschule deutlich mehr Bewerber als Ausbildungsplätze."

"In meinem Jahrgang an der Meisterschule haben 15 Jungmeister abgeschlossen. Wenn die Erzeugerpreise für Obst fair bleiben, hat dieser schöne Beruf sicher Zukunft", sagt Claas.