Hedendorf und Neukloster wollen zweisprachige Ortsschilder aufstellen, um das Niederdeutsche am Leben zu halten

Buxtehude. Öbergünn, Doans und vor allem Buxthu - schon bald sollen diese Namen neben den offiziellen Bezeichnungen "Ovelgönne", "Daensen" und "Buxtehude" auf den Ortsschildern im Stadtgebiet Buxtehudes zu finden sein. Denn mit dem aktuellen Beschluss, in Neukloster und Hedendorf die Ortseingangsschilder künftig sowohl auf Hoch- als auch auf Plattdeutsch zu gestalten, haben die dortigen Ortsräte ein Signal gesetzt. Und diesem Signal sollen die anderen Ortschaften so schnell wie möglich folgen.

"Heendörp" und "Neeklooster" wird auf dem gelben Untergrund prangen

"Wenn alles klappt, können unsere Schilder im Herbst stehen", sagt Hedendorfs Ortsbürgermeister Gerd Beckmann. In seinem Ort wird dann neben dem hochdeutschen Wort "Hedendorf" die plattdeutsche Bezeichnung "Heendörp" auf dem gelben Untergrund prangen. In Neukloster wird ein "Neeklooster" hinzugefügt.

Die Schriftzüge "Stadt Buxtehude" und "Landkreis Stade" bleiben wie gehabt. Pro neuem Schild ist vermutlich mit Kosten von 250 bis 300 Euro zu rechnen. "Wir hatten erst gedacht, man könnte die alten Schilder vielleicht mit der plattdeutschen Bezeichnung überkleben", sagt Gerd Beckmann. Aber das sei nicht möglich. Auch hätten die neuen Schilder nicht zusätzlich zu den alten einfach so am jeweiligen Ortseingang aufgestellt werden können. Nach Rücksprache mit der niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr gehe dies nur, wenn tatsächlich ganz neue Schilder bestellt werden, sagt Neuklosters Ortsbürgermeister Helmuth Burfeind.

Institut für niederdeutsche Sprache hat Erlaubnis für die Namen gegeben

Damit bei der Namenswahl auch alles mit rechten Dingen zugeht, hat die Stadtverwaltung zuvor das Institut für niederdeutsche Sprache in Bremen eingeschaltet und mit diesem die plattdeutschen Bezeichnungen abgesprochen. Es gab grünes Licht für Ooldklooster, Buxthu, Doans, Dammhusen, Eindörp, Heendörp, Heimbrook, Immenbeek, Ketzendörp, Neeklooster, Neeland, Ottens und Öbergünn, einzig bei Pibbms für Pippensen regte das Institut an, lieber Pippens zu wählen. Zur Begründung hieß es, die Schreibweise "Pibbms" käme der Aussprache zwar sehr nahe. Da Platt aber mehr Kultursprache sei als eine rein gesprochene Sprache, sollte es lieber "Pippens" heißen, um damit den schriftsprachlichen Charakter stärker zum Ausdruck zu bringen.

"Platt ist nicht tot", sagt Beckmann. Wenn es nicht Initiativen wie diese zum Aufstellen von zweisprachigen Ortsschildern gäbe, wäre die Sprache eines Tages vermutlich ganz verloren, glaubt auch Helmuth Burfeind. Aus diesem Grund votierten die Ortsratsmitglieder einstimmig für das Vorhaben. Helga Peters und Walter Marquardt dürfte das freuen. Die zwei sind so etwas wie die Initiatoren der Plattdeutsch-Bewegung in Buxtehude und haben unter anderem auch die zweisprachigen Ortsschilder vorgeschlagen.

Im Herbst soll es eine "plattdeutsche Woche" in Buxtehude geben

Im vergangenen Jahr gründeten sie aus einem losen Treffen heraus das "Nettwark Plattdüütsch in Buxthu", das die plattdeutschen Kräfte in der Stadt bündeln und die Sprache im Alltag stärken will. So haben sie zum Beispiel überlegt, einen jährlichen Plattdeutsch-Tag auf die Beine zu stellen und über einen Link auf der offiziellen Homepage der Stadt Buxtehude auf plattdeutsche Aktivitäten zu verweisen. Für Herbst sei zudem eine plattdeutsche Woche in Buxtehude geplant, an der auch Schulen und andere Institutionen beteiligt sein werden, teilt Helga Peters mit.

Unterstützung wird es sicherlich auch vom Heimatverein Buxtehude geben, der sich ebenfalls dem Erhalt der plattdeutschen Sprache verschrieben hat. "Platt ist in der Lage, Dinge drastisch auszudrücken, ohne die Leute zu verprellen", sagt Helmut Gretscher, der im Heimatverein fürs Plattdeutsche zuständig ist. Man könne viel besser Emotionen rüberbringen. Und mehr Humor als das Hochdeutsche hat die Sprache nach Peters' Ansicht auch.

Die Initiative der beiden Ortsräte, zweisprachige Ortsschilder aufzustellen, findet Gretschers volle Unterstützung. Es wäre einfach zu schade und ein großer Verlust für den gesamten norddeutschen Kulturraum, wenn die Sprache gänzlich aus dem Alltag verschwinden würde, sagt er.

Nach dem Zweiten Weltkrieg galt die Sprache als altbacken und unfein

Wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass Platt aus dem Alltag verdrängt wurde, erklärt sich der 70-Jährige mit dem Drang nach Modernität. Für viele Menschen galt die Sprache nach dem Zweiten Weltkrieg als altbacken und unfein. Der nachwachsenden Generation wurde sie in der Schule sogar abgewöhnt, und da das Plattdeutsche nun mal keine gefestigte Schriftsprache ist, geriet es nach und nach in Vergessenheit.

Trotzdem glaubt Gretscher, der selbst in Berlin geboren ist, nach dem Krieg nach Dammhausen kam und dort erst von den anderen Kindern, mit denen er spielte, Platt lernte, dass die Sprache nicht tot ist. "Viele Ältere beherrschen sie noch", sagt er. Er habe Hoffnung, dass sie überlebe.

Dazu trägt auch der Verein "De Plattdüütschen" bei, der im gesamten Landkreis Stade Initiativen zur Förderung von Plattdeutsch bei Kindern und Jugendlichen unterstützt. Seit zwei Jahren besteht die offizielle Koordinierungsstelle, die mit Hilfe des Landschaftsverbands Stade entstanden ist und 18 Grundschulen im Kreis beim Plattdeutsch-Unterricht betreut. Die Plattdeutsch-Initiative selbst laufe aber bereits seit 2002, sagt der Vereinsvorsitzende Heinz Mügge.

Nur noch eine Million Niedersachsen sprechen Plattdeutsch

Vor 20 Jahren hätten noch 2,4 Millionen Menschen in Niedersachsen Platt gesprochen, erzählt er. Aktuell seien es nur noch eine Million. Deshalb sei es das oberste Ziel des Vereins, diese abnehmende Tendenz zu stoppen und die Sprache zu erhalten. Und weil die Elterngeneration kaum noch Platt spreche, müsse das Lernen in den Schulen und Kindergärten erfolgen. Auch Großeltern seien aufgerufen, sich daran zu beteiligen.

Zweisprachige Ortseingangsschilder wie sie jetzt in Neukloster und Hedendorf entstehen sollen, seien genau der richtig Weg, das Plattdeutsche wieder stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken, sagt Mügge. "Wir wollen die Sprache mehr nach Außen dokumentieren." Das könne mit Theateraufführungen, Lesungen und bilingualen Unterricht, in dem Plattdeutsch die gleiche Bedeutung wie Englisch zukommt, geschehen. Oder eben mit Hilfe von Ortsschildern.

Mehr Plattdeutsch im Internet

Kultur, Termine und ein Forum für Plattdeutsch-Interessierte finden Sie auf der Internetseite www.plattcast.de