Fredenbecker Eltern wollen ein neues Konzept. In Stade wird es bereits umgesetzt, Buxtehude könnte folgen

Fredenbeck. Fredenbecks Eltern machen Ernst. Sie wollen eine Integrierte Gesamtschule (IGS) in ihrem Heimatdorf. Jetzt ist die Politik an der Reihe. Diesen Donnerstag entscheidet der Schulausschuss der Samtgemeinde Fredenbeck, der um 19 Uhr beginnt, über einen Antrag der Elterninitiative IGS Fredenbeck. Es geht darum, ob die Politik eine Elternbefragung unterstützt sowie um die Frage, ob Fredenbeck bei eine positiven Votum der Eltern eine Schule beim Landkreis, der der Schulträger ist, beantragen würde.

Mit der Befragung soll festgestellt werden, inwieweit die Erziehungsberechtigten überhaupt an einer Integrierten Gesamtschule interessiert sind. Dabei handelt es sich um eine Schulform, in der Kinder mit Haupt- Real- und Gymnasialempfehlungen gemeinsam unterrichtet werden. Je nach Leistung werden die Kinder in unterschiedliche Kurse eingestuft. Es ist an einer IGS möglich, sowohl ein Haupt- als auch einen Realschulabschluss und ein Abitur zu machen. Eine andere Form der Gesamtschule, die in mehreren Bundesländern schon seit den 1970er-Jahren existiert, ist die sogenannte Kooperative Gesamtschule, in der Haupt- Real- und Gymnasialschüler unter einem Dach, jedoch getrennt unterrichtet werden.

Anhand der Zahlen aus der Umfrage sowie anhand der Schülerzahlen und der Schulentwicklungsplanung würde die Landesschulbehörde gemeinsam mit dem Landkreis ermitteln, ob in Fredenbeck eine IGS gebraucht wird. In Buxtehude wurden die Eltern bereits befragt und der Bedarf hat sich klar gezeigt. Zurzeit prüft der Landkreis gemeinsam mit der Buxtehuder Stadtverwaltung, wo eine IGS realisierbar wäre. Favorit ist zum jetzigen Zeitpunkt das Schulzentrum Nord. "Dort wären die räumlichen Voraussetzungen gegeben", sagt Stades Erster Kreisrat Eckart Lantz. Eine Entscheidung sei jedoch noch nicht getroffen worden. Ende Oktober endet die Frist, in der sich die Stadt bei der Landesschulbehörde für eine IGS bewerben kann. Entscheidet sich diese dann für den neuen IGS-Standort, setzt ebenfalls die Landesschulbehörde eine Planungsgruppe vor Ort ein, die mit der inhaltlichen Arbeit beginnt.

Die IGS in Stade ist bereits über diesen Punkt hinaus. Heute zwischen 14 Uhr und 18 Uhr und morgen zwischen 9 Uhr und 16 Uhr können Erziehungsberechtigte ihre Kinder in der Aula des Schulzentrums Hohenwedel für die IGS Stade anmelden. Nach den Sommerferien geht es dann für die ersten IGS-Schüler in Stade los. Buxtehude könnte in einem Jahr folgen.

Geht es nach der Fredenbecker Elterninitiative, steht es außer Frage, dass auch dort eine IGS gebraucht wird.

"Wir wollen die beste Lösung und das ist die IGS", sagt Monika Hoops von der Elterninitiative. Weil sie nicht nach der Grundschule getrennt werden, könnten die Kinder laut Monika Hoops in Ruhe ihre Stärken entwickeln, um einen guten Schulabschluss zu erreichen. Weil sich Kinder unterschiedlich schnell entwickeln, sei eine IGS kindgerechter als andere Schulformen.

Nach Meinung der Initiative ist die Gesamtschule gerechter

Zudem seien an einer IGS alle Kinder und Jugendlichen willkommen, unabhängig von Herkunft, Leistungsfähigkeit, Abschlusserwartung oder Behinderung. Dadurch würden die Schüler wichtige soziale Kompetenzen wie Verständigung und Toleranz lernen. Außerdem würden die individuellen Begabungen und Möglichkeiten der Kinder und Jugendlichen besser gefördert. Es geht der Initiative aber auch darum, den Schülerinnen und Schülern im ländlichen Raum die Chance auf eine moderne Schulform zu ermöglichen. Nicht zuletzt würde die IGS langfristig gewährleisten, dass Fredenbeck ein Schulstandort bleibt.

Neue Schulform soll Fredenbeck als Standort sichern

Nicht nur deshalb haben die Eltern in Wolfgang Struck, Leiter der Geestlandschule Fredenbeck, einen wichtigen Mitstreiter. Die Geestlandschule bringe eigentlich alle Voraussetzungen für eine IGS mit, sagt Struck. Schon jetzt gibt es in Fredenbeck einen Ganztagsbetrieb samt Schulmensa. Die Landesschulbehörde fordert, dass neue Integrierte Gesamtschulen langfristig, das heißt mindestens 14 Jahre lang, mindestens fünf Züge je Schuljahrgang erreichen müssen. Das heißt, pro Schuljahrgang müssen etwa 130 Schülerinnen und Schüler die Schule besuchen. Kirchliche Träger dürfen Integrierte Gesamtschulen übrigens vierzügig führen. "Das ist für mich nicht begreifbar, warum es bei staatlichen Schulen nicht möglich ist", sagt Struck. Nichtsdestotrotz sieht er seine Schule als sehr gut aufgestellt an. "Baulich sind wir auf eine Fünfzügigkeit ausgerichtet, das heißt es entstehen keine zusätzlichen Kosten für den Schulträger", sagt Struck.

Zurzeit besuchen rund 690 Schüler die Geestlandschule. Langfristig sei eine dreizügige IGS mit Kindern aus dem Fredenbecker Einzugsbereich kein Problem, mittelfristig könne auch eine Vierzügige problemlos besetzt werden. "Wir brauchen eine Klasse mit Schülern von umliegenden Schulen", sagt Struck. Dabei gehe es nicht darum, in Konkurrenz zu anderen Schulen zu treten, sondern ein zusätzliches Angebot zu schaffen. Es sei auch vorstellbar, Schüler aus Bremervörde aufzunehmen. An seiner Schule, teilt Struck mit, wollen bereits 80 Prozent der 50 Lehrkräfte eine IGS vor Ort. Deshalb gelte es jetzt, die örtlichen Gremien zu überzeugen. Denn bevor ein Antrag an den Kreistag gestellt werden kann, müssen sowohl Schulausschuss als auch Samtgemeinderat in Fredenbeck entscheiden.

Schulleiter der Geestlandschule plädiert für die Reform

Samtgemeindebürgermeister Friedhelm Helk bezieht klar Stellung für eine IGS in Fredenbeck. Aus Sicht der Verwaltung würde eine Integrierte Gesamtschule den Schulstandort Fredenbeck stärken und den Bestand der Geestlandschule sichern. Die baulichen Voraussetzungen habe die Samtgemeinde getroffen. Die Klassenräume seien groß genug, das Fachraumangebot ausreichend. Allerdings weiß Helk auch, dass die geforderte Fünfzügigkeit zum Problem werden könnte. "Wir brauchen die Unterstützung aus den Nachbargemeinden", sagt Helk. In diesem Zusammenhang weist der Verwaltungschef darauf hin, dass für die Schüler bereits Linienbusse verkehren, unter anderem zwischen Fredenbeck und Harsefeld mit Zwischenstopp in Ohrensen. Im Herbst wird auch eine Buslinie zwischen Fredenbeck und Horneburg eingeführt.

Die Politiker in Fredenbeck stellen sich ebenfall hinter die Elterninitiative. "Wir von der SPD unterstützen das in vollem Umfang", sagt SPD-Ratsherr Uwe Lütjen, der gleichzeitig Vorsitzender des Schulausschusses ist. Ähnlich klar ist das Bekenntnis von den Grünen. "Wir sind auf alle Fälle von einer IGS in Fredenbeck überzeugt", sagt Evelyn von Bargen, die für die Grünen sowohl im Schulausschuss als auch im Samtgemeinderat sitzt. Sie hofft, dass diese Entscheidung auch fraktionsübergreifend getragen wird.

In der Fredenbecker CDU gibt es Befürworter und Gegner

Ganz so eindeutig ist die Meinung innerhalb der CDU-Fraktion allerdings nicht. "Es gibt sowohl Befürworter als auch Gegner", sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Torsten Lüchau. Über eine abschließende Position wolle die Fraktion kurzfristig entscheiden. Lüchau selbst gehört zu den Skeptikern. "Ich glaube nicht, dass eine IGS optimale Ergebnisse für die Schüler bringt. Aber das ist meine persönliche Meinung", sagt Lüchau.