Erstmals fand der Fachwettbewerb an der BBS III in Stade statt. 22 Teilnehmer kämpften um den Einzug ins Bundesfinale im März 2013.

Stade. Die Anspannung ist Lina Keirath ins Gesicht geschrieben. Konzentriert schaut sie auf die Arbeitsplatte vor ihr, auf der Käse, Weintrauben, ein Kohlkopf und noch so manch anderes Produkt liegen. Sie kämpft gegen die Zeit, so wie ihre Konkurrentinnen auch. Es brutzelt in Pfannen, es wird garniert, gespickt, drapiert, serviert.

Lina Keirath ist eine von 22 Teilnehmern beim Landeswettbewerb Hauswirtschaft, der erstmals an der BBS III in Stade ausgetragen wird. Eigentlich, so sagt die junge Frau, wollte sie gar nicht an dem Wettbewerb teilnehmen. "Ich bin da unfreiwillig reingerutscht", sagt sie entschuldigend.

Beim Vorentscheid, an dem 600 Schüler von Berufsbildenden Schulen als Teil des Unterrichts teilnahmen, schnitt die Tostedterin so gut ab, dass sie in die zweite Runde kam. "Ich mag öffentliche Auftritte überhaupt nicht, daher nehme ich normalerweise auch nicht an Wettbewerben teil", sagt sie. Doch als sie in die zweite Runde rutschte, da kam dann auch der Ehrgeiz - und so setzt sie nun alles daran, einen guten Eindruck zu hinterlassen.

Hauswirtschaft ist mehr als Bügeln, Kochen, Waschen. Der Fachwettbewerb geht über zwei Tage und beinhaltet mehrere Prüfungen, die gar nicht so leicht zu meistern sind. "Die Teilnehmer müssen unter anderem in einer festgesetzten Zeit Essen zubereiten und die Küche wieder komplett aufräumen, dabei auf Hygiene achten und einen funktionierenden Zeitplan für alle Aufgaben erstellen", sagt Ellen Padeken, Landjugendberaterin bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.

Seit 1995 betreut sie den Wettbewerb, jedes Mal denkt sie sich mit ihren Kolleginnen neue Prüfungen aus, die die angehenden Hauswirtschaftler bestehen müssen. "Diesmal müssen die Teilnehmer eines der drei vorgegebenen Länder Holland, Türkei und Russland auswählen und landestypische Gerichte kochen, ein Buffet landestypisch dekorieren und das gewählte Land mit seinen Besonderheiten in einem Kurzvortrag einer Jury überzeugend vorstellen", sagt Padeken.

Lina Keirath hat sich für Holland entschieden, unter anderem, weil sie holländischen Gouda mag und weil sie holländische Freunde hat. Um die Jury zu begeistern, hat sie tief in die Trickkiste gegriffen und ein seit den späten 70er-Jahren von der Menschheit verschollen geglaubtes Rezept wieder zum Leben erweckt: Den legendären Käse-Igel. "Mir wurde gesagt, dass der Käse-Igel etwas typisch Holländisches sei. Er kann recht preiswert und schnell für ein Buffet hergestellt werden und ist ziemlich gesund", sagt Keirath.

Bei allen Gerichten gehe es darum, für wenig Geld ein nahrhaftes und gesundes Essen zuzubereiten, sagt Padeken. Viele der Teilnehmer würden später beispielsweise in Altenheimen, in der Gastronomie oder in Schulküchen arbeiten. "Dort treffen sie regelmäßig auf Herausforderungen wie hier. In dem Wettbewerb lernen sie, sich darauf einzustellen", sagt Padeken.

Doch auch andere Aspekte müssen die Teilnehmer berücksichtigen. Hygiene, Gruppen-Zeitmanagement und gemeinsames Organisieren sind genauso wichtig wie selbstsicheres Auftreten sowie die Fähigkeit, frei zu reden und Zusammenhänge darzulegen - zum Beispiel zwischen der Geografie eines Landes und den landestypischen Gerichten.

Das freie Reden aber, so stellt sich in den zwei Tagen heraus, ist nicht Jedermanns Sache. Die vierköpfige Jury hört sich die Vorträge an und verteilt dann Punkte. Stimmte die Begrüßung und Verabschiedung? Wie war die Körperhaltung und -sprache? Waren die thematischen Übergänge flüssig? Vier oder doch nur drei Punkte geben? Die vier Jury-Frauen besprechen sich - und so mancher, der nach dem Kochen noch ganz vorn mit dabei war, rutscht später in der Wertung zurück.

Lina Keirath hat mit ihrem Arrangement aus Käsewürfeln und Weintrauben für Gesprächsstoff gesorgt, die Jury war von der Idee angetan. "Ich bin mit meiner Leistung recht zufrieden", sagt die junge Frau später. Es sei lehrreich gewesen, zu sehen, wie andere die Aufgaben anpackten. "Ich denke, dass ich trotz meiner ursprünglichen Zweifel doch noch eine Menge gelernt habe."

Dennoch: Für den Einzug in das Bundesfinale 2013 hat es nicht gereicht, trotz des Käse-Igels. Janina Zundel aus Selsingen bei Zeven, die in Jork ihre Ausbildung macht, hat den ersten Platz in der Gruppe "3. Ausbildungsjahr" erzielt, vor Leslie Hardt aus Stadland bei Bremerhaven. Bei den Teilnehmern im zweiten Ausbildungsjahr siegten Franziska Karwath vom Anna-Stift in Hannover und Lena Neumann aus Edewecht bei Oldenburg. Beide werden im März 2013 in Baden-Württemberg das Land Niedersachsen beim Bundesentscheid vertreten.